Kapitel 62

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Wahrscheinlich werde ich jetzt die ganze Nacht nicht schlafen können, weil ich nicht mehr aufhören kann, an diese Nachricht zu denken. An alle Nachrichten, die Alex richtig niedermachen.

"Ich weiß nicht mehr, was ich davon halten soll, Kyla", flüstert Lori leise und schaut betreten auf den Boden. Sie wirkt wirklich ahnungslos und vielleicht sogar etwas hoffnungslos.

Ich kann mir zwar ungefähr vorstellen, was sie damit meint, aber ich möchte sie trotzdem fragen. "Wovon denn?"

"Na, von der ganzen Sache mit Noah", liefert sie mir die Bestätigung. Als sie aufschaut, kann ich durch das Handylicht Tränen in ihren Augen erkennen. "Ich zweifle gerade echt unsere Beziehung an."

Um ehrlich zu sein, habe ich mich schon in Toronto gefragt, wie Lori über das Verhalten ihres Freundes denkt. Und es würde mich wundern, wenn es sie komplett kalt gelassen hätte.

"Am Anfang war er echt toll und ich war total verliebt in ihn" fährt sie fort. "Aber jetzt habe ich das Gefühl, ich kenne ihn gar nicht wirklich. Ich schätze, ich habe mich in ihm getäuscht." Zum Ende des Satzes lässt sie ein Schluchzen verlauten.

Sofort schließe ich meine Arme um sie - so gut das eben in dieser Position geht - und streiche ihr über den Rücken. "Oh, Lori", flüstere nun auch ich. "Die Liebe kann manchmal echt gemein sein. Aber wenn dir mit ihm nicht sicher bist, ist er nicht der Richtige. So hart das auch klingt. Aber du wirst deinen Mr. Right auch noch finden."

"Danke für deine Worte", meint sie und erzwingt sich ein halbherziges Lächeln. "Ich kann nicht glauben, dass ich das jetzt sage, doch ich denke, ich mache Schluss mit ihm. Stellt sich nur die Frage, wie ich ihm das beibringe."

"Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Das wird schon klappen", versuche ich sie zu ermutigen. "Leg dein Handy weg. Wir sollten nun versuchen zu schlafen."

Mit ein paar Sekunden Verzögerung stimmt meine Freundin mir zu, legt das Telefon auf meinem Nachttisch ab und zieht die Bettdecke etwas weiter hoch. Somit schließe ich ebenfalls bald die Augen.

***

"Ja, und dann hat er auf Alex eingeschlagen, worauf der natürlich zurückgeschlagen hat", erzähle ich Lori, während wir zu ihr nach Hause laufen. Da ich sonst nichts zu tun habe, habe ich beschlossen, sie zu begleiten. "Deswegen ist Shawn's Nase auch noch leicht blau, falls du dich gewundert hast."

"Alles klar", erwidert sie überrascht. "Also dass Shawn Mendes, der immer so unschuldig wirkt, mal in einer Prügelei verwickelt ist, hätte ich nicht gedacht. Aber gut, ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass meine beste Freundin mit einem Weltstar zusammenkommt, doch jetzt ist es einfach so."

"Ja, stimmt. Hört sich komisch an, aber ich bin eigentlich froh, dass seine Nase gebrochen wurde, weil ich ihn sonst vielleicht gar nicht geküsst hätte. Wer weiß, ob wir uns überhaupt noch gesehen hätten", sage ich etwas lauter, weil eine Reihe von Autos an uns vorbei fährt.

Dann muss ich an einen kleinen Teil von Lori's Aussage denken. "Ach, und so unschuldig ist er gar nicht. So wie er mich geküsst hat... Das hat er definitiv nicht zum ersten Mal gemacht", sage ich und spüre die Hitze in mir aufsteigen.

"Uhh, ich merk schon, zwischen euch wird es heiß hergehen", schmunzelt Lori und zwinkert mir zu.

"Hör auf damit, sonst gleicht mein Kopf gleich einer Tomate", lache ich, dabei meine ich es vollkommen ernst. Bei der Vorstellung werde ich sicher knallrot, doch ich muss zugeben, dass sie mir gefällt.

