Kapitel 20

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Jason

Als ich das erste Mal seit drei Tagen wieder auf den Hof darf, muss ich blinzeln, da ich die grelle Sonne nicht mehr gewöhnt bin. Ich hebe mein Gesicht zum Himmel, um mehr von den Sonnenstrahlen abzubekommen. Ein kleines Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, da ich mich über so etwas banales wie frische Luft und ein wenig Sonnenschein erfreuen kann. Früher wusste ich so etwas nie zu schätzen, aber jetzt ...

Die Wärter nehmen mir die Hand- und Fußfesseln ab und ich lasse meinen Blick über den Hof schweifen. Ein paar der Häftlinge sehen argwöhnisch zu mir herüber, wenden jedoch ihren Blick ab, als sie bemerken, dass ich sie anstarre. Von Samuel Chims und seinem Gefolge ist keine Spur. Entweder geht er jetzt zu einer anderen Zeit wie ich nach draußen oder er ist in Einzelhaft.

Ich bin froh, dass die Stichwunde nicht mehr wehtut und meinetwegen kann dieser Idiot solange allein in seiner Zelle schmoren bis ich hingerichtet wurde.

Ich verziehe das Gesicht, als ich daran denke, dass es tatsächlich nicht mehr so lange hin ist.

Wird es wehtun?

Oder werde ich mich wie manch anderer Häftling minutenlang quälen?

Ich verdränge den Gedanken ganz schnell. Ändern kann ich daran sowieso nichts.

Meine Schritte beschleunigen sich, sobald ich Phil am Ende des Hofes erkenne. Wie ein Häufchen Elend sitzt er zusammengesunken auf einer Bank und blickt nur kurz auf, als er mich kommen sieht.

»Hey«, begrüße ich ihn und klopfe auf seine Schulter, bevor ich mich neben ihn setze. Er brummt etwas, was ich nicht verstehe, aber seine Körperhaltung sagt mir alles. Irgendetwas stimmt nicht. »Alles okay?«, frage ich ihn dennoch.

»Hm«, gibt er von sich und weicht meinem Blick aus.

»Schieß los. Über was machst du dir Gedanken?«

Phil scharrt mit seinen Schuhen auf den Boden herum, bevor er mir antwortet. »Über alles. Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich Angst vor der Hinrichtung habe. Aber ich mache mir Sorgen, dass meine Marge mir im Himmel vielleicht doch nicht verzeiht. Ich hatte lange Zeit über meine Tat nachzudenken, doch bis heute begreife ich nicht, wie ich den einzigen Menschen den ich geliebt habe, umbringen konnte.« Seine Stimme bricht und ich sehe ihn mitfühlend an.

In meinem Hals bildet sich ein Kloß. Was soll ich darauf schon sagen? Es war grausam, was er seiner Frau angetan hat, aber dass kann er nicht mehr ändern.

»Bereust du es?«, frage ich ihn und er nickt, ohne zu zögern. »Das ist das Einzige, was jetzt noch zählt. Manche die hingerichtet werden, bereuen ihre Tat nicht einmal. Sie rühmen sich stattdessen damit, dass sie Kinder oder Frauen umgebracht haben. Aber du bist anders. Du hast ein Gewissen. Ein Gewissen, das viele schon lange bevor sie hier gelandet sind, verloren haben. Ich habe keins mehr, Phil. Eigentlich müsste ich Reue dafür empfinden, dass ich Aaron Jones getötet habe. Aber ich tue es nicht. Entweder liegt es daran, weil ich mich nicht erinnere oder weil ich es tatsächlich nicht getan habe. Vielleicht ist es mir egal, dass ich einem Menschen das Leben geraubt habe. Das einzige was aber hier drinnen zählt, ist, dass du ein besserer Mensch bist, auch wenn die Leute außerhalb des Gefängnisses nicht so denken. Du bist ein guter Kerl, Phil. Vergiss das nicht.«

Er hebt seinen Kopf und sieht mich aus müden Augen an. Seine Mundwinkel zucken, als wollte er lächeln, aber er tut es doch nicht. »Danke«, flüstert er und ich zwinkere ihm zu.

»Nicht dafür«, antworte ich und beschließe, dass es höchste Zeit ist für einen Themenwechsel. »Wie lief es die letzten Tage? Irgendetwas Interessantes passiert?«

Phil lehnt sich auf der Bank zurück und sieht nicht mehr ganz so bekümmert aus, wie vor ein paar Minuten. »Oh ja. Du hast eine Menge verpasst.«

Ich lausche gespannt seinen Erzählungen und fühle das erste Mal seitdem ich hier drinnen sitze, etwas das ich sonst immer sofort im Keim erstickt habe. Hoffnung.

Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch alles zum Guten wendet. Auch wenn es sinnlos ist.

*Heute mal nur ein kleines Kapitel. <3 Das nächste gibt es wieder in einer Woche. <3*

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