Kapitel 65

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Kapitel 65

Nachdem ich mich wieder ein wenig beruhigt habe, gehe ich zurück in das Zelt von Bob. Ich möchte mich noch einmal sachlich mit ihm reden.

Er muss doch auch verstehen, warum ich nicht einfach hier sitzen und zusehen kann. Vielleicht lässt er mich dann ja kämpfen.

Ich betrete das Zelt und sehe, dass Bob wieder hinter dem Tisch sitzt. Entschlossen sehe ich ihn an. Nur keine Schwäche zeigen, Dawson.

„Ich glaube, wir sollten noch einmal reden"; beginne ich und errege damit seine Aufmerksamkeit. Sein Blick wendet sich von der Karte zu mir. „Und worüber?"

Worüber? Na, was glaubt er denn? „Darüber, dass ich kämpfen werde. Es ist vollkommen unvernünftig mich zu verstecken, was für eine Art Vorbild soll ich denn dann bitte sein? Ich verstehe, dass mir nichts passieren soll, aber untätig bleiben will ich auch nicht."

Ein wenig genervt sieht Bob mich an und seufzt. „Gut, hör zu. Wir machen einen Kompromiss. Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass du als Kugelfutter da herum läufst und das ist auch nicht verhandelbar.

Allerdings biete ich dir eine Alternative. Mit dir könnten wir Zeichen setzen. Also wirst du mit einem kleinen Trupp hohe Politiker ausschalten, ihnen zeigen, dass wir ihr System zerstören. Also sowas in der Art wie heute", schlägt er vor.

„Also so wie eine Art Assassine?", hake ich nach. Bob nickt. „Nur, dass du dabei selber nicht draufgehst."

„Damit kann ich leben", antworte ich lächelnd. „Aber dafür musst du eine Bedingung erfüllen. Du musst bereit sein zu töten."

Unsicher beiße ich mir auf die Unterlippe. Mir bleibt wohl oder übel nichts anderes übrig auf lange Sicht, egal wo ich kämpfe. „Okay, das schaffe ich", gebe ich schließlich als Antwort von mir.

„Gut, wars das dann? Ich muss weiter planen, und du solltest zurück in die Rebellenunterkunft. Ich werde eine Truppe für dich zusammenstellen und dann erhaltet ihr bald euren ersten Auftrag."

Ich nicke und wende mich ab. Doch kurz bevor ich das Zelt verlasse, drehe ich mich noch einmal um. „Danke", sage ich. In meinem Inneren hatte ich ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass Bob nachgibt.

„Dank nicht mir, dank Louis. Er hat mir das vorgeschlagen. Wäre es nach mir gegangen hätte ich dich einfach eingesperrt und so abgehalten. Ohne jeglichen Kompromiss." Nach seinen Worten wendet er sich wieder der Karte zu.

Ich verlasse das Zelt. Also habe ich mich doch nicht getäuscht. Es war also Louis' Idee. Vielleicht war ich ein bisschen hart zu ihm. Allerdings hat er mich auch hintergangen. Schon zum zweiten Mal.

Und doch kann ich ihn nicht so einfach aus meinem Leben streichen, er bedeutet mir zu viel. Noch eine Chance gebe ich ihm. Wenn er eine vernünftige Erklärung hat.

Aber zuerst sollte ich nach Joe sehen. Ich betrete das Krankenzelt und sehe, dass er auf einem der Betten liegt. Zielstrebig gehe ich auf ihn zu.

„Wie geht's dir?", frage ich, doch bereue es gleich wieder. Wie solls ihm schon gehen? Beschissen wahrscheinlich.

„Im Moment ganz gut, das Morphium wirkt sehr gut", antwortet er heiser. Er wirkt sehr angeschlagen und auch sein Bein sieht nicht gut aus. Der Verband ist bereits wieder durchgeblutet, aber solange er keine Schmerzen hat, ist alles gut.

„Wie ist denn das passiert?", frage ich ihn und sehe ihn besorgt an. Irgendwie ist es ja meine Schuld, immerhin hab ich ihn hierzu überredet.

„Hey, hey, hey, fang jetzt nicht an dir die Schuld dafür zu geben", ertappt er mich. „Das tue ich doch gar nicht"; versuche ich es zu leugnen, doch er hat mich durchschaut.

„Ich sehe es in deinem Blick, du gibst dir die Schuld. Aber das solltest du nicht. Immerhin mache ich das alles hier freiwillig, du hast mich zu nichts gezwungen. Aber weniger zu mir und mehr zu dir. Wie läufts bis jetzt?"

