Kapitel 17

5.1K 313 74
                                    

"Wie wecken wir sie denn jetzt auf?" Die Stimme konnte ich nicht zuordnen, da ich mich noch im Halbschlaf befand und auch nicht vorhatte aus diesem zu erwachen.

"Keine Ahnung, was wenn sie noch was mit dem Rücken hat?" Ich konnte zumindest sagen, dass es zwei Personen waren, die neben meinem Bett standen. "Lasst mich das mal machen", fügte eine dritte Stimme hinzu und Schritte waren zu hören.

Doch ich war nu halb bei der Sache, da die andere Hälfte meines Gehirns noch von Einhörnern träumte. Doch schlagartig änderte sich dies als etwas klates und nasses meine Haut berührte.

Sofort waren meine Augen aufgerissen und ich sprang die Person an, die mir am nächsten stand. Mit einem dumpfen Knall landete diese zu Boden und ich auf ihr.

Meinen Arm drückte ich ihr auf die Kehle und mit der anderen zog ich ein Messer unter meinem Kopfkissen hervor. Das Messer hatte ich mal beim Frühstück mitgehen lassen, weil ich Angst hatte, dass Jack irgendwann in meinem Zimmer steht und mich umbringen will.

Das war vielleicht paranoid, aber vielleicht traf meine Befürchtung gerade wirklich zu. Bereit dieser Person unter mir weh zutun, fokussierte ich sie erstmal.

Doch dann entdeckte ich Louis unter mir und stand auf. "Bist du wahnsinnig, mich so zu erschrecken?", fuhr ich ihn an. Er zuckte mit den Schultern. "Wenigstens wissen wir jetzt, dass dein Rücken in Ordnung ist." Er hatte Recht, der Schmerz war wie weggeblasen. Dennoch würde ich fürs erste noch aufpassen, was das belasten anging.

Durch meine Adern floss noch immer Adrenalin und mein Herz schlug in einem unregelmäßigen Rhythmus. Zudem ging mein Atem viel zu schnell und mein ganzer Körper war in alarmbereitschaft.

Ungläubig und erschrocken starrte Helen mich an. "Du..wie... woher hast du das Messer?", stammelte sie und sah mich entgeistert an. "Ich bin ein bisschen paranoid, also hab ich das Messer beim Frühstück mitgehen lassen."

Mino begann lauthals zu lachen, Louis betrachtete die Situation mit einem spöttischen Lächeln und Helen war noch immer vollkommen erschrocken. Und ich, ich war stinksauer, da ich nun klitschnass war.

"Warum musstest du mich mit Wasser wecken?" Wieder zuckte Louis mit den Schultern. Konnte er nichts anderes? "Ich dachte, dass hilft vielleicht." Er grinste süffisant und ich setzte mich auf mein Bett, was auch nass geworden war.

Balu lag auf seinem Kissen und beobachtete die ganze Situation genau. Er kannte alle schon, weshalb er sich nicht die Mühe machte aufzustehen. Stattdessen blieb er liegen und gähnte genüsslich.

Noch immer verärgert schnappte ich mir neue Sachen und verschwand im Bad. Nach einer ausgiebigen Dusche hatte ich mich wieder beruhigt und war bereit ihnen gegenüber zu treten, ohne das Bedürfnis zu haben, sie anzuschreien.

"Und was habt ihr jetzt vor?" Wenn sie keinen vernünftigen Grund gehabt hätten mich zu wecken, würde ich jeden von ihnen schlagen. "Helen hatte die Idee dich zu einer richtigen Rebellin zu machen", erklärte Louis mir.

Fragend blickte ich zwischen den dreien hin und her. "Na, alle hier haben das Zeichen der Rebellen auf dem Handgelenk als Tattoo, ich möchte, dass du auch so eins hast."

Skeptisch sah ich Helen an. Mir war noch nie ein Tattoo an ihr aufgefallen, doch als Antwort auf meinen Blick krempelte sie den Ärmel hoch und zeigte mir ihr Tattoo.

Es war ein Baum, an dessen Ästen Blüten wuchsen. Umgeben war er von einem Kreis, durch den zwei Striche gingen. Am Rand des Kreises stand Boundless, grenzenlos.

"Erklärst du mir das Symbol?", fragte ich nach. Es interessierte mich, was damit zusammenhing. "Mit grenzenlos ist gemeint, dass wir nie aufgeben werden. Der Baum zeigt die Zeit jetzt, es sind keine Blätter dort oder Vögel. Doch am Ende dieser Zeit, also am Ende der Äste, werden Blüten wachsen und alles wird schöner, besser. Und der Kreis, naja der Kreis ist nur zur Deko, denke ich."

