Kapitel 21

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Sura

Drei Wochen und ein Tag bis zur Hinrichtung

Am Morgen stehe ich wie gerädert auf, da ich die Nacht kaum ein Auge zugetan habe. Die ganze Zeit über, habe ich überlegt, wie ich hilfreiche Antworten bezüglich Jason bekommen könnte.

Ich kann ja schlecht zur Polizei gehen und sie nach dem Video von der Bar fragen. Da könnte ich mir genauso gut mit schwarzem Edding auf die Stirn malen, dass ich annehme, dass sie Beweismaterial unterschlagen. Das würde für mich den beruflichen Selbstmord bedeuten und die Hinrichtung von Jason besiegeln. Selbst das, was ich heute vorhabe, ist eigentlich viel zu riskant. Ich muss es aber dennoch versuchen.

Vor sechs Tagen dachte ich, dass ich noch genügend Zeit hätte. Aber jetzt ... Ich bekomme schon fast Panik, wenn ich daran denke, wie tief ich womöglich graben muss, um die Wahrheit herauszufinden. Und all das mit den Gedanken im Nacken, dass wenn ich versage, Jason stirbt.

Mir stellt sich eine Gänsehaut auf und ich springe förmlich aus dem Bett, um keine weitere Minute mit sinnlosen Grübeleien zu verschwenden.

Ich stelle mich unter die Dusche, ziehe mir danach etwas über und sammle meine Notizen vom Küchentisch zusammen. Den Laptop stecke ich ebenfalls in meine Tasche und schon bin ich auf dem Weg zur Tür.

„Miau!" Ich drehe mich abrupt um, als mir einfällt, dass ich das wichtigste beinahe vergessen hätte. Hector sitzt an der Küchentür und sieht mich böse an.

„Tut mir leid, Schatz. An dich hatte ich jetzt gar nicht mehr gedacht." Ich stelle meine Tasche im Flur ab, strecke meine Hand aus um meinen Kater zu streicheln, doch ich werde sofort mit Missachtung gestraft. Ich seufze und gehe ihm hinterher und fülle seinen Napf mit frischem Nassfutter. Er riecht daran, verzieht angewidert das Gesicht und huscht wieder an mir vorbei. „Schönen Dank auch", murmle ich vor mir hin, da Hector so tut, als hätte ich faulige Eier hineingelegt.

Ich schnappe mir einen Apfel als Frühstück vom Tisch und hechte aus der Wohnung. Von Hector ist nichts zu sehen, deshalb rufe ich nur ein Tschüß, auch wenn ich weiß, dass es ihm egal ist. Manchmal frage ich mich, warum ich mir keinen Hund zugelegt habe. Mit Sicherheit wäre der dankbarer.

Eilig nicke ich meiner Nachbarin zu, die eben die Post aus dem Briefkasten holt und gehe zu meinem Auto. Mit zittrigen Fingern schließe ich es auf und steige ein. Meine Tasche werfe ich auf den Beifahrersitz und ich schalte die Navi-App auf dem Handy ein, um zu Aaron Jones ehemaligen Büro zu fahren. Seine Sekretärin arbeitet nach wie vor dort, jedoch nun für jemand anderes. Ich bin gespannt, wie sie reagieren wird, wenn ich sie auf den Mord anspreche.

Nach einer kurzen Fahrt, komme ich vor einem riesigen Bürokomplex an. Ich hatte eher erwartet, dass es ein kleines Büro ist. Aber so etwas ... Egal, ich ziehe das jetzt durch, rede ich mir gedanklich selbst ein.

Ich parke mein Auto in einer Querstraße ab und stecke lediglich mein Handy ein, als ich mich auf dem Weg mache.

Während ich die riesige Eingangshalle betrete, fühle ich mich sofort beobachtet. Ich gehe selbstbewusst und ohne Scheu auf die Empfangsdame zu, die mich mit hochgezogenen Augenbrauen mustert. „Kann ich Ihnen helfen?", fragt sie und ich setze mein bestes Lächeln auf.

„Ich würde gerne zu Mrs. Mires. In welcher Etage finde ich Sie?", frage ich freundlich und bemerke, wie das Misstrauen in den Augen der Empfangsdame wächst.

„Haben Sie einen Termin?", fragt sie hochnäsig.

„Natürlich", lüge ich und lächle dabei.

Sie greift nach dem Telefon. „Ich rufe Mrs. Mires an und melde Sie an."

ENEMIESWhere stories live. Discover now