Er grinst mich breit an, so als wäre er nicht vorhin angeschossen worden. Das mag ich so an ihm, er bessert einfach meine Laune. „Nun ja, eher weniger gut. Man hat mich davon abgehalten zu kämpfen. Kannst du dir das vorstellen? In meiner Rebellion", kotze ich mich bei ihm aus.

„Wirklich? Wie können sie nur", antwortet Joe gespielt entsetzt. Ich komme nicht drumherum zu lachen und verdrehe die Augen. „Nein, jetzt mal im Ernst. Was hast du erwartet? Die werden dich nicht einfach ins Gefecht schicken, damit du vom Erstbesten erschossen wirst. Du hast einen großen Wert für die Rebellion", gibt er mir dann doch eine vernünftige Antwort.

„Ja, aber hätte man mir nicht wenigstens etwas sagen könne?", beschwere ich mich weiter. „Dann wärst du nur noch sturer gewesen. Ich kenn dich noch nicht lange, Keira. Aber eins weiß ich, du bist der dickköpfigste Mensch, der mir je begegnet bist. Du beharrst auf deiner Meinung, egal wie logisch sie ist."

Beleidigt sehe ich ihn an. Er sollte mir zustimmen und nicht den anderen. Aber um ehrlich zu sein hat er Recht. Ich bin wirklich ziemlich stur.

„Na gut, vielleicht hast du ja Recht. Aber wenigstens von Louis hätte ich was anderes erwartet. Er hat versprochen mir mehr zu vertrauen", sülze ich ihn weiter mit meinen Problemen zu, auch wenn er grade größere hat.

„Er vertraut dir doch auch. Nur sorgt er sich auch um dich und möchte nicht, dass du verletzt wirst. Und das ist nicht gerade unwahrscheinlich hier. Ich meine, guck mich mal an."

Sofort meldet sich mein schlechtes Gewissen zurück. Er hat ja irgendwie Recht. „Also findest du ich sollte nicht sauer auf Louis sein?", frage ich ihn.

„Nun ja. Aus meiner Sicht würde ich sagen, servier ihn ab und such dir jemand anderen – wie zum Beispiel mich. Aber aus rein objektiver Sicht, und die ist sicher interessanter für dich, solltest du mit ihm reden. Er hat es sicher nicht böse gemeint und es war ja auch nicht seine Entscheidung alleine oder? Wahrscheinlich hätte er eh nichts tun können du wollte dich dann nur beschützen."

Seufzend sehe ich ihn an. Warum muss er nur verdammt Recht haben? „Warum kannst du nur vernünftige Entscheidungen treffen, obwohl du angeschossen wurdest?"

Breit grinst er mich an. „Du solltest mal was vom Morphium probieren, dann ist alles gleich viel leichter." Lächelnd schüttle ich den Kopf. Genau das hatte ich jetzt gebraucht. „Dann geh ich mal mit Louis reden", sage ich und lasse ihn in Ruhe.

Nachdem ich über den kompletten Platz gelaufen bin, finde ich Louis endlich. Nicht sicher was ich sagen soll, sehe ich ihn einfach nur unbehaglich an.

„Normalerweise entschuldigt sich immer einer von uns beiden, wenn wir uns so begegnen", lächelt Louis halbherzig. „Das ist wohl wahr. Wir machen das ganz schön oft, was?"

Noch nie war ich so angespannt in Louis Anwesenheit. Warum konnte unsere Beziehung nicht einfach mal einfach sein? Warum musste alles immer kompliziert werden?

„Ja. Hör zu, Keira. Ich würde mich entschuldigen, aber ich glaube du bist es ebenso leid wie ich. Wir wissen beide, dass ich dich verletzt habe. Aber ich habe das keineswegs böse gemeint. Ich wollte dich lediglich beschützen. Und wenn du sauer sein möchtest, ist das okay. Aber ich bereue meine Entscheidung nicht.

Wie gesagt, sind du und Mino alles was ich habe und euch zu verlieren, wäre für mich der Weltuntergang. Also habe ich mich nicht gewehrt, als Bob den Vorschlag gemacht hat. Keira, ich mach das nur, weil ich dich liebe", erklärt er. Jetzt fühle ich mich dumm.

Ich habe so getan, als wäre es allein seine Schuld, doch das war es nicht. Und hätte ich nicht vielleicht sogar dasselbe getan? Ich sehe Louis tief in die Augen.

Verdammt, ich kann ihm nicht böse sein. Ich lehne mich zu ihm rüber und küsse ihn. Ich hasse es, wenn wir uns streiten. Louis grinst mich breit an. „Also ist alles wieder gut?"

Ich nicke. „Ja, ich mag es nicht, sauer auf dich zu sein." Grinsend legt er seinen Arm um ich. „Dann lass uns nach Hause, ich werde so langsam echt müde."



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