Kapitel 46

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Kapitel 46

Mein Kopf dröhnt und es fällt mir schwer mich zu konzentrieren. Seit einer gefühlten Ewigkeit sitzen wir nun schon im Versammlungsraum und reden darüber, wann wir wo am besten anfangen können.

Hätte ich gewusst, dass das so langwierig und aufwendig ist, hätte ich mir das mit der Rebellion vielleicht anders überlegt. Ich verstehe auch nicht, warum ich dabei bin. Immerhin habe ich keinerlei Erfahrung und ganz sicher keine Ahnung.

Während der ganzen Zeit hatte ich kein Wort gesagt, sondern nur versucht den Gesprächen der anderen zu folgen. Die Hälfte der Menschen hier kannte ich nicht einmal. Bob, Louis, Nathan und Jack waren die einzigen familiären Gesichter hier.

Mein Blick fiel auf die Uhr auf der einen Wand. Es ist bereits 14 Uhr und ich hatte noch kein Mittagessen. Als ich daran denke, beginnt mein Magen zu knurren. Hoffentlich hat das keiner gehört, das wäre peinlich.

So in Gedanken versunken, hatte ich gar nicht mehr zugehört. Es scheint als hätten sie irgendwas beschlossen, da die meisten nicken. Kacke. Verzweifelt versuche ich mich daran zu erinnern, was als letztes angesprochen wurde.

Irgendwas über einen Angriff aufs Westende? Keine Ahnung, ich nicke einfach. Wird schon keiner merken. Unschuldig lächel ich, kann aber sehen, dass Louis mich grinsend ansieht.

„Du hast keine Ahnung worüber wir geredet haben oder?", raunt er mir zu und ich schüttel schuldbewusst den Kopf. Natürlich nur so, dass er es sehen kann.

„Wir machen Pause. Aber gedanklich scheinst du ja schon damit angefangen zu sein", lacht er und steht auf. Erleichtert folge ich ihm. Endlich, das hatte ich auch verdient.

„Lass uns was essen, ich bin am verhungern", bitte ich ihn und er lacht nur. „Ich weiß, dass habe ich gehört." Röte schießt in meine Wangen und ich schaue beschämt zu Boden.

„Weißt du, warum ich überhaupt anwesend sein muss?", frage ich Louis, da er mir besser informiert zu sein scheint.

„Ist das dein Ernst? Du hast das ganze hier angezettelt. Du könntest schon mal ein bisschen Verantwortung und Interesse zeigen." Spielerisch tadelnd sieht er mich an.

„Ich weiß, aber ich hatte mir das Ganze ein wenig mehr aktiv vorgestellt", seufze ich und wir betreten den Speisesaal. Zu dieser Zeit ist er bereits leer, doch wir finden sicher noch ein paar Reste in der Küche.

„Was hast du denn gedacht was wir machen? Dass wir einfach willkürlich irgendwen angreifen?" Ehrlich gesagt ja, das hatte ich gedacht. Aber das konnte ich ihn natürlich nicht wissen lassen, da es bei ihm ziemlich lächerlich klang.

„Nein, ich bin doch nicht naiv", lüge ich ihn an, doch Louis durschaut mich. „Hast du wohl", lacht er und boxt mir gegen die Schulter. Beleidigit sehe ich ihn an, doch er schüttelt nur grinsend der Kopf.

„Na und? Ich habe noch nie eine Rebellion geführt und zu keinem Zeitpunkt habe ich behauptet, dass ich eine Expertin sei. Außerdem hätte ja keiner meiner dummen Idee folgen müssen", verteidige ich mich.

„Ich sage doch auch gar nicht, dass deine Idee dumm ist. Nur solltest du dich nicht über ihre Konsequenzen beschweren. Außerdem, wenn wir erstmal anfangen zu kämpfen, wünscht du dir sicher die langweiligen Gespräche zurück."

Das bezweifle ich zwar, aber das sehen wir ja noch früh genug. Louis und ich betreten gerade die Küche, als Mino uns ruft. Anscheinend ist er uns gefolgt, doch ich hatte ihn nicht bemerkt.

„Und, wie laufen die Planungen?", fragt er. Bob hat ihm nicht erlaubt dabei zu sein, da er keine sonderliche Funktion erfüllt, auch wenn es sich hart anhört. Ich eigentlich ja auch nicht, aber sowas hat man wohl davon, wenn man eine Rebellion anzettelt.

Louis war glaube ich dabei, weil er die Gebäude und die Oberschicht im Allgemeinen ganz gut kennt, aber da bin ich mir auch nicht zu einhundert Prozent sicher.

„Keira erzählt es dir gerne, sie passt so gut auf", lacht Louis. Böse stoße ich ihm meinen Ellbogen in die Rippen. „Ich habe aufgepasst, nur die letzten 10 Minuten vielleicht nicht. Aber die Planungen führen zu nichts.

