Kapitel 32

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Kapitel 32

Mein erster Gedanke an diesem Morgen ist, dass Louis gestern Recht hatte. Mein ganzer Körper brennt und mir tun sogar Muskeln weh, von deren Existenz ich keine Ahnung hatte. Mein nächster Gedanke ist allerdings, dass ich mich von so etwas nicht aufhalten lassen will.

In unserem Zimmer ist es noch still und man kann nur das Atmen von Balu hören. Helen liegt ebenfalls noch schlafend da. Gestern Abend als ich zurück in unser Zimmer kam, war Helen noch nicht da gewesen. Wahrscheinlich kann sie erst spät zurück. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es erst sieben Uhr morgens ist, was mich zum Stöhnen bringt. Eindeutig zu früh.

Ich beschließe dennoch aufzustehen, da ich nicht mehr schlafen kann. Da ich gestern ja noch geduscht habe, verlege ich das Duschen auf den Abend. Ist wahrscheinlich sowieso besser nach dem Training zu duschen als davor. Aus meiner Kommode hole ich mir eine schwarze Hose und ein einfaches schwarzes Top.

Im Badezimmer wechsle ich meine Kleidung und schaue in den Spiegel. Meine Wangenknochen sind deutlich zu sehen und mein Gesicht ist kantiger geworden. Trotz der blassen Farbe sieht mein Gesicht gesund und lebendig aus. Meine Augen strahlen eine Entschlossenheit und Härte aus, die vor ein paar Wochen, als ich hier her kam noch gespielt war. Meine Schultern sind schmal, aber dennoch sehen sie stark aus. Am Anfang mochte ich zwar noch geglaubt haben, das alles sei nicht meine Welt, doch jetzt fühle ich mich hier mehr zuhause als in unserem Anwesen.

Ich binde meine Haare nicht zu, da ich es schöner finde wenn sie mir offen über die Schulter fallen. Sie sind ein ganzes Stück gewachsen seit ich hier bin, aber es gefällt mir. All diese Veränderungen grenzen mich immer weiter von meinem alten Ich ab. Ich blicke auf das Tattoo an meinem Handgelenk. Der Baum fasziniert mich noch immer und ich fahre mit einem Finger darüber. Boundless, das Wort sticht mir ins Auge.

Für die Rebellen ist es so etwas wie ein Leitfaden. Mir gefällt die Idee von einem nie enden Willen nach Gerechtigkeit. Mit jedem Tag den ich hier verbringe, steigt das Gefühl in mir, dass ich etwas bewirken kann, etwas bewirken will. Mit jedem Tag steigt meine Entschlossenheit.

Ich wende meinen Blick vom Tattoo ab und verlasse unser Zimmer. Ich mache mich auf den Weg zum Speisesaal um zu frühstücken. Als ich ihn betrete, fällt mir ein, dass die anderen ja noch wahrscheinlich schlafen und ich deswegen alleine essen muss.

Missmutig hole ich mir ein Brötchen und setze mich alleine an einen Tisch. Auch sonst ist nicht viel los. Nur zwei weitere Leute sitzen hier und keinen davon kenne ich, also bleibt mir nichts anderes übrig als alleine hier zu sitzen. Eine vierte Person betritt den Raum, Jack. Er holt sich etwas zu Essen und lässt den Blick durch den Raum schweifen bis er an mir hängen bleibt.

Zielstrebig kommt er auf meinen Tisch zu und sofort spannt sich mein Körper an. Ich will nicht mit ihm reden und ich weiß auch nicht worüber. Ihn abzuweisen kann ich mir allerdings auch nicht leisten, da er noch immer einer der Ausbilder ist. Ich beeile mich also mein Brötchen zu essen, doch da setzt er sich schon. "Keira, ich möchte mit dir reden." Mich wundert sein Ton. Er klingt nicht hart, aggressiv oder herablassend. Er klingt... nett. Ich nicke lediglich, da ich unschlüssig bin was ich darauf sagen soll."Es geht um die Sache mit deinem kleinen Trick beim kämpfen."

Mir dämmert worauf er hinaus will, trotzdem stelle ich mich dumm. "Ist irgendetwas damit?", frage ich deshalb so unschuldig wie möglich.

"Das letzte Mal, dass ich ihn gesehen hab war bei meinem Bruder." Seine Stimme klingt sanft und in seinen Augen kann ich Trauer erkennen. Ich beiße mir auf die Unterlippe.

Irgendwie wäre es mir lieber er würde mich anschreien oder mir sagen wie schlecht ich bin. "Oh", ist das einzige was ich rausbringe.

"Ich möchte dir etwas zeigen. Würdest du mich begleiten?" Ich bin mir nicht ganz sicher was ich davon halten soll. Einerseits sträubt sich alles in mir bei dem Gedanken irgendwo mit Jack hinzugehen, aber andererseits tut er mir im Moment Leid. Mein Mitgefühl überwiegt und so nicke ich. Er sagt nichts sondern sieht mich einfach nur dankbar an.

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