Kapitel 62 - Patron und Paladin

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Kapitel 62

Patron und Paladin


~Sabrina~

Sie hatte erwartet, in einen hell erleuchteten Raum zu treten. Schliesslich war der Stoff des Zeltes äusserlich hell und hatte lichtdurchlässig gewirkt, doch diese Annahme entpuppte sich als falsch.
Im Zelt ihres Entführers herrschte eine drückende Dunkelheit, wie die perfekte Imitation der Nacht.
Hinter sich spürte sie Falks Atem im Nacken. Schnell, gehetzt. Warme Luft auf ihrer eiskalten Haut. Neben ihr vernahm sie ein leises Klimpern, das nur von den Glöckchen und Schnallen des Hutmachers stamm konnte. Wie ist es nur möglich, schoss es ihr durch den Kopf, dass Jeremy Topper so ein meisterhafter Krieger ist? Dieses Gebimmel muss doch schrecklich unpraktisch sein! Ansonsten tat sich nichts in dem Zelt. Kein Laut. Kein Licht.
Sabrina strengte ihre Augen an. Gewöhnlich passten sich diese wie bei einer Katze an die Dunkelheit an, doch jetzt blieb die Schwärze so undurchdringlich wie früher, als ihre Kräfte noch nicht erwacht waren.
Der Obsidian!, schoss es ihr siedend heiss durch den Kopf. Auf einmal schien der Klumpen schwarzer Stein, der um ihren Hals hing, um eine Tonne schwerer zu wiegen.
Augenblicklich fühlte sie sich in ihre Kindheit zurückversetzt...
Sabrina - sie musste damals etwa zehn gewesen sein - hatte die Schule geschwänzt, da sie sich vor einem Referat hatte drücken wollen. Zu viele Leute, die sie angestarrt hätten... Nein, das hätte sie nicht gekonnt. Also war sie einfach nicht in die Schule gegangen. Natürlich war sie erwischt worden. Und die Bestrafung fürs Schwänzen war grausam gewesen. Die damalige Haushälterin, die von den Kindern den Spitznamen Tarantula bekommen hatte, war, was Strafen anging, immer sehr kreativ gewesen... Sie hatte Sabrina über Nacht in das kleinste Einzelzimmer des Hauses gesteckt. Ein fensterloser Raum, dessen Glühbirne schon vor Monaten durchgebrannt war und die bisher niemand ersetzt hatte. Die ganze Nacht war sie verängstigt wach gelegen und hatte den Mäusen beim Scharren gelauscht. Mile hatte versucht, sie rauszuholen, doch Tarantula hatte den Schlüssel mitgenommen. Trotzdem war ihr Bruder damals der einzige Grund gewesen, wieso sie vor Angst nicht wahnsinnig geworden war. Er hatte heimlich auf der anderen Seite der Tür übernachtet...
Doch jetzt war sie keine zehn mehr und Mile war auch nicht da. Ausserdem erwartete sie hier wohl etwas Schlimmeres als ein paar Mäuse.
»Wer lauert in der Dunkelheit?«, zischte Mondkind plötzlich rechts von ihr und Sabrina zuckte zusammen. »Ich spiele nur mit meinen Brüdern Verstecken. Nicht mit dir.«
In der Dunkelheit lachte es leise, dann säuselte es: »Du warst schon immer nicht sehr geduldig. Selbst jetzt in deinem neuen Körper.«
»Ich wusste es«, hauchte Sabrina, als sie die Stimme erkannte. Bis zuletzt war sie sich nicht völlig sicher gewesen, doch nun war es bestätigt. Diese weiche, schöne Stimme gehörte Guenio, ganz wie sie es die ganze Zeit über geahnt hatten.
»Ihr!«, zischte der Hutmacher scharf.
»Als hättet Ihr das nicht gewusst, Bruder Hutmacher«, antwortete Guenio. Anders als erwartet klang er eher betrübt als überheblich.
»Kannst du Licht machen?«, fragte Mondkind freundlich.
Tatsächlich tat Guenio ihr de Gefallen. Ein leises Rauschen war zu hören, dann glomm ein warmes, sanftes Licht auf. Es entsprang einer gläsernen Kugel, die zuvor von einem Tuch verhüllt gewesen war. Sie war so gross wie ein Fussball und in ihrem Inneren flatterte ein einzelnes Glühwürmchen.
