Kapitel 61

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Kapitel 61

So unauffällig wie möglich gehen wir vom Wagen zur Eingangstür. Ohne ihn anzuschauen zeige ich dem Butler meine Einladung. Er wirft einen kurzen Blick darauf und lässt mich dann passieren.

Das gute an der arroganten Haltung der Oberschicht ist, dass es niemanden wundert, wenn ich Bedienstete nicht direkt anschaue. Also kann er auch keinen Verdacht auf meine wahre Identität schöpfen.

Auch die anderen drei kommen ohne weitere Probleme hinein. Aufmerksam halte ich nach dem Vizebürgermeister Ausschau, doch ich kann ihn nicht entdecken.

Mino stößt mich leicht an und deutet auf einen Mann an der Bar. Da ist er ja. Dankbar lächle ich Mino zu. Die Frage ist nur, wie setze ich mich so nah wie möglich an ihn ohne Aufmerksamkeit zu erregen?

Ich sollte mich beeilen eine Lösung zu finden, denn die Leute beginnen sich zu setzen. So gut es geht dränge ich mich an den Menschen vorbei um einen guten Platz zu bekommen. Ja, fast geschafft. Gerade will ich mich auf den Platz direkt neben ihm setzen, da macht eine andere junge Dame ihn mir streitig.

Ich kann jetzt doch kein Drama anregen. Hilflos schaue ich zu Louis, der sofort reagiert. Blitzschnell geht er zu der jungen Dame rüber und flirtet mit ihr. Diese Ablenkung nutze ich und schiebe mich an ihr vorbei auf den Platz.

Sehr gut, ich sitze genau neben dem Vizebürgermeister. Er scheint mich nicht sonderlich zu beachten, aber das ist mir ganz Recht. Ein wenig erleichtert sehe ich mich nach den anderen um.

Jack steht nur ein paar Meter hinter dem Vizebürgermeister im Schatten einer Säule verborgen, Mino hat es geschafft einen Platz schräg gegenüber von mir zu ergattern und Louis steht noch immer mit der jungen Dame hinter mir.

Jeden einzelnen sehe ich an und frage mit meinem Blick ob sie bereit sind. Alle drei nicken kaum merklich. Mit zittriger Hand greife ich zu meiner Tasche. Langsam öffne ich sie und stecke meine Hand hinein.

Sofort spüre ich das kalte Metall der Waffe. Fest umklammere ich den Griff. Es ist soweit., der Moment auf den wir solange gewartet haben.

Adrenalin schießt durch meine Adern, in meinem Kopf schwirren nur noch die einzelnen Schritte unseres Plans.

Schritt 1: Den Vizebürgermeister als Geisel nehmen.

Bevor irgendjemand reagieren kann, schnelle ich aus meinen Sitz hoch und presse die Waffe an die Schläfe des Vizebürgermeisters.

Geschockt und voller Angst sehen die Leute mich an. Ich merke wie sich der Vizebürgermeister verkrampft. Die Waffen der Bedienstete sind auf mich gerichtet. Ohne nachzusehen, weiß ich, dass Jack, Louis und Mino an meiner Seite stehen.

Mein Atem wird ruhiger. Abwartend mustere ich jeden Einzelnen. Sie alle glauben, dass sie uns überlege sind, doch ich werde ihnen heute das Fürchten lehren.

Schritt 2: Meine Ansprache.

Vor meinem inneren Auge flackern die Bilder des Brandes auf. Die schreienden Menschen, die Zerstörung. Die Flammen entzünden meine Wut. Der Griff um die Waffe wird fester, ich presse sie noch stärker an die Schläfe.

Ich höre ein schmerzvolles Stöhnen und spüre wie der Vizebürgermeister zusammenzuckt. Ein zufriedenes Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. Ich muss aussehen wie eine Wahnsinnige.

„Willkommen auf dem Bankett des Vizebürgermeisters"; begrüße ich alle anwesend in einem sarkastischen Ton. Mit meiner freien Hand ziehe ich die Perücke von meinem Kopf und schüttle diesen. Meine braunen Locken lösen sich und fallen nun über meine Schultern.

