Kapitel 51

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Jason

Eine Woche und vier Tage bis zur Hinrichtung  

»Willkommen in der Freiheit«, begrüßt mich Leo und schüttelt breit lächelnd meine Hand.

Ich erwidere sein Grinsen und kann nicht fassen, dass ich die Gefängnismauern doch verlassen werde. Das habe ich alles Sura zu verdanken! Ohne sie wäre niemals die Wahrheit herausgekommen und ich wäre schon längst durch die Giftspritze gestorben. Mich schaudert es bei dem Gedanken, doch ich verdränge es schnell.

Darüber brauche ich mir jetzt keine Gedanken mehr machen. Ich bin ein freier Mann!

»Fühlt sich seltsam an, nicht wahr?«, fragt mich Leo und ich nicke.

»Und wie. Kommt mir fast so vor, als hätte ich die Chance auf ein zweites Leben bekommen.«

»Die hast du auch«, sagt er dieses Mal ernster.

»Wo ist Sura?«

»Sie wartet auf dich.«

Mein Herz pocht prompt einen Takt schneller und ich streiche mir durch die Haare, die mittlerweile wieder ein paar Zentimeter lang sind. Ich kann mein Glück gar nicht fassen. Wie kann es sein, dass ich noch bis vor ein paar Wochen dachte, ich würde hingerichtet werden und jetzt? Jetzt kann ich endlich die Frau, ohne Geheimniskrämerei, in die Arme schließen, die all das möglich gemacht hat.

»Danke, Kumpel«, sage ich zu Leo und strecke ihm meine Hand hin. Er schlägt mit seiner ein und grinst mich an.

»Gern geschehen. Aber auf eine Wiederholung kann ich verzichten.«

»Ich auch«, murmle ich und gehe ein paar Schritte. Die Sonne blendet mich, sodass ich die Augen zusammen kneifen muss. Autos fahren vor dem Gefängnis hin und her und keiner nimmt Notiz von mir.

Eine Autotür wird zugeworfen und ich drehe mich in die Richtung. Sura steht an einem Wagen und lächelt mich zaghaft an. »Sura«, murmle ich und gehe auf sie zu. Sie läuft mir entgegen und meine Schritte beschleunigen sich.

Als ich bei ihr bin, schließe ich sie stürmisch in eine Umarmung und sie schlingt ihre Arme um meinem Hals. Worte sind in diesem Moment nicht nötig. Ihr Schluchzen an meiner Halsbeuge und mein glückliches Aufseufzen sind Antwort genug.

»Endlich kann ich dich in den Armen halten«, sage ich und lehne mich zurück, um sie ansehen zu können.

Tränen rinnen ihr über die Wangen und ich streiche sie mit dem Daumen sanft weg. »Nicht weinen«, flüstere ich und sie lacht auf.

»Das sind glückliche Tränen.«

»Ganz sicher?«, frage ich unsicher und sie nickt. Ich will noch so viel mehr sagen, doch sie stellt sich auf Zehenspitzen und presst ihre Lippen auf meine.

Mein Herz pocht wie wild gegen meine Rippen und ich presse sie enger an mich.

»Häftling 3367, dein Essen«, ruft ein Wärter laut und ich schrecke so abrupt hoch, dass ich fast von der Pritsche rutsche. Mein Puls rast wie verrückt und ich brauche einen Moment um zu realisieren, wo ich mich überhaupt befinde.

Die Klappe in der Tür geht auf und ein Tablett wird hindurch geschoben, doch ich reagiere gar nicht. Wieso zum Teufel träume ich von meiner ... meiner Freilassung, frage ich mich. Das wird nicht passieren. Niemals. Ich sitze hier fest.

Es sei denn Sura findet die Wahrheit doch heraus, schießt es mir durch den Kopf, aber das ist unmöglich. Die paar Tage die noch bleiben, werden nicht reichen. Wenn es überhaupt etwas herauszufinden gibt, denke ich mir bitter und stehe auf. Ich stütze mich an der Wand ab, da mir kurz schwarz vor Augen ist.

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