Es war nicht viel Licht, doch es reichte Sabrina, sich ein Bild von ihrer Umgebung zu machen.
An den Zeltwänden standen Bücherregale, gefüllt von etlichen, zerfledderten Notizheften. Eine Sammlung von regelrechten Notizbuchgenerationen. Die ältesten sahen aus, als würden sie gleich zu Staub zerfallen. Andere waren hingegen ganz neu.
In der Mitte des Raumes stand eine klobige Kiste, die aus Obsidian gehauen zu sein schien. Sie war so gross wie ein Kindersarg. Der Deckel war ringsum mit dicken Stahlschlössern versehen und zusätzlich mit Ketten umwickelt, die so dick wie Sabrinas Arm waren.
Ansonsten war da nur noch die Glaskugel, die vor der Kiste lag.
Guenio schwebte knapp über dem Truhendeckel. Die Beine im Lotusknoten verschränkt, die Hände im Schoss gefaltet, wirkte er völlig entspannt.
»Besser so?«, fragte er und lächelte schmierig.
»Hört endlich auf mit diesem Theater!«, rief Sabrina erbost. Harsch riss sie sich von der Wache, die sie festhielt, los und stolperte auf den Geist zu. »Was ist das hier? Was soll das? Was habt Ihr vor? Seid Ihr etwa ein weiterer Verräter? Ist das hier ein weiterer Anschlag? Werdet Ihr uns nun alle töten lassen? Wollt Ihr...«
Plötzlich fuhr ein scharfer Schmerz wie ein Blitzschlag durch ihren Kopf. Sie schrie auf und fiel zu Boden.
Falk war sofort zur Stelle. Er warf sich neben ihr auf die Knie und riss an seinen Fesseln.
»Nein!«, rief Nebelfinger und wehrte sich gegen den Elf, der ihn festhielt. Sabrina vernahm einen dumpfen Schlag und das Poltern, als ihr Cousin zu Boden ging.
»Ich werde alles erklären«, murmelte Guenio ruhig. »Schweigt und hört zu. Nickt, wenn Ihr verstanden habt und ich werde aufhören.«
Obwohl der Schmerz kaum zu ertragen war, konnte Sabrina jedes seiner Worte deutlich verstehen. Ich werde aufhören? Er tat ihr das an?!
Wie schockierend, beängstigend und verwirrend diese Aussage auch war, sie musste diesem Schmerz entkommen, selbst wenn das bedeutete, dem Befehl dieses blauen Scheusals zu gehorchen. So riss sie den Kopf auf und ab - nickte.
Von einer Sekunde auf die andere war der Schmerz weg. Als wäre er nie da gewesen! Sofort hörte Sabrina auf zu schreien. Erstaunt klappte sie den Mund zu. Sie blickte auf und sah Falks besorgtes Gesicht über ihrem schweben.
»A-alles... gut...«, stammelte sie und blinzelte. Sie drehte denk Kopf, um nach Nebelfinger zu sehen. Ihr Cousin lag bewusstlos am Boden. Einer der Elfen musste ihn bewusstlos geschlagen haben. Sie richtete ihren Blick wieder auf Falk, der sie noch immer anstarrte. Der Ausdruck in seinen Augen veränderte sich von besorgt zu erleichtert und dann zu unkontrollierter, rasender Wut. Langsam hob er den Kopf und fixierte den Geist. »Ihr wart das?! Ihr?! Ich werde Euch...«
Sabrina stemmte sich hastig hoch und zischte dem Piraten zu: »Nein, nein! Tu das nicht. Ich weiss nicht wie oder wieso, aber er kann Dinge mit dir machen... Dinge... Das willst du nicht...« Ganz sicher würde Guenio nicht zögern, auch Falk auf die Art zum Schweigen zu bringen. Das durfte sie auf keinen Fall zulassen!
Tatsächlich verstummte Hook. Gequält sah er zu ihr auf. Er schwieg. Hatte er die Angst in ihren Augen gesehen?
