Kapitel 2

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"Haha, das war ein guter Scherz!", lache ich, aber es ist nicht mein richtiges Lachen. Auch wenn ich es gerade gesagt habe, finde ich das gar nicht so lustig.

"Was meinst du mit Scherz?", fragt Lori ernst. "Oh, das mit der Dating-Webseite? Nein, das hab ich wirklich so gemeint."

"Nein, bitte nicht", sage ich leise seufzend. "Ich möchte das nicht. Nachher melden sich richtige Volldeppen bei mir. Da bleib ich lieber Single als mich mit solchen Losern abzugeben."

Meine beste Freundin lässt allerdings nicht locker. Doch so kenne ich sie auch. "Okay, möglicherweise hast du recht. Aber du könntest auch die Liebe deines Lebens finden. Ich kenne ein Paar, das sich auf diese Weise kennengelernt hat und jetzt sage und schreibe acht Jahre zusammen ist."

Gerade als ich wieder etwas erwidern möchte, geht die Tür auf und der Lehrer stürmt herein. "Entschuldigt die Verspätung, die Konferenz dauerte etwas länger", erklärt er, während er seine Tasche ausräumt. Meiner Meinung nach hätte er sich gar nicht entschuldigen müssen; es hat ihn keiner vermisst.

"Wir kommen später nochmal darauf zurück", versichert mir Lori und richtet ihre volle Aufmerksamkeit auf den Mann vorne am Pult. Na gut, folgen wir eben dem Unterricht.

Ach, übrigens haben wir jetzt Chemie. Mein absolutes Lieblingsfach. Herzlich Willkommen, Ironie.

Na ja, jedenfalls ist es ziemlich langweilig und ich bin mir sicher, ihr wollt nichts davon wissen. Und selbst wenn, ich könnte es euch nicht erklären, weil ich es selbst nicht verstehe.

Zum Glück muss ich meine Abschlussprüfungen nicht zwangsweise in diesem Fach schreiben. Sonst würde ich verkacken. Und zwar nicht nur ein bisschen.

Aber egal. Ich möchte euch nicht mit diesem Thema nerven.

Tatsächlich kommen wir erst nach der Schule auf unser vorheriges Thema zurück. Der Vormittag war etwas anstrengend, weshalb wir gar nicht mehr daran gedacht haben. Das wiederum war kein Problem für mich.

"Alsooo", zieht Lori das Wort in die Länge, um das Gespräch einzuleiten. Da wir momentan zur Bushaltestelle laufen und uns durch die Menschenmengen drängen müssen, fällt es mir schwer, sie zu verstehen.

"Was hast du gesagt?", frage ich deshalb, worauf sie entgegnet, dass sie noch gar nichts gesagt habe. Upps, da hab ich mir wohl was eingebildet.

Es dauert nicht allzu lange, bis der Bus kommt. Und was für ein Wunder; wir bekommen beide einen Sitzplatz und das auch noch nebeneinander!

Das bedeutet jedoch, dass wir über das mit der Dating-Webseite reden können. Wenn ich ehrlich bin, hatte ich gehofft, dass Lori es wieder vergisst.

"Okay, fangen wir nochmal von vorne an", beginnt sie schließlich. "Ich denke, du kannst damit wirklich Erfolg haben. Die Leute haben dort alle ein Profilbild und eine Beschreibung ihres Charakters. So hast du schon einmal einen ersten Eindruck und kannst sehen, ob sich bei der Person um einen Volldeppen handelt oder nicht. Dann nimmst du ihn in deine Kontakte auf und ihr schreibt miteinander. Vielleicht entsteht dadurch eine Art Bindung, verstehst du?"

"Aha, ja, ich verstehe", meine ich. "Danke für die ausführliche Erklärung. Eine Frage hätte ich da aber noch: Woher weißt du das alles?"

"Na ja, sagen wir mal so", antwortet sie, "meine Mom hat mich mal da angemeldet. Du kennst sie doch, sie ist echt verrückt." In dieser Hinsicht liegt sie vollkommen richtig. Ihre Mutter kann manchmal wirklich seltsam sein.

Einmal hatte sie sich einige Bikinis bestellt und sie ausprobiert, während ich mit Lori an einem Schulprojekt arbeiteten. War nicht gerade die beste Modenschau.

"Jedenfalls kenne ich mich da gut aus, also musst du dir keine Sorgen machen, falls du mal was nicht kapierst. Frag einfach mich", schlägt meine Freundin vor, wofür ich mich bedanke, auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob ich das echt durchziehe.

Wenn ich genauer darüber nachdenke, ist die Idee eigentlich gar nicht mehr so schlecht. Ich habe wirklich Bock, einen Typen kennenzulernen, und falls ich mir mal nicht sicher bin, kann ich einfach Lori fragen. Ich glaube, sie kennt sich damit aus.

"Na gut", sage ich schließlich. "Ich mache es." Wow, kaum zu glauben, dass ich das gerade gesagt habe. Wären diese Worte nicht aus meinem Mund gekommen, hätte ich es selbst nicht geglaubt.

"Es kann wirklich nichts schief gehen, ich...", fängt das Mädchen neben mir an, hält jedoch inne. "Moment, was? Ich hab mich doch verhört, oder?"

"Nope", sage ich knapp und warte auf ihre Reaktion. Allerdings ist diese gar nicht so spektakulär, als ich mir vorgestellt hätte.

"Das war ja einfacher, als ich dachte. Ein Hoch auf meine Überzeugungskunst!" Darauf muss ich leicht schmunzeln.

"Wir haben heute keine Hausaufgaben aufbekommen, oder?", erkundigt sich Lori. Ich bin überrascht über den plötzlichen Themawechsel, doch ich schüttele nach kurzem Überlegen meinen Kopf.

"Das ist gut", sagt sie danach. "Dann komme ich nach dem Essen zu dir und wir melden dich gleich schon an. Ich hoffe, das passt in deinen Zeitplan."

"Hast du ein Glück." Noch dazu ist meine Mutter nicht zu Hause, was ich recht praktisch finde. Ich habe nämlich nicht vor, ihr davon zu erzählen, dass ich mich bei einer Dating-Website anmelde. Ich weiß nicht, wie sie reagieren würde, aber ich vermute, es wäre alles andere als angenehm.

Wenig später müssen wir aussteigen. Weil ich nur ein paar Meter von der Bushaltestelle entfernt wohne, müssen wir uns auch nach kurzer Zeit verabschieden. Zumindest für etwa eine Stunde, denn Lori kommt ja, nachdem sie zu Mittag gegessen hat.

Dies mache ich nun ebenfalls. Im Gegensatz zu ihr gibt es allerdings kein Kartoffelgratin - was ich übrigens so gern lieber hätte - , sondern nur belegte Brötchen. Umso schneller bin ich auch fertig.

Um die restliche Zeit zu überbrücken, gehe ich hoch in mein Zimmer und schalte das Radio an. Musik ist einfach mein Leben, ohne sie kann ich nicht leben. Jedoch kenne ich mich mit den Interpreten überhaupt nicht aus. Ich weiß, das klingt echt doof.

Jedenfalls kommt in diesem Augenblick ein Lied, das ich bestimmt schon einmal gehört habe. Ich habe zwar keine Ahnung, wie die Lyrics gehen, doch es kommt mir bekannt vor.

Glücklicherweise hat mein Radio so eine Funktion, mit der man sehen kann, wie das Lied und der Interpret heißt. Als ich den dafür vorgesehenen Knopf betätige, zeigt es mir In My Blood an.

Auf einmal klingelt es an der Haustüre und ich schalte das Gerät aus. Nachdem ich die Treppen herunter gelaufen bin und die Tür geöffnet habe, grinst mich meine beste Freundin an.

"Sorry, bin doch etwas früher gekommen", sagt sie. "Dann legen wir mal los!"

~~~~~

Guten Abend!
Tut mir leid, dass das noch so spät kommt, aber ich hatte plötzlich einfach Lust zu schreiben und mir hat es tatsächlich noch gereicht 😅

Momentan ist es noch nicht besonders spannend, aber ich hoffe, es gefällt euch trotzdem ❤

Internet Love | s.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt