Kapitel 32

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Seine Lippen sind ganz weich und schaffen es tatsächlich, mich etwas herunterzubringen. Ich fühle mich nun endgültig in meinen Gefühlen bestätigt, da die Schmetterlinge in meinem Bauch wieder wild umhertanzen.

Was ihn angeht, bin ich mir allerdings nicht mehr ganz so sicher. Wieso erwidert er den Kuss nicht? Hat er sich doch nur eine freundschaftliche Beziehung mit mir vorgestellt?

Und dann geschieht es: Er drückt mich allen Ernstes weg von sich. Am liebsten würde ich jetzt losheulen und von Ort und Stelle verschwinden. Das mit Shawn und meiner hoffnungslosen Liebe ist zu viel des Guten.

"Ich verstehe schon, du magst mich nicht", bringe ich schließlich heraus und drehe mich um, sodass ich Alex nicht mehr in die Augen sehen muss. Vor allem will ich nicht mitkriegen, wie er dies bestätigt.

Doch im nächsten Moment spüre ich seine Hände an meiner Hüfte, die mich daran hindern wegzugehen. "Das stimmt nicht", sagt er auf einmal. Warum küsst er mich dann nicht zurück? "Ich hab dich echt gern, sogar sehr. Aber du bist betrunken und das will ich nicht ausnutzen. Vielleicht ist es auch nur der Alkohol, der mich gerade geküsst hat."

Er lacht, vermutlich weil er weiß, dass sich das gerade bescheuert angehört hat. Allerdings ist mir überhaupt nicht zum Lachen zu Mute. Im Gegenteil zu den vorherigen Minuten bin ich vollkommen ernst. Seit Lori's Nachricht bin ich wie ausgetauscht.

"Das war nicht der Alkohol, das kann ich dir versichern", lasse ich ihn wissen, worauf auch er verstummt. "Ich selbst habe dich geküsst, weil ich es verdammt nochmal wollte. Und ich würde es gerne wieder tun."

"In dem Fall erinnere mich morgen nochmal", meint er und schaut auf seine Uhr, um sich darauf zu verbessern. "Oder eben einfach in ein paar Stunden, wenn du wieder du selbst bist. Vielleicht schubse ich dich dann nicht weg."

Es dauert eine Weile, bis ich kapiere, was er da gerade von sich gegeben hat. Ich habe doch eine ganz schön lange Leitung, vor allem wenn ich etwas zu tief ins Glas geguckt habe, was nicht besonders oft vorkommt.

"Moment, heißt das...?", setze ich an, doch werde unterbrochen. Ist ja mal wieder klar, immer wenn es ernst wird, kommt es nicht zu einer Aussprache. Eigentlich ziemlich feige.

"Ich dachte, du willst tanzen und nicht nur mit mir diskutieren. Das können wir nämlich auch an der Bar machen", weist er mich zurecht, womit er recht hat. "Wobei das wahrscheinlich auch keine gute Idee ist, weil du sonst nochmal zugreifen würdest." Traurigerweise könnte auch das stimmen.

Und so tanzen wir nun richtig zu den Liedern, die größtenteils aus den Charts kommen, bis ich nicht mehr kann und im Stehen einschlafen könnte. Die Wirkung des Alkohols hat endgültig nachgelassen und ich bin total platt.

Aus diesem Grund verlassen wir um kurz vor halb vier den Club und suchen uns ein Taxi, das uns zum Hotel fahren kann, was nebenbei gemerkt nicht einfach um diese Uhrzeit ist. Dennoch finden wir eines, worüber besonders ich echt froh bin, da ich mich endlich ausruhen kann.

Während der Fahrt drifte ich mehrmals ab und wache durch Unebenheiten auf der Straße wieder auf, doch als wir angekommen sind, bin ich zu faul zum Laufen und Alex muss mich tragen.

