Kapitel 10

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"Ach da bist du", hörte ich Helens Stimme hinter mir. Sofort drehte ich mich um und sah in ihre haselnussbraunen Augen. Ich schenkte ihr ein Lächeln und ging auf sie zu.

"Wo warst du denn?", wollte sie wissen. Ja, wo hätte ich denn gewesen sein können? Verdammt, ich brauchte eine Ausrede. "Ähm..ich hab dich gesucht und bin wohl der falschen Blondine hinterhergelaufen.", lächelte ich sie entschuldigend an. Hoffentlich kaufte sie mir das ab.

Louis lief an uns vorbei und warf mir einen fragenden Blick zu, den Helen nicht sehen konnte. Kaum merklich schüttelte ich den Kopf und er ging weiter. "Na gut. Ich wollte dir Pia vorstellen und dann wollen Minoro und ich dir zeigen wie man kämpft."

Wieder hatte sie ihr strahlendes Lächeln aufgesetzt und ich war mir sicher, dass sie definitiv am falschen Ort geboren wurde. Sie hätte auch super zu einer dieser Barbiepuppen werden können, die von Ball zu Ball gingen.

Stattdessen war sie mit der harten Realität aufgewachsen und trotzdem lächelte sie durchgehend. Ich verstand dieses Mädchen einfach nicht. Aber als barbiepuppe konnte ich sie mir auch nicht vorstellen. Irgendetwas sagte mir, dass dieses Lächeln nicht ihre wahre Natur war. Sie schien mir mehr wie eine Kämpferin, jemand der knallhart sein kann wenn er will, und trotzdem lächelte sie.

Freudestrahlend zog sie mich durch die Gänge bis zu einem Atelier. Ich war schon öfter in so einem gewesen, meine Mutter wollte, dass ich das nähen lernte. "Pia? Bist du da? Ich hab Besuch mitgebracht.", rief Helen durch das Atelier. Es war ziemlich groß und in hellem weiß gestrichen. Im Gegensatz zu den anderen Räumen wirkte es sehr freundlich. Zu meiner linken stand ein Tisch mit Stühlen und zu meiner rechten ein Tisch mit Skizzen und Entwürfen. Im Raum verteilt hingen überall Kleider und Anzüge, Stoffe und Verzierungen. Man wusste nicht, wo man als erstes hingucken sollte.

Ein Mädchen um die 20 trat hinter einer der Kleiderständer hervor und lächelte uns an. Sie hatte blonde Locken und trug eine Brille. Sie wirkte sehr sympathisch. "Hallo, Helen. Wer ist das?", fragte sie mit einem Fingerzeig auf mich. "Das ist Keira. Sie kommt aus den oberen Schichten und hat sich uns angeschlossen", berichtete Helen.

Pia musterte mich genau. "Weißt du was momentan in Mode ist?", fragte sie nach. "Zu welchem Anlass? Einem Ball, einem Abendessen oder einem einfachen Pferderennen? ", zählte ich auf. "Oh, da hat aber jemand Ahnung. Setz dich doch."

Ich folgte ihrer Anweisung und setzte mich auf einen Stuhl, der an dem Tisch in der Nähe stand. Helen und Pia setzten sich ebenfalls. "So, fangen wir mit dem Ball an."

Sie schnappte sich von irgendwo her ein Blatt und einen Stift und sah mich aufmerksam an

"Also der Adel trägt so weit ich weiß , schicke Abendkleider, die nicht zwingend lang sein müssen. Beim Hochadel heißt es, je prunkvoller desto besser. Ballkleider aus dem 19. Jahrhundert sind der letzte Schrei. Ebenso bei den Geschäftsleuten, doch da setzt man nicht so auf den ganzen prunk sondern kleidet sich schlichter, dennoch sind Verzierungen vorhanden. Bei den Männern ist es immer ein schlichter Anzug. Außer beim Hochadel, da trägt der Mann eine Pumphose, einen Mantel und eine Strumpfhose. "

Sie notierte fleißig etwas auf das Blatt Papier. "Und bei einem Abendessen?", fragte sie neugierig weiter. "Beim Adel normale Kleidung, wie Jeans oder Blusen beziehungsweise Hemden, also nichts besonderes. Der Hochadel setzt wieder auf Prunk und somit trägt man auch dort schickere Kleidung, die allerdings nicht zu ausfallend sein darf, wegen des Sitzens. Bei den Geschäftsleuten trägt man schicke Abendkleider und die Männer einen Anzug."

Erneut kritzelte sie auf ihrem Zettel herum und dann sah sie mich wieder an. Sie brauchte gar nicht zu fragen, ich wusste bereist, was ich sagen sollte. "Zu einem Pferderennen trägt man üblicherweise dasselbe wie bei einem Abendessen, aber bei den Geschäftsleuten kann die Kleidung auch etwas lockerer sein und unterscheidet sich somit kaum vom Adel."

RebellionWhere stories live. Discover now