Kapitel 5

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Als ich wieder erwachte, waren wir erneut in dieser kleinen Zelle und Daniel saß, noch immer gefesselt, mir gegenüber an der Wand. Mein Kopf schmerzte höllisch und Daniel sah ein wenig erbärmlich aus.

"Scheiße", fluchte er und kam auf mich zu. Zwar waren seine Hände gefesselt, doch schaffte er es irgendwie ein Teil seines Sackos zu zerreißen und es auf meinen Kopf zu drücken.

Also blutete meine Wunde auch noch. Verdammt und sie tat so schlimm weh. Ich biss die Zähne zusammen um nicht aufstöhnen zu müssen.

"Hast du das Video gemacht?", informierte ich mich. Etwas niedergeschlagen nickte er. "Gut", antwortete ich. "Gut?" Verwirrt sah er mich an. Damit hatte er wahrscheinlich nicht gerechnet, ich an seiner Stelle aber auch nicht.

"Ja, reicht schon wenn sie mich K.O. schlagen, dir sollte das nicht passieren", antwortete ich und musste feststellen, dass Reden eine sehr schlechte Idee war, denn mein Kopf schmerzte noch mehr.

"Wenn ich dieses Arsch in die Finger kriege, zahl ich ihm das Heim", fluchte ich vor mich hin. "Naja, eigentlich sind wir quitt, Süße." Mein Blick glitt zu der Tür.

Dort stand ein grinsender Louis und blickte amüsiert zu mir. Ich wollte aufstehen und auf ihn losgehen, doch als ich nur Anstalten machte mich zu bewegen, zuckte ich vor Schmerz wieder zusammen.

Die Wunde war wirklich schmerzhaft. "Ach ja, dein Wehwehchen könnte auch vom Alkohol kommen, sowas nennt man Kater", klärte er mich auf und ich wies ihm nur den Mittelfinger.

"Komm mit. Dein Vater will dich lebend sehen und nicht halbtot auf einem Stuhl hängend", wies er mich grob an und packte meinen Arm. Etwas unbeholfen stolperte ich hinter ihm her.

Meinen Schmerz ließ er dabei völlig unbeachtet auch als ich schmerzvoll wimmerte, ihm war das egal. Er führte mich einfach durch diesen dunklen Gang, der nach Moder roch und mir Übelkeit bereitete.

Schließlich landeten wir in dem Raum von letztem Mal. Ich konnte nicht einschätzen wie lange das schon vergangen war. Zurück in der Zelle sollte ich Daniel vielleicht fragen. Obwohl, er wusste wahrscheinlich auch nichts. "Hier, ein Laptop, sag ja nichts falsches", warnte er mich.

"Jaja", murmelte ich und hielt mir den Kopf. Hatten die kein Schmerzmittel oder so? Andererseits bezweifelte ich, dass sie mir davon was geben würden.

Er setzte sich mit einem Stuhl an die andere Seite des Raumes und beobachtete mich. Auf dem Bildschirm erschien nun mein Vater, der besorgt aussah. So wie es aussah, saß er im Wohnzimmer, denn hinter ihm war unser großer Kamin.

"Hallo, Prinzessin. Geht es dir gut?", fragte er nach. Natürlich ging es mir gut, ich war gerade dabei Regenbogen zu kotzen, dachte ich sarkastisch, aber dann wurde mir wieder der Ernst der Lage bewusst.

"Daddy, zahl diesem Dreckskerl kein Geld, ich-" , bevor ich weiterreden konnte, drückte man mir eine Hand auf den Mund und zog mich vom Laptop weg. Dieser wurde zugeklappt und ich wieder auf meinen Stuhl gesetzt.

"Warum musst du nur so störrisch sein, Mädchen?", fuhr Louis mich sofort an. "Mir gefällts wenn du dich aufregst, Lou", grinste ich ihn neckend an.

"Tja, wir sind hier aber nicht bei irgendeiner Dateshow und ich hab dir nicht zu gefallen, sondern du meinen Anweisungen zu folgen", knurrte er. Er glaubte doch nicht wirklich, dass ich was von ihm wollte?

"Als ob du mir in dieser Hinsicht gefallen würdest", spuckte ich ihm entgegen. "Ach komm schon. Ich bin heiß und das weißt du auch", lachte er selbstgefällig auf.

Zwar hatte er Recht, doch zugeben würde ich es nie. Sein Gesicht war bis auf die Narbe auf seiner linken Stirnseite makellos und seine braunen Haare standen ihm echt gut. Nur seine Augen konnten einem Angst machen, denn sie waren dunkel, fast schwarz.

"Eher ein arrogantes Arschloch", antwortete ich ihm. Nun riss sein Geduldsfaden und er zog seine Waffe und war kurz davor mir eine überzuziehen. "Halt", rief ich panisch.

Den pochenden Schmerz hatte ich noch nicht vergessen und das würde auch wohl unmöglich werden, denn er war permanent zu spüren. "So gefällts du mir schon besser und jetzt hopp, ab in deine Zelle."

Unsanft schubste er mich von dem Stuhl und ich war gezwungen aufzustehen. Ich wollte schon wieder etwas sagen, aber dann verkniff ich es mir, weil ich wirklich Angst hatte vor einem Schlag auf den Kopf.

"Alles in Ordnung?", fragte Daniel als wir wieder allein in der Zelle waren. "Bis auf den Schmerz ja." Ein wenig verlegen sah er mich an. "Hast du gemacht, was sie gesagt haben?"

Kopfschüttelnd grinste ich ihn an. "Ach was, er bringt mich nicht um, dafür bin ich viel zu viel wert." Stumm sah er mich an und strich eine Strähne aus meinem Gesicht hinter mein Ohr.

"Woher nimmst du dieses Selbstbewusstsein?" Unschlüssig zuckte ich mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Der Typ regt mich auf und deswegen agiere ich so. Außerdem hatte ich schon immer eine große Klappe und bin total tollpatschig. Zwei Sachen die in Kombination zu Katastrophen führen können."

Ein leises Lachen entwich seinen Lippen und ich begann zu Lächeln. Unsere Situation war echt beschissen, aber ich musste zugeben, dass ich und Daniel uns ganz schön näher kamen dadurch.

"Glaubst du sie lassen uns frei?", fragte er nach einer Weile. Seien Stirn war in Denkfalten gelegt.  "Natürlich und dann komm ich zurück mit einem Panzer und mach den Laden hier platt", antwortete ich.

"Du hast einen miserablen Humor", grinste er. "Und trotzdem lachst du." Er grinste mich nur an und sah in meine Augen. Seine Augen waren wirklich wunderschön grün.

Sie ähnelten dem Gras auf unserem Grundstück, so intensiv. Und dann passierte es. Trotz unserer zugegeben misslichen Lage küsste er mich. Und es war unglaublich.

Meine Lippen brannten wie Feuer und in meinem Bauch flogen tausende von Schmetterlingen. Mein Herz raste und in meine Wangen schoss die Röte.

Ich hatte vor ihm noch nie einen Jungen geküsst und für meinen ersten Kuss, war dass schon ziemlich gut, denke ich. Zumindest deute ich es als gut, dass wir erst aufhörten, als ich keine Luft mehr bekam.

Danach herrschte allerdings peinliches Schweigen. "Oh man. Auch wenn das jetzt vielleicht noch peinlicher wird, muss ich irgend etwas sagen, sonst fühle ich mich so dämlich", lachte ich auf.

"Dasselbe habe ich auch gedacht, wusste aber nicht was", grinste er mich an und ich erwiderte das Grinsen. Da kam mir eine Idee, auch wenn sie überhaupt nicht zu unserer Situation passte.

"Ich hab einen Plan", teilte ich ihm erfreut mit. "Und der wäre", fragte er mit hochgezogener Augenbraue. "Wir schließen uns ihnen an." Skeptisch sah er mich an, doch ich war fest von dem Gelingen überzeugt und strahlte wegen meiner tollen Idee.

"Na, wir schließen uns ihnen an und dann hauen wir ab, sobald sie uns genügend vertrauen", erklärte ich ihm genauer. "Und du glaubst ehrlich sie lassen uns einfach so frei damit wir uns ihnen anschließen können."

Er war nicht wirklich davon überzeugt, aber ich wusste, dass es klappen würde. "Ich werde sie überzeugen, vertrau mir", versicherte ich ihm und er zuckte seufzend mit den Schultern.

Gut, dann konnte Operation Weglaufen ja beginnen.

RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt