Kapitel 9

6.5K 388 51
                                    

Wie in der Schule, saßen wir in einem Klassenraum und warteten auf die Lehrerin, wie Helen mir verraten hatte. Er war ziemlich groß und an den Wänden hingen Poster von Ballettschritten, Walzerschritten und der richtigen Haltung. Die Tischreihen nahmen fast den ganzen Platz ein, aber ein Gang führte in einen weiteren, komplett leeren Raum.

Helen hatte sofort einen Platz für uns zwei rausgesucht und nun saßen wir in der vordersten Reihe, meiner Meinung nach nicht gerade von Vorteil, wenn man keine Lust hatte aufzupassen.

Doch ich konnte mich nicht über den Platz beschweren, da sich die Tür öffnete und eine kleine, pummelige Frau herein trat. Erst als sie ans Pult trat, konnte ich ihr Gesicht erkennen.

Überrascht sah ich die Frau an und sie warf den selben Blick zurück. "Wie ich sehe ist aus der kleinen Keira eine junge Dame geworden", lächelte sie mich freundlich an.

"Madame Dupont, sie sind hier?", fragte ich überrascht. Sie war meine frühere Lehrerin gewesen, aber auf einmal war sie weg. Auch wenn sie manchmal streng aussehen konnte, war sie sehr freundlich. Und wenn sie einen nicht mahnend anschaute, sah sie auch so aus. Ihre früher noch leicht blonden Haare, waren nun komplett ergraut.

"Ja, deswegen konnte ich dich nicht unterrichten. Auch wenn du meine liebste Schülerin warst. Nicht so arrogant wie die anderen kleinen Mädchen. Mich wundert es nicht dich hier anzutreffen."

Ich zuckte mit den Schultern. "Naja, was die Zukunft so bringt." Freundlich lächelte sie mich noch immer an. Sie war die beste Lehrerin gewesen und nicht immer streng wie die anderen.

"Noch immer so ein hoffnungsloser Fall wie früher?", wollte sie wissen. "Ich glaube ich bin besser geworden." Mit einer Handbewegung deutete sie nach vorne. "Dann führ uns doch mal einen Gang vor und die Verneigung zur Begrüßung", forderte sie mich auf.

Nervös trat ich nach vorne. Ich erinnerte mich an ihre Worte. "Schultern zurück, Bauch einziehen, Rücken gerade, Brust ein wenig heraus und das Kinn hoch, das Kinn hoch, Kind" So hatte sie es immer gesagt und mittlerweile hatte ich es eigentlich ganz gut drauf.

Mit erhobenem Kopf schritt ich langsam auf Madame Dupont zu. Kurz vor ihr blieb ich stehen und verneigte mich, indem ich ein Bein vorstellte und dann mit dem Arm vor dem Bauch den Kopf senkte.

"Sehr schön, Keira. Wie ich sehe, kannst auch du Grazie zeigen." Erfreut über dieses Lob, lächelte ich sie. Vielleicht hatte Helen recht und ich würde wirklich diesen Unterricht mehr mögen.

"Da sagt meine Mutter was ganz anderes." Sie schüttelte nur den Kopf. "Ach, deine Mutter diese alte Furie. Hat doch selber keinen Funken Ahnung von Eleganz", winkte sie ab. Ich nickte und setzte mich wieder an meinen Platz.

"Wow, das sah toll aus. Du hast wirklich viel gelernt." Ich glaube ,Helen wäre gerne in den oberen Schichten geboren. So wie sie für Ballett und dieses Anmutzeugs schwärmte.

"Nun, dann haben wir einen weiteren Neuzugang, Daniel Adams. Deinen Vater kannte ich ebenfalls, ein furchtbar ehrgeiziger Mann. Hatte immer zu tun, kaum Zeit für wichtigere Dinge als die Arbeit. Aber obwohl diese beiden Neu sind, haben sie mehr Ahnung von dem Leben da oben als ihr alle zusammen. Sie werden mir assistieren und euch lehren, hört auf sie", schärfte sie den anderen ein.

Dann warf sie einen Blick zu Louis. "Auch sie, Mr. Preston." Preston, Louis Preston. Der Name sagte mir etwas. Na klar, es wurde groß in den Zeitungen aufgeführt. Er selbst war aus den oberen Schichten und es hieß er sei tot.

Komischerweise hatte ich ihm das nicht angemerkt. So lange dürfte das doch eigentlich gar nicht her sein oder?

"Ihr werdet in drei Gruppen eingeteilt und dann lernen wir Tischmanieren.", verkündete sie und zählte durch. Leider war Helen nicht in meiner Gruppe, aber dafür Minoro.

RebellionWhere stories live. Discover now