Kapitel 59

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Wo kommt der denn jetzt bitteschön her? Er wird doch nicht alles stehengelassen haben und sich dann extra auf den Weg hierher gemacht, um mich zu sehen. Oder etwa doch? Eigentlich kann ich mir das gut bei ihm vorstellen, denn so habe ich ihn kennengelernt. Aber in letzter Zeit hat sich einiges geändert.

Für einen kurzen Moment überlege ich, ob ich meinen Koffer kurz zurücklassen und Shawn entgegen kommen soll. Wenn ich ihn so sehe, wie er versucht, so schnell wie möglich zu mir zu gelangen - mit der Angst, dass ich jederzeit verschwinden könnte, im Blick -, versetzt es meinem Herzen einen kleinen Stich.

Am liebsten würde ich ihm in die Arme fallen und ihn beruhigen. Sagen, dass ich nicht gehen werde, bevor ich mich von ihm verabschiedet habe. Das ist das, was mein Herz machen würde. Aber mein Kopf ist da ganz anderer Meinung.

Wenn ich so handeln würde, wird er nicht verstehen, was sein Fehler war. Und ich denke, er muss es sich selbst eingestehen. Es bringt ja nichts, wenn ich es ihm sage und er es dann nur abnickt. Das möchte ich nicht, ich will, dass wirklich alles wieder in Ordnung kommt.

"Kyla!", ruft Shawn meinen Namen und gibt immer noch sein Bestes, sich einen Weg aus der Menge zu bahnen. Danach kann ich nicht mehr verstehen, was er sagt, aber wahrscheinlich bittet er seine Fans, ihn durchzulassen. Zwar reagieren die meisten sehr zögerlich, doch er schafft es tatsächlich zu mir.

In meinen Händen kribbelt es. Damit ich der Versuchung einer Umarmung nicht verfalle, verschränke ich meine Arme vor meiner Brust. "Was machst du hier?", gebe ich fast schon schnippisch von mir, was ich jedoch gleich danach bereue.

"Das gleiche könnte ich dich fragen", meint der Sänger ruhig, aber dennoch bestimmt. "Warum gehst du einfach zum Flughafen und willst zurück nach Hause fliegen, ohne mir vorher ein einziges Wort gesagt zu haben? Ich dachte, wir könnten einander vertrauen und uns alles sagen."

Witzig, dass er genau das anspricht. Natürlich gehe ich mit voller Absicht nicht auf diese Aussage ein. "Wie du mir, so ich dir", ist alles, was ich sage. Eigentlich sollte das alle Fragen beantworten, doch er sieht nur noch verwirrter aus. Ich frage mich, wie lange er noch so tun will, als wäre nichts.

"Wie meinst du das?", möchte er mit gerunzelter Stirn wissen. Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie muss ich mich gerade echt zusammenreißen, nicht auszurasten. Es wird sicher irgendwelche Schlagzeilen geben, denn bestimmt hat mindestens ein Mädchen ein Foto von uns gemacht, aber ich will es nicht noch schlimmer machen.

Stattdessen packe ich Shawn am Arm und ziehe ihn mit mir. Meinen Koffer lasse ich außer Acht, was zugegebenermaßen ziemlich leichtsinnig ist. Allerdings müssen wir das nun unter vier Augen klären. Wir sind jetzt an dem Punkt angekommen, an dem wir wirklich keine Zuschauer gebrauchen können.

Als ich die nächstbeste Tür öffne, stelle ich fest, dass es eine Besenkammer ist. Sofort muss ich daran denken, wie Lori und Noah gelegentlich in der Besenkammer unserer Schule verschwunden sind, und muss den Kopf schütteln. Aber egal, wir suchen uns jetzt keinen anderen Raum deswegen.

Da es hier ziemlich eng ist, sind Shawn und ich sehr nah beieinander. Den Kopf nach unten gesenkt, blickt er voller Erwarten von oben auf mich herab, wobei ich seinen Atem ganz leicht an meiner Stirn spüre. Doch ich lasse mich davon nicht durcheinander bringen.

"Bitte tu nicht so auf ahnungslos. Du weißt ganz genau, wie ich das meine", gebe ich von mir, worauf ich erneut auf meine Armbanduhr schaue. Meine Familie und Lori erwarten mich in ein paar Stunden zuhause, ich darf den Flug also nicht verpassen.

"Nein, ich hab echt keinen Plan. In meinem Kopf ist gerade ein richtiges Loch", behauptet er und ich weiß nicht, ob ich ihm glauben soll. "Ich schwöre, ich möchte und könnte dich gar nicht anlügen." Ach, wirklich? Das wollen wir ja mal sehen.

Jetzt ist es Zeit für die Konfrontation. "Wer ist dann diese halbnackte Frau, der du so gierig auf die Brüste schaust?" Die ganze Enttäuschung, die sich aufgestaut hat, kommt nun wieder hoch, weshalb ich auch kein Blatt vor den Mund nehme.

"Wann soll ich einer Frau auf die Brüste gestarrt haben?", fragt Shawn darauf. Auf der einen Seite klingt er nervös, auf der anderen sogar ein wenig belustigt. Dabei ist an dieser Angelegenheit gar nichts lustig.

"Was weiß ich, wann genau das war", antworte ich. "Aber vielleicht hilft dir das weiter: Denk an das Bild, das Andrew vor zwei Tagen gepostet hat." Wenn er jetzt nicht mit der Wahrheit herausrückt, weiß ich auch nicht mehr weiter.

Auf einmal breitet sich auf seinem Gesicht ein großes Lächeln aus. Nun bin ich diejenige, die verwirrt ist. "Du denkst, diese Frau wäre meine neue Freundin, oder wie?", fängt er an zu lachen. "Oh man, Kyla..."

Im nächsten Augenblick liegen seine Hände auf meinen Schultern und ich bin komplett auf ihn fokussiert. Ich schaue ihm die ganze Zeit in die Augen, während er fortfährt: "Ich glaube, das ist ein riesiges Missverständnis. Ich weiß nicht, was du mitbekommen hast, aber ich habe keine neue Freundin. Dieses Bild ist von einem Fotoshooting und sie ist ein Model. Weißt du noch, als Andrew mich so dringend sehen wollte? Das war wegen diesem Shooting. Meine Nase war überraschenderweise egal. Diese Frau und ich haben jedenfalls nichts miteinander zu tun."

Irgendetwas an seiner Stimme lässt mich ihm hundertprozentig glauben. Er klingt so aufrichtig und ehrlich, dass ich ihm gar nicht misstrauen kann. Sofort fällt mir ein Stein vom Herzen, mir wird eine schwere Last von den Schultern genommen. Shawn hat mich nicht betrogen.

"Außerdem", fährt er fort, während er seine eine Hand an meine Wange legt und mit seinem Daumen darüber streicht, "bist du die einzige, mit der ich zusammen sein will. Ich würde dir niemals fremdgehen. Ich hab schon so viele Mädchen kennengelernt, aber nie war die Richtige dabei. Bis ich dich getroffen habe. Ich lasse dich nicht mehr gehen."

"Willst du mich jetzt von meinem Zuhause fernhalten?", schmunzele ich. Natürlich weiß ich, wie er das gemeint hat, was auch unglaublich süß ist, doch das ist gerade das erste, das mir einfällt.

"Das vielleicht nicht, aber wir beide gehören zusammen und das soll sich nicht ändern", erklärt Shawn. "Möglicherweise ist es noch ziemlich früh, das zu sagen, aber Kyla, ich meine es ernst. Ich liebe dich."

Wow, jetzt bin ich wirklich sprachlos. Mir fehlen die Worte. Jedoch können tausend Worte manchmal etwas nicht so ausdrücken, wie es Taten tun können. Deswegen schlinge ich meine Arme um seinen Hals, stelle mich auf meine Zehenspitzen und lege meine Lippen auf seine.

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Heyyy❤️

Ich hab jetzt gleich eine Stunde Latein und dann wieder zwei Freistunden. Ich hab mich dazu entschlossen, in dieser Zeit immer weiter zu schreiben. Dann bekommt ihr auch noch was zum Lesen🙈

Wie geht's euch so?

Internet Love | s.m.Where stories live. Discover now