Sie wusste nicht, wer sie packte und wegzerrte. Es interessierte sie nicht. Ihr Blick ruhte auf Falk. So sehr sie Guenio auch hasste, wie gross ihre Angst vor ihm war und egal mit welcher Sicherheit sie wusste, dass dieser blaue Geist Kräfte besass, die er gar nicht besitzen dürfte und viel zu mächtig waren, ihr war Falk wichtiger. Guenio hatte sie dazu bewegt, sich seinem Willen zu beugen, doch gebrochen hatte er sie bei weitem nicht. Der Schmerz war schrecklich, doch aufgegeben hatte sie nicht. Für den Moment vielleicht. Doch nicht völlig. Dem Schmerz selbst konnte sie vielleicht widerstehen, doch wie weit würde Guenio gehen, um sie zu unterwerfen. Sollte er Hook benutzen... Was würde sie tun?
Sabrina wurde unsanft auf einen Stuhl abseits gedrückt. Falk musste neben ihr stehen bleiben. Von hier aus hatten sie wenigstens einen Überblick über das Geschehen.
Mondkind hatte begonnen wie wild in den Armen der Stürmerelfs, der sie festhielt, zu strampeln. »Nebelfinger!«, jammerte sie. »Bruder!«
»Keine Angst, meine Kleine«, säuselte Guenio. »Dein geliebter Rabe hält nur ein kleines Nickerchen...« Dann hob er den Kopf und befahl einem der Elfen: »Bring ihn nach draussen. Die frische Luft wird ihm guttun. Wenn er aufwacht, kneble ihn. Er sollte sowieso nicht hier sein. Nur verletz ihn nicht.«
Augenblicklich setzte der Elf sich in Bewegung und schleifte Nebelfinger an einem Bein aus dem Zelt.
Jeremy Topper hielt sich mit sichtbarer Mühe zurück. In den grünen Augen glitzerte irrsinnige Wut. »Wer bist du?«, fauchte er. Sabrina bemerkte, wie er heimlich immer mehr zur Seite wich. In die Richtung, in der der Elf stand, der den Sack umklammerte, in dem ihre Waffen lagen.
Guenio legte den Kopf schief. Seine Augen schimmerten metallisch im fahlen Licht. Diese Augen... sie liessen ihn seelenlos wirken. Welch Ironie das doch war. Ein Geist ohne Seele...
»Oh, Hutmacher. Als ob Ihr das nicht wüsstet. Ihr habt es doch schon seit jeher geahnt, nicht? Ich habe es Euch angesehen. Wie Ihr versucht habt, mich zu studieren, mir nachzuspionieren. Wie tragisch, dass Ihr dabei eher mehr von Euch selbst verraten habt, als Ihr rausfinden konntet.«
Jeremy Topper sagte nichts. Die Lippen, die sonst immer die Farbe reifer Himbeeren hatten, waren nun nicht mehr als ein bleicher Strich, so fest presste er sie aufeinander.
Guenio schien das als Anregung, weiterzusprechen, zu empfinden und so lehnte er sich zurück und erklärte: »Vor zweihundertvierzig Jahren verschwanden die Herrscher. Gerüchte gab es viele. Viele behaupteten, sie hätten den Zeittot erfahren. Andere glaubten, man hätte sie in die sterbliche Welt gebracht und sie tatsächlich umgebracht. Andere behaupteten, die Herrscher lägen in Ketten in den Kerkern ihres eigenen Palastes. Niemand kannte die ganze Wahrheit. Erst als Ihr, junge Herrscherin, in diese Welt zurückkehrtet, verbreitete sich die Wahrheit. Die Herrscher waren geflohen. Geflohen in die sterbliche Welt.«
»Was hat das mit alle dem zu tun?«, fragte der Hutmacher misstrauisch.
Guenio reagierte nicht auf die Frage sondern fuhr fort: »Irgendwann während den ersten hundert Jahren unter der Knechtschaft der Dunklen entschloss ich mich, den Rebellen im Norden anzuschliessen. Zuvor hatte ich mich stets aus den Angelegenheiten der Lebenden rausgehalten. Ich lebte als Einsiedler in einer Höhle an den Küsten von Geysiria.«
»Wieso seid Ihr überhaupt aus Eurem Loch gekrochen, Guenio?«, schnaubte der Hutmacher verächtlich.
Der Geist grinste breit. »Ihr, junger Hüter. Ihr. Als ich hörte, dass unter den Rebellen auch der Hüter der Prophezeiungen wäre, konnte ich nicht widerstehen. Der Legende nach starben die Orakel schon vor Jahrtausenden aus. Ihre Wächter beschützten fortan nur noch die Prophezeiungen. Und Euch, Jeremy Topper, nannte man immer den letzten Hüter. Ich konnte nicht widerstehen, Euch kennen zu lernen. Und dann entdeckte ich noch so viel mehr...«
Jeremy Topper machte einen Satz. Mit einem weiten Sprung, der jede Katze neidisch gemacht hätte, warf sich der Hutmacher auf den Stürmerelf, der den Waffensack hielt. Der Elf kreischte und wurde vom Körpergewicht seines Angreifers zu Boden gerissen. Sie wälzten sich auf dem Boden. Jeremy Toppers Hut rollte über den Boden. Der Elf zog ein Messer...
»Pass auf!«, rief Mondkind.
Sabrina warnte ihn: »Das Messer!«
Doch ihre Sorge war unbegründet. Jeremy Topper war ein Kampfkünstler. Mit seinen Beinen würgte er den Elf. Mit den Knien presste er ihn zu Boden. Der Elf schlug um sich. Blind fuchtelte er mit der Waffe herum, in der Hoffnung, irgendetwas zu treffen. Geschickt fing Jeremy das Handgelenk mit dem Messer mit seinem Ellbogen ein und riss diesen hoch. Es knackte, als irgendetwas in der Hand des Elfs brach. Das Messer entglitt seinen Fingern, als er das Bewusstsein verlor. Der Hutmacher fing es mit seinen noch immer gefesselten Händen auf und zerschnitt seine Fesseln. Dann riss er den Sack auf und zog seine Nadelwaffen heraus.
Keuchend stand er nun da. Zu seinen Füssen der verdrehte Körper des Elfs, den er mit den Beinen gewürgt hatte, bis dieser ohnmächtig geworden war. Er selbst schien beinahe unverletzt. Eine Schramme über seinem Auge, eine blutige Lippe und einer seiner Ohrringe hatten sein rechtes Ohrläppchen ein Stück eingerissen.
»Juhu!«, jubelte Mondkind und klatschte fröhlich in die Hände.
»Bei Klyuss«, entfuhr es Falk, der den Hutmacher mit offenem Mund anstarrte. Sabrina ging es nicht besser. Sie hatte ja gewusst, dass Jeremy Topper mehr war, als er vorgab zu sein, doch das... das war episch...
Als nächstes wandte der Hüter sich an den Elf, der Mondkind festhielt. Sofort riss dieser einen Dolch aus seinem Gürtel und hielt ihn Mondkind an die Kehle.
Sabrina keuchte. Falk knirschte mit den Zähnen. Das Kinderorakel hörte auf zu Jubeln. Sie hielt einfach ganz still und lächelte Guenio an.
Jeremy Topper zögerte, doch dann hob er das Schwert. »Das würdest du nicht wagen.«
Guenio hatte das ganze Spektakel seelenruhig beobachtet. Erst jetzt räusperte er sich und brummte: »Lasst das, junger Hüter. Ich bin noch gar nicht fertig mit meiner Geschichte.«
»Lasst sie gehen!«, fuhr der Hutmacher ihn an.
»Das ist ja sonderbar«, murmelte Guenio. »Ihr zögert...«
»Lasst sie gehen!«, brüllte Jeremy Topper erneut und wirbelte herum. Er trat ganz nahe an den Geist heran und hielt ihm sein Schert vor die Brust.
Guenio lachte und knurrte: »Ich bin schon tot. Ihr könnt mich nicht töten.«
»Diese Waffe vielleicht nicht, doch wir beide wissen, dass es Klingen gibt, die selbst das ewige Leben vernichten können. Wir beide haben eine dieser Waffen vor nicht allzu langer Zeit zu Gesicht bekommen, erinnert Ihr Euch?«, zischte Jeremy so leise, dass Sabrina ihn beinahe nicht verstanden hätte.
Guenios Augen wurden gross. Einen kurzen Moment zuckten die Goldaugen in Sabrinas Richtung.
Klingen, die selbst das ewige Leben vernichten können? Sabrina verstand nicht. Nichts konnte eine Märchenfigur in der sterblichen Welt töten! Oder... oder etwa nicht? Und wieso sah er sie an?
Was sie jedoch noch viel, viel mehr durcheinander brachte, war, der Ausdruck in Guenios weit aufgerissenen Augen.Ein Ausdruck, den sie nicht deuten konnte. War das Sehnsucht? Gier?Sie wusste es nicht... Doch das eigenartigste an Guenios Blick war, dass sie ihn kannte. Genau diesen Ausdruck hatte er schon mal in den Augen gehabt. Er hatte schon einmal so ausgesehen! Nur wann? Sie konnte sich nicht daran erinnern...
Doch im nächsten Moment fixierten die Goldaugen auch schonwieder den Hutmacher.
»Selbst wenn dies der Wahrheit entsprechen würde... Ihr, junger Hüter, wisst ganz genau, dass diese Waffe zu mächtig für Euch wäre. So weit würdet selbst Ihr nicht gehen. Schliesslich habt Ihr selbst gesehen, was zu viel Macht mit einem Menschen macht, nicht wahr?«
»So war das nicht...« Jeremys Stimme klang brüchig.
»Anfangs nicht. Nein, am Anfang war da nur die Liebe. Die Liebe, dieses Gefühl. Dieses nervigste Exemplar der Emotion. Ein selbstzerstörender, irrationaler Impuls, der sich als Freude verkleidet.«
»Von was reden die da?«, flüsterte Falk verwirrt.
»Keine Ahnung«, antwortete Sabrina. Ihr Kopf war voll von Fragen, auf die sie keine Antwort hatte. Was für eine Waffe? Warum hatte Guenio sie angesehen? Auf was spielte der Geist da gerade an? Und wie viel wusste er?
Bisher hatte der Geist nur von den Hütern der Prophezeiungen, die früher die Wächter der Orakel gewesen waren, gesprochen. Aber wusste er auch von Mondkind? Und was hatte das alles mit ihnen zu tun? Wieso waren sie hier?
Wenigstens musste Sabrina sich jetzt keine Sorgen mehr darum machen, ob der Geist ihre Gedanken abhörte. Zwar hinderte der Obsidian sie daran, von ihren Kräften Gebrauch zu machen, dafür war sie gegen Guenios Telepathie immun.
»Was wollt Ihr, Guenio?«, fragte Jeremy Topper erschöpft.
Der Geist lächelte. »Es ist wahrhaft faszinierend. Ganz klar seid Ihr ein Krieger, junger Hüter. Ihr seid aggressiv, schnell, intelligent, brutal, temperamentvoll, eigensinnig, wild und wagemutig. Und doch seid Ihr auch geduldig, stark, grossherzig, aufopfernd, vorsichtig, voll Sorge und scheut allzu grosse Risiken.« Er machte eine Pause und musterte den Hutmacher. »Ihr tragt Gladito und Clytia bei Euch. Schwert und Schild. Alle beide.«
Der Hutmacher versteifte sich. »Es gibt nur noch mich.«
»Ihr habt die also auch die Aufgabe Eures Bruders übernommen«, stellte der Geist fest. Er legte den Kopf schief. »Es scheint, als habe sich nun beides in Euch manifestiert, doch was seid Ihr wirklich? Patron oder Paladin?«
Jeremy schien nicht zu wissen, was er nun tun sollte. Seine Wut schien weitgehend verflogen und einer tiefen Traurigkeit gewichen zu sein. Doch auf einmal liess er sein Schild sinken und hob stattdessen sein Schwert an, bis es auf die Kehle des Geistes zeigte. »Paladin«, knurrte er grimmig. »Der Krieger. Mein Bruder war der Patron. Doch als er... Ich musste auch seinen Platz einnehmen. Nun bin ich Paladin und Patron. Waffe und Rüstung, Angriff und Verteidigung, Krieger und Beschützer gleichermassen.« Kurz drehte der Hutmacher den Kopf in Richtung Sabrina und Falk. Knapp erklärte er: »Die Wächter der Orakel waren nicht grundlos immer zu zweit. Der eine beschützte das Leben des Orakels. Der andere nahm für das Orakel Leben.«
Guenio sah verächtlich auf Jeremy Topper herab. »Doch Ihr, junger Hüter, Ihr brecht dieses Gesetz. Ihr seid Träger beider Waffen. Ihr bringt das Gleichgewicht auseinander!«
Der Hutmacher lief knallrot an. »Erzählt Ihr mir nichts von den Gesetzen des Universums. Erzählt Ihr mir nichts von den Regeln der Hüter! Seht Euch an! Natürlich hatte ich es geahnt. Und nun liegt es klar auf der Hand. Auch wenn es völlig unmöglich und unerklärbar ist... Ihr seid ein Hüter!«

Uralte Fassung (1): Twos - Die Prophezeiung von Feuer und EisWhere stories live. Discover now