"Na gut", gibt sie nach und zieht eine enttäuschte Schnute, die sie allerdings nicht lange halten kann, weil sie in Gelächter ausbricht. Doch im nächsten Moment bleibt sie an einer Kreuzung stehen und der Spaß scheint vorbei zu sein.

"Was ist los?", frage ich sie nun mit ebenfalls ernster Miene. Es ist schon komisch, dass sich ihre Stimmung so rasant ändert, und das, obwohl ich nichts von einem potentiellen Auslöser mitbekommen habe.

"Ich frage mich, ob ich es gleich hinter mich bringen soll", antwortet sie und richtet ihre traurigen Augen auf mich. Für einen kurzen Augenblick bin ich verwirrt, aber dann fällt es mir auf. Das hier ist die Kreuzung zwischen ihrem und Noah's Zuhause. Links geht es zu ihm, rechts zu ihr.

An ihrer Stelle würde ich tatsächlich jetzt zu ihm gehen und die Beziehung beenden, denn dann muss sie sich nicht mehr darum sorgen. Natürlich ist das leichter gesagt als getan. Immerhin ist es nicht einfach, drei bis vier Monate gemeinsame Zeit innerhalb von zwei Sekunden wegzuschmeißen.

Das kann ich durch eigene Erfahrung bestätigen. Ich wusste zunächst auch nicht, wie ich es angehen sollte. Umso froher war ich, dass Alex derselben Meinung war.

"Ich würde es tun. Das ist besser, als noch weiterhin mit jemandem zusammen zu sein, den du nicht wirklich liebst", schlussfolgere ich also, greife nach ihrer Hand und drücke sie einmal kurz.

Nachdem ich diese Worte ausgesprochen habe, fällt mir auf, dass uns beiden - zwei Freundinnen, die durch Dick und Dünn gegangen sind - mehr oder weniger dasselbe in Sachen Liebe widerfahren ist. Was für ein Zufall.

Lori jedenfalls reagiert wortlos auf meinen Rat, aber sie nickt mit dem Kopf, atmet tief durch, setzt sich in Bewegung und biegt links ab. Ich kann ihre Anspannung sehr deutlich spüren und selbstverständlich auch verstehen. Jedoch bin ich mir sicher, dass sie das hinbekommen wird.

Als wir schließlich vor der Tür von Noah's Wohnung stehen und Lori's Hand bereits über der Klingel schwebt, rede ich ihr noch einmal gut zu: "Du wirst das schon schaffen. Du wirst schon sehen, es wird alles gut. Ich glaube an dich."

Endlich erscheint wieder ein kleines Lächeln in ihrem Gesicht und sie betätigt die Klingel. Nur wenige Sekunden später öffnet sich die Tür und Noah steht uns gegenüber. Anstatt seine Noch-Freundin zu begrüßen, starrt er mich jedoch nur an. Er wirkt sichtlich überrascht, mich hier zu sehen.

"Oh hey, mit dir hätte ich nicht gerechnet", sagt er und grinst schon so gemein. Dass eine fiese Bemerkung über seinen Bruder folgt, ist mir direkt klar. "Hab mich schon gefragt, wie lange es noch dauern wird, bis du ihn verlässt."

Ich beschließe, nicht darauf einzugehen, und gleich auf den Punkt zu kommen. "Deswegen sind wir nicht hier. Wir müssen mit dir reden, besonders Lori", erkläre ich. "Können wir rein?"

Ziemlich schnell geht der Junge auf die Seite und lässt uns eintreten. Lori läuft dabei sehr dicht an mir. Im Wohnzimmer angekommen, entscheide ich mich allerdings dafür, die beiden alleine zu lassen, da es doch eine sehr persönliche Sache ist.

Deshalb wünsche ich ihr viel Glück und gehe die Treppen hinauf.

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Sorry, dass es diesmal etwas länger als eine Woche gedauert hat, aber mein Stundenplan hat sich so geändert, dass ich nur noch am Montag und am Freitag Freistunden habe. Am Montag hatte ich allerdings einen Termin wegen meinen Weisheitszähnen und am Freitag hatte ich eine Fahrstunde.

Somit hatte ich nur abends Zeit weiterzuschreiben, aber hier ist das Kapitel. Ich hoffe, es hat euch gefallen❤️

Internet Love | s.m.Where stories live. Discover now