Kapitel 24

840 51 56
                                    

Nach einer guten Viertelstunde sind wir am CN Tower angekommen und ich bezahle den Fahrer. Noch sehe ich keinen Typen, der mit einem Schild mit der Aufschrift "Kyla" auf mich wartet. Wobei ich nicht glaube, dass ich den überhaupt sehen werde.

Es befindet sich eine große Menge von Leuten an diesem Ort, Shawn's Kumpel könnte hier irgendwo sein, doch niemand scheint auf jemanden zu warten. Jeder läuft schnurstracks den Gehweg entlang und ist wohl nur auf sein Ziel fokussiert.

Aus diesem Grund stelle ich mich einfach direkt vor den Eingang des Turmes. Von dort aus habe ich fast die gesamte Lage im Blick. Etwas nervös schaue ich auf meine Armbanduhr. Eigentlich müsste ich schon längst abgeholt werden sein. Shawn macht doch nicht etwa einen Rückzieher, oder?

Nein, das glaube ich nicht. Ich habe ihn überzeugen können und für mich hat es den Anschein gemacht, dass er sich dann auch auf unser Treffen gefreut hat. Außerdem würde er es mir schreiben, wenn es eine Planänderung geben würde.

Und dann nähert sich auf einmal ein riesiger Wagen dem Straßenrand, genauer gesagt eine Limousine, deren Scheiben alle verdunkelt sind. Alle Leute wenden sich ihr zu und staunen über sie. Schließlich sieht man auch hier nicht jeden Tag so etwas.

Ich weiß nicht, wieso, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass die Limo für mich bestimmt ist. Zwar frage ich mich, wie Shawn's Kumpel denn an sie gekommen ist, doch ich vertraue darauf, dass er es ist, und gehe darauf zu.

Als ich direkt daneben stehe, öffnet sich das rechte vordere Fenster und ein Mann wird am Steuer erkennbar. Er ist etwas breiter gebaut und hat eine Glatze und einen Bart. Er strahlt eine gewisse Strenge aus, sieht aber dennoch ganz nett aus.

"Bist du Kyla?", fragt er nach einer kurzen Zeit, in der wir uns beide gegenseitig betrachtet haben. Auch wenn ich mir jetzt hundertprozentig sicher bin, dass das derjenige ist, von dem Shawn gesprochen hat, nicke ich nur. "Hey, ich bin Jake. Sorry für die Verspätung, ich wurde aufgehalten. Aber jetzt steig ein und ich bring dich zu Shawn."

Meine Mom hat immer gesagt, ich solle nicht bei fremden Menschen einsteigen. Bisher habe ich immer darauf gehört. Na ja, eigentlich musste ich noch nie ablehnen, weil mir das noch nie angeboten wurde. Ich kenne Jake zwar nicht, aber ich vertraue ihm. Woher soll er sonst wissen, dass ich mich mit Shawn treffen will?

Also öffne ich die Tür und setze mich auf die Rückbank. Hier hätten noch bestimmt sieben weitere Personen Platz. Weil ich tatsächlich das erste Mal in einer Limousine sitze, komme ich kaum aus dem Staunen heraus.

Nur durch meinen Fahrer werde ich aus meinen Gedanken befreit. "Ihr habt euch also durch das Internet kennengelernt?", möchte dieser wissen. "Dass der Junge so verzweifelt ist, hätte ich nicht gedacht." Er lacht, doch ich bleibe still. Immerhin bin ich nicht verzweifelt gewesen, Lori hat es mir einfach angeboten, und trotzdem habe ich mich auf einer Dating-Website angemeldet.

Mir wird ein klein wenig unbehaglich. Ich frage mich, ob ich Alex doch von diesem Treffen hätte erzählen sollen, damit er mich begleiten kann. Aber nein, wahrscheinlich würde er denken, dass ich ihn für diese Gelegenheit ausnutzen würde, was ich natürlich nicht tue. Und vielleicht sind das ja auch nur anfängliche Schwierigkeiten mit Jake. Alex gegenüber habe ich mich beim ersten Mal ebenso nicht wohl gefühlt und jetzt sind wir beste Freunde.