***

Am nächsten Morgen - oder sollte ich Mittag sagen? - werde ich durch das Klingeln meines Handys, das wie immer auf dem Nachttisch liegt, geweckt. Langsam öffne ich meine Augen und fasse mir sogleich an die Stirn, weil mein Kopf dröhnt wie noch was. Ich hätte mich echt zurückhalten sollen.

Als ich auf das Display schaue, lese ich in großer Schrift den Namen "Lori". Wer sonst sollte mich auch anrufen? Meine Eltern sind bestimmt mit sich selbst beschäftigt und Alex befindet sich im selben Zimmer auf dem Stuhl.

Okay, es gibt noch eine weitere Person in meinem Leben, aber ich bin nicht im Besitz von dessen Nummer und im Moment will ich die auch gar nicht.

"Ja?", nehme ich den Anruf mit noch verschlafener Stimme an und lächele Alex halbherzig an, bevor ich ins Bad verschwinde. Immerhin möchte ich auch ein bisschen Privatsphäre. Vor allen Dingen weiß man bei meiner Freundin nie, welches Thema sie gerade beschäftigt.

"Wie geht es dir?", fragt Lori zunächst einmal, doch sie klingt leicht besorgt. Das ist nicht nur der 0815-Smalltalk, nein, sie meint diese Frage wirklich ernst.

"Könnte besser sein", antworte ich. "Alex und ich waren ein bisschen feiern und ich hab vielleicht ein wenig übertrieben. Aber keine Sorge, wir sind nicht wieder zusammen unter einer Decke aufgewacht."

"Gut zu wissen", lacht sie am anderen Ende. "Aber wie steht es mit Shawn? Hast du schon mit ihm geredet oder ihm geschrieben? Ich meine, irgendwie ist es ja schon dumm, dass du ihn nicht erkannt hast. Aber ich finde, er sollte wissen, dass du jetzt Bescheid weißt."

"Warum sollte ich ihm das sagen, wenn er mir kaum etwas von seinem Leben erzählen konnte?", zische ich mit gesenkter Stimme, damit Alex ja nichts mitbekommt. Noch ist der richtige Zeitpunkt, um ihn über Shawn in Kenntnis zu setzen, nicht gekommen.

"Er ist ein weltberühmter Star. Ich finde, das erklärt alles", meint meine Freundin darauf. "Er muss schon ein verdammt großes Risiko eingegangen sind, um dich überhaupt zu treffen. Immerhin hättest du als Fan seinen Account öffentlich machen können und weiß Gott was. Ist doch klar, dass er auch als ganz normalen Jungen ausgibt, wenn du ihn nicht erkennst."

Na gut, irgendwie verstehe ich das ja. Wäre ich in seiner Situation, hätte ich wahrscheinlich genauso gehandelt. Im Grunde bin ich auch bereit, ihm zu verzeihen, aber ich weiß nicht, ob ich dazu geschaffen bin, mit einem Weltstar zusammen zu sein.

In den sozialen Medien beleidigt werden? Nein, darauf kann ich verzichten. Ständig beobachtet werden? Gott, da würde ich verrückt werden! Nicht ich selbst sein können, um allen ein Vorbild zu sein? Nie im Leben.

Diese Beziehung wäre zum Scheitern verurteilt. Warum sollte ich dann weiterhin mit ihm in Kontakt stehen? Ich finde einfach keinen vernünftigen Grund.

Folglich verabschiede ich mich abrupt von Lori, lege auf und mache mich sofort ans Tippen einer Nachricht an Shawn. Meiner letzten Nachricht an ihn.

Hey. Ich weiß jetzt, wer du wirklich bist, und ich glaube, ich kann das nicht mehr. Leb wohl.

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Ich wollte heute unbedingt nochmal updaten, weil ich was zu verkünden hab. Und zwar haben wir ein neues Cover, welches die liebe coffeeqqueen gemacht hat! Gebt ihr alle mal einen Applaus👏❤️

Internet Love | s.m.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt