Kapitel 66

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Kapitel 66

„Heute Nacht geht's also los?"; versichere ich mich noch einmal bei Louis. Er nickt. „Lies selbst, wenn du willst." Mit diesen Worten reicht er mir den Umschlag.

Ich hole den Brief heraus und überfliege ihn. Seit wann macht Bob denn so einen Aufstand um unsere Aufträge? Warum nicht einfach persönlich vorbeikommen? Ich schaue mir den Umschlag noch einmal genauer an.

Sogar ein Siegel klebt darauf. Schon ein wenig lächerlich, aber irgendwie hat das Ganze auch was. Fühlt sich an wie ein richtiger Geheimauftrag oder so.

„Und wer ist der Typ? Von dem habe ich noch nie was gehört?" Ben Kingsley, der Name sagt mir wirklich gar nichts.

„Keine Ahnung. Ich denke er dient nur zur Übung. Damit Bob sehen kann ob du das mit dem Töten auch wirklich ernst meinst. Er glaubt dir nämlich nicht ganz. Das ist auch einer der Gründe warum er dich nicht kämpfen lassen wollte."

Das klingt sogar recht logisch. Denn ich bin mir selbst ja nicht einmal sicher, ob ich dazu in der Lage wäre, jemanden umzubringen. Aber das werde ich heute Nacht ja wohl sehen.

„Ich verstehe nicht, warum wir wieder Jack dabei haben. Wir zoffen uns doch eh die ganze Zeit", beschwere ich mich und werfe den Brief auf mein Bett.

„Weil es funktioniert. Das letzte Mal lief glatt, keine Schwierigkeiten. Es ist nur logisch, dasselbe Team wieder zu nehmen. Außerdem brauchen wir einen Plan B, wenn du es wirklich nicht schaffen solltest, ihn zu erschießen. Jack würde es ohne Zögern machen."

Da hat er wohl Recht. Jack ist eiskalt was das angeht. Und auch viel erfahrener als wir. „Was ich nicht verstehe ist, dass Joe bei uns im Team ist. Er hat doch keine besondere Ausbildung und außerdem ist er verletzt."

Ich zucke nur mit den Schultern, auch wenn ich den Grund kenne. Er ist auf meinen Wunsch in unser Team gekommen. Irgendwie scheint mir unsere Aufgabe weniger gefährlich als der Kampf an der Front.

Aber Louis würde ich das nicht sagen, er würde nur wieder eifersüchtig werden. Auch wenn er es sicher nicht zugibt. Wir haben uns gerade wieder vertragen, kein Grund gleich wieder zu streiten.

„Er wird die ersten Male sicher eh nicht dabei sein. Und vielleicht ist alles auch schon vorbei, wenn er wieder gesund ist." Das war meine größte Hoffnung. Bob hatte mir die Leitung des Teams übertragen. Also darf ich entscheiden, wann ich ihn für fähig genug halte mitzukämpfen.

Wer weiß wie schnell die ihn sonst wieder einsetzen. „Warum glaubst du, das alles so schnell vorbei sein könnte?", sieht mich Louis fragend an.

„Nun ja, zunächst haben wir sie eingeschlossen, raus oder reinzukommen ist schier unmöglich. Also können keine Truppen oder so für die Nachkommen und so sollte es einfach sein die Stadt Stück für Stück zu erobern.

Außerdem sind das alles Feiglinge, ich kann mir vorstellen, dass sie Recht frühzeitig kapitulieren. Es wäre ja auch zu ihrem besten, immerhin haben sie keine Chance", erkläre ich ihm, doch er scheint nicht ganz überzeugt von meiner Blitzkriegtheorie.

„Du verstehst nicht ganz, was Macht mit Menschen anstellt. Wer einmal an macht gekommen ist, gibt sie nur ungern ab. Und so wird es auch bei ihnen sein. Egal wie feige sie sind. Die Leute, die nichts zu sagen haben mögen vielleicht kapitulieren, aber die ganz hohen Tiere würden lieber sterben, als ihre Macht aufzugeben. Sie sind Narzissten."

Das ist seine Theorie, doch davon halte ich nicht viel. Allein der gesunde Menschenverstand sagt einem doch, wann man verloren hat oder? Sie werden sicher nicht so unmenschlich sein und hunderte ihrer Leute opfern nur um eine Woche länger auf ihrem Chefsessel zu sitzen.

Das kann ich mir einfach nicht vorstellen, so dumm sind die Leute auch nicht. Aber wir werden ja noch früh genug sehen, was sich als wahr herausstellt.

