Kapitel 46

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Ohne es wirklich zu merken, werden meine Schritte immer schneller und auf einmal stehe ich direkt vor Shawn. Der breitet vorsichtig seine Arme aus, doch ich stürze mich förmlich in diese Umarmung. Alex ist mir in dem Moment egal, soll er halt für ein paar Sekunden woanders hinschauen.

"Schön, dass es geklappt hat. Das freut mich echt wahnsinnig", sagt Shawn an meinem Ohr, wobei seine Lippe mein Ohrläppchen leicht streift. Dann senkt er seine Stimme, sodass es nur noch ein Flüstern ist. "Ich hatte es mir zwar anders vorgestellt, aber wenigstens etwas."

Ich muss sagen, ich habe es mir auch anders vorgestellt. Das heißt nicht, dass ich keine Lust auf meinen Freund habe, im Gegenteil, ich liebe es, Zeit mit ihm zu verbringen. Sonst wäre ich logischerweise nicht mit ihm zusammen. Doch auf dieses Eifersuchtsdrama kann ich echt verzichten.

Am liebsten würde ich dem Braunhaarigen vor mir zustimmen, aber ich spüre Alex langsam auf uns zukommen, weshalb ich meinen Mund halte und mich wieder von Shawn löse. Mein Freund wirkt erneut angespannt, was ich nicht verstehe. Er kann mir ja auch nicht erzählen, dass er noch nie einen Kumpel zur Begrüßung umarmt hat.

Shawn ist, wie ich bereits erwartet habe, der erste, der auf den anderen zukommt. "Freut mich dich kennenzulernen", sagt er und streckt Alex seine Hand entgegen. Es dauert zwar eine Weile, doch dieser nimmt sie tatsächlich an. Allerdings gibt er kein einziges Wort von sich, sondern nickt nur.

Daraufhin gebe ich ihm einen Stoß in die Seite, der ihm signalisieren soll, sich endlich mal zusammenzureißen. Der scheint sogar etwas zu bewirken, denn er setzt so etwas wie ein Lächeln auf - man sieht zwar, dass es ihm schwerfällt, aber immerhin - und sagt: "Ja, mich auch. Kyla's Freunde sind auch meine Freunde."

Na ja, wenn ich Alex jedes Mal aufs Neue daran erinnern muss, dass Shawn nie mehr für mich sein wird, werden die beiden wohl nie Freunde. Wahrscheinlich ist es Alex selbst ebenfalls bewusst und er wollte mich mit dieser Aussage nur zufriedenstellen. Ich hoffe nur, Shawn macht sich jetzt nicht ernsthafte Hoffnungen.

"Können wir jetzt einfach los?", frage ich, um weiteren Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen. Dabei komme ich mir irgendwie wie ein kleines Kind vor, das sich auf einen Besuch im Disneyland freut, aber noch warten muss, weil seine Eltern mit Bekannten etwas Wichtiges besprechen.

Während Shawn mit "Natürlich" antwortet, gibt Alex ein "Ja, bitte" von sich. Offensichtlich sind sie sich schon einmal einer Meinung, vielleicht verstehen sie sich ja doch besser als gedacht. Der Gedanke daran lässt mich schmunzeln.

Die Straßen sind zu dieser Zeit noch relativ leer, weswegen wir glücklicherweise nicht mit kreischenden Fans, die für ein Foto mit dem Sänger töten würden, zu kämpfen haben. Allerdings wird das später der Fall sein, da bin ich mir sicher.

Alex und ich folgen ihm auf Schritt und Tritt, bis wir an einem schwarzen Wagen - obwohl ich keine Ahnung von Autos habe, wage ich zu vermuten, dass es ein Jeep ist - Halt machen. Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet.

Shawn scheint meinen erstaunten Blick zu bemerken, weshalb er grinsend die Beifahrertür öffnet und sagt: "Hereinspaziert, die Dame." Aus irgendeinem Grund fühle ich mich wie eine Prinzessin, die von ihrem Chauffeur zu einer wichtigen Veranstaltung gefahren wird. Total albern, ich weiß.

Dennoch spiele ich mit und nehme seine Hand, die er mir beim Einsteigen hinhält. Als ich es mir gemütlich gemacht habe, schließt er die Tür auch wieder und steigt selbst ein. Ich fand die Aktion ja sehr amüsant, im Gegensatz zu Alex, der fast schon schmollend hinter mir Platz nimmt und mich genau beobachtet.

Ich weiß echt nicht, was plötzlich in ihn gefahren ist. Zwar verstehe ich, dass er sich aufgrund von Shawn's und meiner Geschichte Gedanken macht, aber wenn ich ihm doch sage, dass der Sänger keine Chance mehr bei mir hat, hat er keinen Grund dazu. So langsam fängt es an, mich zu nerven.

Die Fahrt verläuft ziemlich ruhig, abgesehen von der Musik im Radio und den Geräuschen der Stadt ist nichts zu hören. Vermutlich ist auch dem Braunhaarigen das Verhalten meines Freundes aufgefallen und möchte es ihm so recht wie nur möglich machen.

Ein paar Minuten und einige Treppenstufen später befinden wir uns endlich im richtigen Tonstudio. Zuerst bin ich in eine Kabine hereingeplatzt, in der gerade ein Song für eine Werbung aufgenommen wurde, was schon irgendwie peinlich war. Aber so etwas kann auch nur mir passieren.

"Wartet ihr zwei kurz hier? Ihr könnt es euch ja auf der Couch gemütlich machen. Ich muss noch was mit meiner Crew besprechen", meint Shawn und zeigt auf eine Gruppe von Männern. Keiner von ihnen kommt mir auch nur ansatzweise bekannt vor. Obwohl... Der eine könnte dieser Jake sein, der mich damals zum Picknick gefahren hat.

Oh man, wie dumm bin ich eigentlich? Bereits an dem Tag hätte er Shawn's wahre Identität fast verraten, als wir über die Anzahl der Mädchen, die er haben könnte, geredet haben. Die kannst du gar nicht zählen. Was aber auch nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass er einer der angesagtesten und besten... Hätte ich bloß genauer nachgedacht.

Nachdem Alex und ich uns gesetzt haben, sehen wir beide zu Shawn, der mit einem Mann mit Brille spricht. Die beiden wirken sehr ernst und als der Sänger zu mir zeigt, ist mir klar, dass es um mich geht. Ich hoffe, es gibt jetzt keine Probleme, weil er Gäste mitgebracht hat.

Die Situation scheint sich jedenfalls schnell beruhigt zu haben und der Typ mit der Brille wendet sich von Shawn ab. Der hingegen lehnt an einer Wand und starrt mich weiterhin an. Das bleibt mir natürlich nicht verborgen und obwohl mein Blick genauso auf ihn gerichtet ist, schaut er nicht weg.

Seine Lippen umspielt ein leichtes Lächeln. Etwa, weil er bemerkt hat, dass ich ihn ebenfalls anstarre? Das sendet ihm sicher vollkommen falsche Signale. Deswegen möchte ich schnell zu Boden sehen, aber irgendwie kann ich es nicht. Es ist, als ob er mich verflucht und in seinen Bann gezogen hätte.

Erst als Alex mich an der Schulter rüttelt, erwache ich aus meiner Starre. "Kyla, es tut mir leid, aber ich muss mit dir wirklich über diesen Typen reden."

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Mir ist aufgefallen, dass ich mittlerweile viel längere Absätze mache als am Anfang der Story. Soll ich wieder kürzere machen? Wie ist es für euch angenehmer zu lesen?😅

Internet Love | s.m.Where stories live. Discover now