10 - Dampf und Tequila

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Julian Alessandrini-Casanera beobachtete, wie seine Verlobte ihre Bahnen durch den Pool zog.
Der Kronprinz der letzten Stadt lächelte schmal, als er sich vom Türrahmen abstieß und in die Wärme der Schwimmhalle trat.
Sie küsste zur Begrüßung ihren Mittelfinger und streckte ihn dem Kronprinzen der letzten Stadt provokant entgegen.

"Renée, du bist ein wahrer Sonnenschein."
Er ließ sich auf eine der Holzliegen fallen, die das Becken säumten, trank einen Schluck von ihrem Cocktail und begann zu husten.
"Was ist das denn?"

"Ich hatte keinen guten Morgen, okay?"
Lady Renée de Chirouelle-Avalinis kam an den Rand des Pools geschwommen und drückte sich aus dem Wasser hoch.
Muskeln spielten unter perfekter Haut.

"Wer?", fragte Julian und hielt ihr den Cocktail hin, der zu neunzig Prozent aus Tequila bestand. Eine Sünde, Tequila in einen Cocktail zu kippen.
Renée nahm ihm das schlanke Glas ab und trank.
"Meine Mutter", verzog sie mit vom Alkohol rauer Stimme das Gesicht, als dieser ihre Geschmacksnerven in Brand setzte, „hat anscheinend Wind von Cassian bekommen."
Julian runzelte die hohe Stirn und lehnte sich auf der Liege zurück, als wäre sie die purpurrote Chaiselongue in seiner Suite.
"Cassian? Das ist doch schon ewig her", überlegte er.
"Das musst du mir nicht sagen. Ich weiß noch auswendig, mit wem ich schlafe."
Sie streckte einen Arm aus und Julian verdrehte die Augen, reichte ihr aber ein Handtuch.

"Also ist der Lady d'Avalinis jetzt aufgegangen, dass ihre Tochter nicht ganz so ein unschuldiges Häschen ist, wie sie allgemein vermuten lässt?"
"Sterne, nein."
Er lachte leise.
"Immerhin wird sie dann erst einmal damit beschäftigt sein Cassian zu bespitzeln und mich in Ruhe lassen."
"Sie hätte mehr als genug Spitzel, um dir das Leben zur Hölle zu machen."
"Ich bin gespannt. Das wird sicher lustig."

Sie strich sich eine feuchte blaue Strähne aus den Augen und steckte sie in den Dutt zurück.
Er stellte ungefähr zum fünfzigsten Mal diese Woche fest, wie schön sie war. Der weiße, raffiniert geschnittene Bikini machte sie sogar noch schöner. Er wäre ganz sicher in Versuchung gekommen, wenn sie beide nicht eine ziemlich üble Vorgeschichte hätten. Sie waren wie Hitze und Regen in einem Sommergewitter, das genauso schnell vorbeizog, wie es gekommen war.

Julian hatte sie gemocht, angehimmelt, begehrt.
Eine Zeit lang hatte sie ihn geduldet, doch letztendlich war sie nicht darum herumgekommen, ihm nach allen Regeln der Kunst das Herz zu brechen, was er wiederum nicht besonders gut aufnahm.

Und jetzt? Jetzt würden sie heiraten.
Eine arrangierte Ehe unter blauen Adelshäusern.

"Was willst du wirklich?", fragte sie und trocknete sich die hellblauen Haare ab. Es war zur Zeit modisch unter den jungen Adligen, sich ihre königsblauen Haare heller zu Färben, bis sie nicht mehr die Farbe des Ozeans, sondern die eines Gletschersees hatten.

Julian verzog als Antwort auf ihre Frage gespielt leidend das Gesicht und verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ronberg? Wirklich?"

Renée seufzte, hob abwehrend eine manikürte Hand, stand auf und machte einen eleganten Kopfsprung in den Pool. Er fluchte, als ihn die Wassertropfen trafen und wartete, bis sie wieder auftauchte.

"Wunderbare Vermeidungstaktik", schmunzelte er und breitete die Arme aus, "Komm schon, dachtest du, ich finde es nicht heraus?"

"Nein, ich hatte nur gehofft, dass ich betrunkener wäre, wenn du damit ankommst."

Er warf einen prüfenden Blick zur Minibar hinüber. Die Tequila Flasche sprach für sich.

"Du hast Ronberg flachgelegt?", hakte er unbeirrt nach, während er mit hinter dem Rücken verschränkten Händen am Pool entlang spazierte, „Den Gärtner? Mich interessiert nicht das warum, sondern viel mehr das wie."

SkythiefWhere stories live. Discover now