„Lass uns die anderen suchen und uns auf heute Abend vorbereiten. Hier steht ja auch irgendwas von nem Outfit, dass Pia designt hat."

Louis nickt und wir verlassen unser Zimmer. Mino hält sich wie erwartet in seinem Zimmer auf und auch Jack treffen wir in seinem Zimmer an.

„Musst du mich jetzt schon nerven? Reicht es nicht, wenn ich die ganze Nacht mit dir verbringen muss?", stöhnt er genervt als er mich sieht.

„Halt einfach die Fresse, ich bin auch nicht gerade froh darüber mit dir zusammenzuarbeiten. Aber wenn wir das ganze professionell handhaben, ist es ganz schnell vorbei", entgegne ich ihm und gehe voraus zu Pias Atelier.

„Als ob die ne Ahnung von professionell hätte", höre ich Jack murmeln, doch ich gehe nicht weiter darauf ein. Sich streiten ist nur anstrengend und lenkt von unserer Mission ab.

Pia begrüßt uns freundlich und führt uns direkt zu vier Puppen. „Tada, eure Outfits für die nächsten Wochen", präsentiert sie. Unser Outfit besteht aus einer schwarzen Hose und einem schwarzen Pullover, beides sehr eng anliegend.

Um die Hüfte ist ein Gürtel geschnallt, an dem sich ein Revolver, ein Seil, ein kleiner Dolch und irgendein Spray.

„Und hier noch ein Armband für jeden von euch. Damit könnt ihr kommunizieren und euch Karten angucken. Ganz schön viel Technik für so ein kleines Ding. Aber Nathan wird euch das nochmal genau erklären. Das einzige was ich noch hierzu zusagen hab, sind die beiden kleinen Features, die nicht mit Technik zu tun haben."

Sie teilt die Armbänder auf und deutet auf einen kleinen Knopf. „Wenn ihr hier drauf drückt, kommt eine kleine Klinge raus mit der ihr euch im Notfall verteidigen könnt." Sie lässt es uns ausprobieren und zeigt uns noch, wie man sie wieder verstaut.

„Und für den äußersten Notfall, der hoffentlich nie eintritt", sagt sie und zeigt auf einen kleinen Schraubverschluss. „Hier drin befindet sich ein sehr starkes Gift. Für den Fall, dass sie euch kriegen und ihr keine Chance habt zu entkommen. Na ihr wisst schon. Ihr habt zu viele Informationen und Bob meinte ich solle es einbauen, also nicht meine Idee."

Mit mulmigen Gefühl schaue ich auf den Schraubverschluss. „Dann hoffen wir mal, dass das nicht nötig ist", sage ich. Pia nickt und legt mir das Armband um. Es klickt einmal und schon sitzt es fest.

Bei den anderen macht sie es genauso. „Ihr werdet diese Armbänder nicht mehr abnehmen können. Sie sind wasserfest und so gut wie unzerstörbar. Also wenn der Feind sie haben will, muss er euch schon die Hand abhacken", erklärt sie. Schockiert sehe ich sie an.

„Keine Panik, die brauchen das Armband doch nicht. Davon haben sie ja gar nichts. Außerdem habe ich einen Selbstzerstörungsmodus aktiviert. Wenn nicht ein spezieller Code eingegeben wird, dann explodiert es, sobald es euren Arm verlässt"; versucht sie mich zu beruhigen, doch das hilft nicht wirklich.

Meine Angst steigert sich eher. Was ist, wenn ich es ausversehen verliere? ich meine, es sollte dagegen abgesichert sein, aber wer weiß schon, ob das immer klappt?

„Ihr kriegt das schon hin. Zieht euch um, dann hole ich Nathan, der euch das übrige erklärt", sagt sie und beginnt die Kleidung von den Puppen zu nehmen.

Nachdem wir uns dann umgezogen haben erklärt uns Nathan noch die restlichen Funktionen der Armbänder. Es ist beeindruckend wie viel so ein kleines Ding kann.

Und ehe ich mich versehe, ist es auch schon Zeit aufzubrechen. Die Nervosität steigt, als ich im Auto sitze. Immerhin ist es für mich ja eine Art Prüfung und ich bin mir absolut nicht sicher ob ich die bestehe.

Die letzten hundert Meter zu Ben Kingsleys Haus müssen wir zu Fuß gehen. Vor dem Zaun bleiben wir stehen. Louis schaut uns alle an. „Bereit?"

Die anderen beiden nicken und nach kurzem Zögern nicke ich ebenfalls, auch wenn ich mich am liebsten übergeben würde.


RebellionWhere stories live. Discover now