"Wo fahren wir eigentlich hin?", erkundige ich mich nun, ohne eine Antwort auf seine letzte Aussage zu geben. Wir scheinen uns immer weiter vom Zentrum zu entfernen. Dabei dachte ich, dass wir uns gerade da den ganzen Tag aufhalten würden.

"An einen eher abgelegenen Ort", lässt Jake mich wissen. Anfangs hätte ich zwar nicht damit gerechnet, aber wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es ganz süß. Schließlich lässt es vermuten, dass Shawn mit mir alleine sein möchte. Nur wir beide.

Für den Rest der Fahrt bleibt es still. Wenn man von den Geräuschen, die mein Handy macht, absieht. Ich muss Lori ja auf dem Laufenden halten, weswegen ich ein Bild von meinen überkreuzten Beinen mache und es ihr schicke. Auf dem Weg zu Shawn, schreibe ich dazu. Dann packe ich das Telefon wieder ein.

Schon bald darauf werden wir langsamer und halten schließlich an. Die Umgebung ist tatsächlich ruhiger, das stellt man sich in Toronto gar nicht vor, und es laufen nur sehr wenige Leute herum, obwohl wir uns allem Anschein nach in einem Park befinden. Möglicherweise ist das irgendein Privatgelände.

"Da wären wir", gibt Jake von sich. "Irgendwo in der Nähe findest du eine Decke, da bist du richtig." Alles klar, wahrscheinlich wird Shawn da auf mich warten. Oh man, wenn ich daran denke, werde ich schon ganz hibbelig!

Ich öffne die Tür und springe förmlich aus der Limousine heraus. Bevor ich die Tür wieder schließe, höre ich den Mann noch "Viel Spaß" sagen und ich bedanke mich herzlich. Danach geht es aber los.

Weil eben nicht besonders viele Menschen hier sind, finde ich die Decke relativ schnell. Sie ist sehr groß und es befinden sich zwei Körbe darauf. Um mich herum überall blühende Bäume. Aber entgegen meiner Erwartungen wartet Shawn hier nicht auf mich, denn ich sehe keinen Jungen vor mir.

Trotzdem setze ich mich auf die Decke und werfe mal einen kurzen Blick in einen der Körbe. Ich bin einfach zu neugierig. Sofort kommt mir der Geruch von Erdbeeren entgegen, und das ist noch lange nicht alles. Neben ein paar weiteren Früchten gibt es nämlich noch M&M's, welche ich über alles liebe.

Ein erneuter Blick auf meine Armbanduhr verrät mir, dass es schon fast ein Uhr ist. Wo bleibt er denn? Gerade eben in der Limousine bin ich schon nervös geworden, doch jetzt fühlt es sich an, als könnte ich nicht mehr richtig atmen.

Auf einmal nehme ich leise Schritte hinter mir wahr. Natürlich kann es jeder x-beliebige Mensch sein, aber mein Bauch sagt mir, dass es Shawn ist. Und als ich ein lautes Ausatmen - als müsste er sich noch kurz sammeln - höre, bin ich mir endgültig sicher.

Also drehe ich mich um und sehe erst einmal eine blaue Jeans und ein weißes T-Shirt, auf dem in schwarzen Großbuchstaben Heaven steht. Dann hebe ich meinen Kopf und betrachte sein Gesicht, seine lockigen braunen Haare und vor allem seine braunen Augen, in denen ich mich verlieren könnte.

~~~~~

Ich weiß, das gehört hier eigentlich nicht dazu, aber heute wäre auch der International R5er Day. Wenn es R5 noch gäbe, hätten sie heute ihr 10-jähriges Jubiläum... 😅

Internet Love | s.m.Where stories live. Discover now