Sobald irgendjemand was vorschlägt, gibt es jemanden der was dagegen sagt. Und dann gibt es Streit und im Endeffekt stehen wir wieder am Anfang. Die meisten Sachen sind sowieso viel zu kompliziert", gebe ich die gewünschte Auskunft.

„Was meinst du mit viel zu kompliziert?", hakt Louis nach und sieht mich verwundert an. „Ein Luftangriff? Ich bitte dich. Die Oberschicht rechnet nicht mit uns, dafür sind die zu arrogant. Ihr seid ohne weiteres in eine Polizeistation marschiert und wie viele ward ihr? 6 Leute?"

Louis sieht mich an, als hätte er eine Erleuchtung. „Das ist es, Keira. Komm mit." Er packt mich am Arm und zieht mich raus aus der Küche. Ich will protestieren, da ich noch immer nichts gegessen habe, aber so entschlossen wie Louis aussieht, ist es ihm bestimmt egal.

Er zieht mich zurück in den Versammlungsraum, wo die anderen noch sitzen. „Wir haben die ganze Zeit etwas außer Acht gelassen. Keira, erzähl ihnen was du gerade gesagt hast." Verwirrt schaue ich auf Louis. Was soll das denn jetzt?

„Naja, die meisten Vorschläge sind zu kompliziert. Es rechnet niemand mit uns, die sind viel zu arrogant um uns als Bedrohung wahrzunehmen. Deswegen unternimmt auch niemand wirklich was. Bis jetzt klaut ihr ja nur", wiederhole ich meine Worte. Nachdenklich mustert mich Bob.

„Keira, wie würdest du angreifen?", fragt er nun und alle sehen mich erwartungsvoll an. Ich? Ich hab doch keine Ahnung davon. Aber gut, wenn er eine Antwort will. Kurz denke ich nach, dann weiß ich, wie ich es machen würde.

„Sie sind nicht vorbereitet, also müssen wir das nutzen. Wir brauchen den Überraschungseffekt. Zudem sind die zahlenmäßig unterlegen, ein Großteil hat noch nie gekämpft, sie verlassen sich auf ihr Personal. Wenn es uns gelänge so viele Personen wie möglich zu rekrutieren, dann könnten wir auch mit weniger ausgebildeten Personen was erreichen.

Natürlich sollten sie vorher eine Art Grundausbildung durchlaufen, damit sie nicht vollkommen unvorbereitet sind. Dann würde ich die Oberschicht einschüchtern, ihnen zeigen, dass wir stärker sind, dass sie keine Chance haben.

Und das müssten wir im ganz großen Stil machen. Macht hat nur der, der sie auch zeigt. Das ist das Motto der Oberschicht, wenn wir Panik auslösen, wissen sie nicht wie sie damit umgehen sollen.

Dann sollten wir von so vielen Stellen wie möglich angreifen, sie zersplittern. Wenn nur eine Stelle angegriffen wird, dann fokussieren sie sich darauf, aber wenn es an mehrere Stellen passiert, die scheinbar willkürlich ausgesucht wurden, gewinnt der Egoismus.

Keiner wird sein Personal jemandem zur Verfügung stellen, jeder wird es aus vorsichtig bei sich behalten. So schwächen wir sie Stück für Stück. Natürlich muss man wichtige Versorgungsstellen abschneiden, aber das ist denke ich klar.

Oh und der Angriff sollte starten, wenn wir sie einschüchtern. Ein paar Leute sollten auf einem Event irgendeine große Nummer abziehen, sagen, dass wir kommen und bevor ihnen wirklich bewusst wird, was gerade passiert ist, bamm, greifen die anderen an", erkläre ich meine Strategie.

Mein Blick schweift durch den Raum. Die meisten sehen mich beeindruckt an. Keiner sagt etwas. „Und genau aus dem Grund, wollte ich sie dabei haben", sagt Bob dann nach einer Weile zufrieden und blickt die anderen an.

„Ladies and Gentleman, ich würde sagen, wir haben eine Strategie", fügt er dann hinzu. Die wollen wirklich meinem Plan folgen? Ich bin kein herausragender Offizier, ich denke nicht mal, dass ich gut im Strategien aufstellen bin.

Ich weiß noch, das eine Mal, als ich Haus hoch im Pokern verloren hab. Ich gehöre nicht zu den Personen, der ich sowas anvertrauen würde. Aber wenn Bob das meint, hat er wohl seine Gründe. Und das zustimmende Nicken der anderen bestätigt dies.

Ich bin glücklich, dass ich doch etwas beitragen konnte und ich jetzt endlich wieder weg kann. „Kann ich jetzt was essen gehen?", frage ich hoffnungsvoll und merke ein Ziehen in meinem Bauch. „Nein, jetzt müssen wir die Details besprechen", verneint Bob.

Mit einem Seufzer setze ich mich hin. Der Tag kann also noch lang werden.




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