Irgendwie gefiel mir das Tattoo. "Gut, ich will auch so eins." Freudestrahlend sah Helen mich an und zog mich mit sich aus dem Zimmer. Die Jungs folgten und wir liefen durch die Gänge.

"Ist das alles hier eigentlich unterirdisch?", wollte ich von ihnen wissen. "Ja, wir ..." "Helen", unterbrach Louis sie scharf. "Was? Glaubst du wir können irh nicht vertrauen? Glaubst du sie haut ab und verpfeift uns?", verteidigte Helen mich.

Sofort plagten mich Gewissensbisse, denn genau das hatte ich vor. Okay, das mit dem Verpfeifen nicht, aber das abhauen schon. Louis seufzte. "Tut mir Leid, war nur so eine Reaktion."

Hatte er sich da gerade entschuldigt? Bei mir? Überrascht sah ich ihn an, ich hatte sogar ihn rumgekriegt. Wenn er mir auch vertraute, konnte es bei den anderen ja auch nicht mehr lange dauern.

Das bedeutete, bald konnte ich hier weg. Ein komisches Gefühl machte sich in mir breit. Wollte ich das denn überhaupt? Ja, denk an deinen Vater, ermahnte mich meine innere Stimmte.

Und sie hatte Recht, ich gehörte nicht hier hin, meine Welt war da oben. Mittlerweile waren wir vor einer hölzernen Tür stehen geblieben. Helen klopfte an und jemand bat uns herein.

In dem Zimmer war es dunkel und nur eine Halogenlampe beleuchtete es. In der Mitte des Raumes stand eine Liege und daneben ein Tisch mit allerlei Tinte und einer Nadel.

Ich schluckte, wollte ich wirklich die Schmerzen ertragen? Aber da erinnerte ich mich, dass ich schon schlimmere Schmerzen hatte. Ich atmete tief durch und war bereit.

"Will? Wo bist du?", fragte Mino. Ein pummeliger Mann, Ende 40, kam hinter einem Vorhang hervor. In seinem Mund steckte eine Zigarette und so roch auch das ganze Zimmer, mit einer Spur von Farbe.

"Was wollt ihr?", fragte er barsch. Er schien mir nicht gerade sympathisch und ich wollte ihn nicht näher kennen lernen. "Sie will das Symbol aufs Handgelenk."

Skeptisch sah er mich an. "Bist du nicht die Göre, die sich uns nach ihrer Entführung angeschlossen hat?" Zögerlich nickte ich. Der Mann war mir nicht geheuer und ich war froh, wenn ich wieder weg war.

"Gut, dann setz dich mal auf den Stuhl. Das dauert auch nicht lange und so schmerzhaft ist es auch nicht." Skeptisch sah ich auf diesen Will, setzte mich dann aber auf den Stuhl.

Grob nahm er mein Handgelenk und tunkte eine Nadel in die Tinte. Dann begann er Freihand, ohne Vorzeichnung, das Tattoo zu stechen. Erst tat es noch schlimm weh, aber mit der Zeit war es nur noch ein einfaches Stechen.

Nach einer halben Stunde circa war er dann fertig und ich betrachtete sein Werk. Es sah wirklich gut aus und ich war überrascht, dass er es so hinbekommen hatte. Aber wahrscheinlich machte er es ziemlich oft.

"Dankeschön", bedankte ich mich und stand vom Stuhl auf. "Kein Problem", antwortete er und verschwand wieder hinter dem Vorhang. Ich fand diesen Mann einfach nur komisch und war froh, als wir endlich draußen waren.

Wir wollten zurück zu unserem Zimmer, als wir Daniel begegneten. "Hey, Daniel. Guck was ich mir hab stechen lassen." Begeistert zeigte ich ihm mein Tattoo. Seine Miene verspannte sich ein wenig.

"Kann ich dich kurz sprechen?", fragte er und es hörte sich so an, als ob er einfach nur Zeit mit mir verbringen wollte. "Klar, geht ihr schon mal vor", sagte ich an die anderen gewandt.

Daniel zog ich ein Stück weg und hielt mein Handgelenk hoch. "Du weißt schon was das ist oder? Verdammt, Keira, lass dich von ihnen nicht einlullen, denk an unseren Plan. Vergiss nicht das wichtigste."

Ich nickte. "Gut, denk dran. Wir gehören nicht hier hin, wir sind nicht wie sie."

RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt