Kapitel 13

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"Was war denn mit dir los?", ruft Lori fast, obwohl wir nebeneinander laufen. Sie scheint ziemlich amüsiert zu sein. "Du bist doch sonst nie am Handy während der Schulzeit. Und dann lässt du dich auch noch erwischen!"

"Vielleicht liegt es ja genau daran, dass ich eben keine Erfahrung hab, wie man das Handy gut versteckt", gebe ich genervt von mir zurück.

Jetzt wo die Spanischstunde vorüber ist, möchte ich eigentlich nicht mehr daran denken und somit auch nicht darüber reden. Um dem entgegenzuwirken, gehe ich etwas schneller den Gang entlang.

"Hey, warum läufst du jetzt von mir weg?", schreit mir das Mädchen hinterher und joggt wieder zu mir herüber. "Hab ich irgendwas falsch gemacht?"

Im ersten Moment erscheint es mir am besten, einfach weiterzulaufen und nicht auf ihre Rufe zu reagieren. Doch dann überlege ich es mir anders. Ich meine, wenn sie schon so fragt...

"Wenn ich ehrlich bin, ja", sage ich also leicht aufgebracht. In dem letzten Tagen war sie mir keine besonders gute Freundin und ich schätze, meine ganze Enttäuschung kommt jetzt auf.

"Als meine beste Freundin solltest du eigentlich wissen, dass ich nicht über die Sache mit dem Handy reden will. Dazu kommt die Tatsache, dass ich Shawn versprochen habe, ihm nach der Schule zu schreiben, was jetzt natürlich auch nicht mehr geht. Wenn du mich dann darüber ausfragst, wird es nur schlimmer.

Aber weißt du was? Das ist nicht einmal das Schlimmste. Bei der Party warst du voll auf der Seite deines Freundes und hast mich links liegen gelassen. Dabei haben wir doch mal ausgemacht, dass unsere Freundschaft wichtiger ist als Jungs. Ich hab mich echt hintergangen gefühlt. Ich dachte sogar, das war's."

So, jetzt ist es raus. Und ich fühle mich tatsächlich etwas besser. Aber nur ein ganz kleines bisschen. Leider habe ich noch andere Probleme.

Anscheinend hat Lori überhaupt nicht damit gerechnet, denn sie bleibt abrupt stehen und verursacht so einen kleinen Unfall, den Geräuschen herunterfallenden Büchern nach zu urteilen.

Ich hingegen gehe einfach weiter. Ich brauche jetzt erst einmal Abstand von ihr. Vielleicht kapiert sie dann auch endlich, warum ich von ihr enttäuscht bin.

Auch wenn ich noch Ewigkeiten warten würde, mache ich mich schon auf den Weg zur Bushaltestelle. Das verhindert zwar nicht, dass ich Lori heute nicht mehr sehen muss, weil wir ja mit dem selben Bus fahren, aber die Wahrscheinlichkeit ist dann größer, dass sie nicht versucht, mit mir zu reden.

Ja, ich weiß, das klingt echt mega fies. Aber mal im Ernst: Es gab sicher schon Zeiten, in denen ihr eine gewisse Person nicht sehen und schon gar nicht mit ihr sprechen wolltet, oder?

Während ich meinen Rucksack absetze und mich gegen den Zaun, der sich durch alle Bushaltestellen zieht, lehne, kullert mir eine Träne die Wange herunter. So sehr sie mich auch verletzt hat, Lori ist seit einer gefühlten Unendlichkeit meine beste Freundin gewesen, und ich habe Angst, dass dies nun wirklich zu Ende ist.

Wenn ich traurig bin, hilft mir normalerweise immer Musik. Ich bin gerade dabei, mich nach unten zu beugen, um meinen Rucksack aufzumachen, da fällt mir auf, dass mein Handy und somit auch all meine Musik nun in der Tasche meiner Spanischlehrerin befindet.

Jetzt fehlt nur noch, dass es regnet und ich völlig durchnässt bin. Wobei ich nicht daran denken sollte, sonst könnte es vielleicht wirklich passieren.

Glücklicherweise ist das nicht der Fall. Mir macht Regen selbst zwar nicht viel aus, aber trotzdem wäre der Tag dann für mich gelaufen.

Plötzlich biegt ein schwarzes Auto mit dunklen Scheiben in die Buseinfahrt ein. Je näher es mir kommt, desto langsamer wird es. Ich will doch hoffen, dass mich hier keiner entführen will.

Dann bleibt das Auto stehen, und ich balle meine Fäuste. Doch als der Fahrer - wer auch immer es ist - das Fenster herunterlässt, entspanne ich mich wieder. Der will mich sicher nicht entführen. Und selbst wenn, würde es mir ehrlich gesagt nichts ausmachen.

"Du siehst aus, als könntest du eine Mitfahrgelegenheit brauchen", ruft Alex mit erhobener Stimme. Obwohl die Sonne größtenteils von Wolken bedeckt ist, trägt er eine Sonnenbrille, und ich muss sagen, das macht ihn irgendwie noch attraktiver.

Sofort verziehe ich meinen Mund zu einem Grinsen. "Da hast du recht. Du bist das beste, was mir passieren konnte", sage ich. Erst eine Sekunde später fällt mir auf, dass man das auch anders verstehen kann. Deshalb füge ich noch schnell hinzu: "Also in diesem Moment."

"Na ja, ich wollte dich überraschen. Du hast mir erzählt, dass du es hasst, mit dem Bus zu fahren, und dann dachte ich, hol ich dich einfach mal ab", erklärt der Junge, wobei er am Anfang auf sein Lenkrad schaut.

Wenn ich mich nicht irre, nehmen seine Wangen sogar eine leicht rötliche Farbe an. Leider bin ich zu weit entfernt, um wirklich sicher zu sein.

Als ich meinen Rucksack in die Hand nehme und mich dem Auto nähere, um kurz darauf einzusteigen, schaut er wieder in meine Richtung.

"Hattest wohl keinen tollen Tag, was?", erkundigt er sich bei mir. Ich werfe ihm einen Blick zu, der sagen sollte, woher er das jetzt weiß. Die Antwort kommt recht schnell: "Dein Makeup ist verlaufen, deswegen dachte ich, dass du wahrscheinlich geweint hast."

"Oh", mache ich einfach nur. Ich hatte ja komplett vergessen, dass ich heute ausnahmsweise mal Wimperntusche aufgetragen habe. "Und um deine Frage zu beantworten; ja, es ging mir schon besser."

"Darf ich wissen, was passiert ist?", fragt Alex, während er den Motor startet. Es fühlt sich komisch an, abgeholt zu werden und Lori nicht mitzunehmen. Sonst haben wir das immer so gemacht. Aber es ist meine Entscheidung gewesen, Abstand von ihr zu halten.

Ich muss nicht lange überlegen und nicke auf der Stelle. Alex kann ich fast alles erzählen - außer natürlich die Wahrheit über die Party - und er wird es verstehen.

Bevor ich ihm die Geschichte allerdings erzähle, nenne ich ihm noch meine Adresse, die er dann in sein Navi eingibt. Immerhin war ich immer nur bei ihm und er kennt mein Zuhause gar nicht.

Solange wir also fahren, kläre ich ihn über meinen Tag auf, und er hört mir die ganze Zeit aufmerksam zu. Na ja, so aufmerksam wie es eben während dem Autofahren geht.

Das heißt jedoch auch, dass er jetzt über Shawn Bescheid weiß. Und als ich ihn erwähnt habe, sah er nicht gerade glücklich aus.

Internet Love | s.m.Where stories live. Discover now