„Mein Name ist Keira Dawson. Einige von euch kennen mich sicher. Ich habe heute eine Ankündigung zu machen. Und wenn ihr mir nicht zuhört, passiert was", drohe ich an und freue mich über meine Überlegenheit.

Die Panik, die Hilflosigkeit in ihren Augen. Sie geben mir ein Gefühl von Macht. In genau diesem Moment fühlen sie sich wie all diejenigen, die sie seit Jahren unterdrücken.

„Schon immer habt ihr euch hinter euren meterhohen Zäunen verkrochen, habt euer Geld zusammengeschart und in Saus und Braus gelebt. Doch alle anderen habt ihr ausgeschlossen.

Ihr habt euch einen Dreck um die Menschen in den Straßen geschert. Für euch waren sie keine Menschen, waren es nicht würdig zu leben." Bei diesen Worten schaue ich auf den Vizebürgermeister hinab, voller Verachtung.

„Doch Karma ist ne Bitch. Und aus genau diesem Grund werdet ihr nun für euren Egoismus bezahlen. Die Rebellen haben sich lang genug versteckt. Heute wird sich das ändern. Wir werden die Stadt einnehmen, das System aus den Angeln reißen.

Entweder ihr ergebt euch freiwillig oder ihr tragt die Konsequenzen. Das ist ganz euch überlassen. Und glaubt ja nicht, ihr könnt euch einfach in euren Anwesen verkriechen, denn wir werden kommen. Und wir sind ganz sicher nicht zu unterschätzen.

Also genießt eure Freiheit so lange ihr könnt, denn die Rebellion beginnt genau jetzt." Die Panik in den Augen hat sich gesteigert. Sie sehen aus wie Kälber kurz vorm Schlachter. Doch sie haben nichts anderes verdient.

Schritt 3: Auf zum Wagen

„Aufstehen", weise ich den Vizebürgermeister an und er folgt meinen Befehlen. „Wenn sich auch nur einer bewegt, werde ich ihn erschießen. Also Waffen runter", rufe ich den Bediensteten zu. Sie folgen meinem Befehl und legen die Waffen zu Boden.

Zusammen mit den anderen bewege ich mich langsam und vorsichtig zum Ausgang. Die Waffe immer an der Schläfe des Vizebürgermeisters. Auch die anderen drei haben ihre Waffen gezückt und sichern meine beiden Seiten.

Wie eine Einheit bewegen wir uns nach draußen. Unser Wagen steht an der Straße, der Motor läuft. Kurz vor dem Wagen übernimmt Jack meine Position. Ich klettere zusammen mit Mino auf den Rücksitz, während Louis sich nach vorne setzt.

Der Knall des Schusses lässt mich zusammenzucken.

Schritt 4: Die Flucht

Das was als nächstes passiert, geht unglaublich schnell. In Sekundenschnelle sitzt Jack neben uns und hat die Tür zugezogen. Der Fahrer gibt Vollgas und fährt mit quietschenden Reifen davon.

Ich höre Schreie und Schüsse von draußen, doch keine Kugeln gelangen in den Wagen. Die Blutspritzer auf Jacks Hemd, bezeugen seine Tat. Doch ich habe kein Mitleid mit dem Vizebürgermeister, er hat es verdient.

Unter dem Sitz hole ich eine Tasche hervor in der wir Kleidung aufbewahrt haben, die sich zum Kämpfen eignet. Ich gebe den Jungs ihr Kleidung und schäle mich selbst aus dem Kleid.

Danach ziehe ich mir meine Uniform über, was sich als schwieriger gestaltet als gedacht. Doch nach unzähligen Verrenkungen schaffe ich es letztendlich.

„Bereit für den Kampf?", fragt Louis und sieht zu uns nach hinten. „Aber sowas von", antworte ich lächelnd. Dann lassen wir Part 2 mal beginnen.




RebellionWhere stories live. Discover now