Kapitel 42

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Sura

Jetzt oder nie, spreche ich mir gedanklich selbst Mut zu und steige aus meinem Auto aus.

Den ganzen Morgen habe ich, genau wie schon gestern, hin und her überlegt, ob es eine gute Idee ist bei Brandon erneut zu klingeln. Doch es nützt nichts. Ich muss es versuchen.

Mit großen Schritten gehe ich auf sein protziges Haus zu. Ohne zu zögern, drücke ich auf die Klingel und warte angespannt.

Einen Augenblick später höre ich, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wird und die Tür geht auf. Ob ich darüber froh sein soll oder nicht, kann ich mir gerade selbst nicht wirklich beantworten. Wahrscheinlich trifft Ersteres am besten zu.

Brandon Thompson, dieses Mal ohne Dienstkleidung, steht an der Türschwelle und sieht mich zunächst freundlich an. Als er mich jedoch erkennt, wird sein Gesichtsausdruck grimmig.

»Sie?«, spuckt er mit bedrohlichem Unterton aus und mir stellt sich eine Gänsehaut auf. Vielleicht war es doch keine so geniale Idee ihn zu konfrontieren. Immerhin ist er Polizist und hat mit Sicherheit Waffen zu Hause. Gut, dass mir das erst jetzt einfällt, denke ich mir besorgt.

Ich wische meine Sorgen jedoch eilig beiseite, als sein Blick immer misstrauischer wird. Mutig straffe ich meine Schultern und setze mein bestes Reporterlächeln auf.

»Es tut mir leid, wenn ich Sie störe, Mr. Thompson, aber ich würde mich gerne kurz mit Ihnen unterhalten«, sage ich freundlich.

»Worüber?«, blafft er und verschränkt seine Arme vor der breiten Brust.

»Über Jason Strent.« Seine Augen weiten sich genau wie gestern für einen Sekundenbruchteil, doch er fängt sich schnell.

»Ich wüsste nicht, wieso.«

»Darf ich kurz reinkommen? Vielleicht ist es besser, wenn wir das nicht zwischen Tür und Angel klären«, bitte ich ihn und er presst daraufhin die Lippen zusammen.

»Nein«, knurrt er, obwohl ich mir die Antwort bereits von seiner Körpersprache ablesen konnte. Es wird wohl Zeit, meine Taktik zu ändern. »Verschwinden Sie jetzt von hier, bevor ich Sie anzeige, weil Sie einen Cop belästigen.«

Na ja, wäre immerhin nicht die Erste, denke ich mir schmunzelnd.

»Sicher das Sie nicht mit mir reden möchten, Mr. Thompson?«, versuche ich es noch einmal auf die nette Tour, doch er reagiert gar nicht. Tja, wie er möchte.

Okay, Showtime.

»In zwei Wochen wird Ihr ehemals bester Freund hingerichtet. Sie wissen genauso gut wie ich, dass er Aaron Jones nicht getötet hat.« Er will etwas sagen, aber ich spreche schnell weiter und bringe ihn so wieder zum Verstummen. »Ich weiß auch, dass sie das Video aus der Madness-Bar von der Mordnacht unterschlagen haben. Jasons Zeit läuft mit jeder weiteren Minute ab und womöglich könnte man mit diesem Video zumindest einen Gnadengesuch bewilligen lassen. Wollen Sie wirklich am Tod von ihm schuldig sein? Wollen Sie etwa einen Unschuldigen sterben lassen? Und nein, Jason hat mich nicht geschickt. Er hat sofort abgestritten, dass sie zu so etwas fähig wären.« Ich sehe Brandon ernst an und für einen Moment verrutscht seine knallharte Maske. Zwar weiß ich nicht, dass er das Beweisvideo unterschlagen hat, doch sein Gesichtsausdruck ist Antwort genug. Vorher war es nur eine Vermutung, jetzt ist es absolut sicher. Brandon steckt in der ganzen Sache mit drin. Nach wie vor, blickt er mich an, sagt jedoch kein Wort.

»Es wäre besser, wenn Sie gehen. Ich habe damit nichts zu tun.« Verwundert hebe ich meine Augenbrauen. Tatsächlich hatte ich erwartet, dass er mich beschuldigt, ihm Verleumdung vorzuwerfen, aber dass gar nichts von ihm kommt, überrascht mich.

ENEMIESWhere stories live. Discover now