Kapitel 50

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Erschrocken schaue ich Alex hinterher, unfähig mich auch nur einen Zentimeter zu bewegen, während er sich auf die Kante des Wohnzimmertisches setzt, der unter seinem Gewicht bald droht umzufallen.

"Na, Kyla, was geht?", fängt er nun an zu lallen und das so laut, dass ich befürchte, schon gleich Besuch von den anderen Bewohnern dieses Gebäudes zu bekommen. "Hast du was Schönes mit Shawniboy erlebt?"

"Wenn du schon so fragst, ja, das habe ich. Heute war einer meiner besten Tage seit Langem", antworte ich und entkomme endlich meiner Schockstarre. "Dir scheint es auch nicht langweilig gewesen zu sein."

Mit jedem Schritt, dem ich mich ihm nähere, nimmt meine Stimme an Lautstärke zu. Mir ist bewusst, dass es spät abends ist und die Leute wegen mir vermutlich Probleme beim Einschlafen haben, aber das ist mir gerade herzlich egal.

Da wollte ich ihm für sein heutiges Verhalten verzeihen, weil sein Bruder anscheinend dafür verantwortlich ist, und dann kommt er auch noch betrunken vor mir angetanzt, was ich absolut nicht fassen kann.

Immerhin wusste er, dass ich so etwas hasse. Zudem hat er mir versprochen, auf seinen Alkoholkonsum Acht zu geben. Dass er dieses Versprechen gebrochen hat, finde ich fast schon schlimmer als seine überaus große Eifersucht.

"Oh, langweilig war es echt überhaupt nicht", meint der Blonde. Die Art, wie er dies betont, gefällt mir allerdings ganz und gar nicht. Bei der Vorstellung, wie er sich mit anderen Frauen vergnügt, wird mir schlecht.

Zum Glück muss ich auch nicht länger darüber nachdenken, denn plötzlich macht es einen riesigen Krach und ich sehe, dass Alex am Boden liegt. Ich gebe mir gar keine Mühe, mein Lachen zu verkneifen, da er es sowas von verdient hat. Tja, Karma schlägt eben immer zurück.

"Komm schon, ich bring dich ins Bett", sage ich und halte ihm meine Hand hin. Ich denke, dort ist er in diesem Zustand am besten aufgehoben. "Wir reden über diese ganze Sache morgen, wenn du wieder nüchtern und bei Verstand bist."

"Was soll das jetzt heißen?", möchte er darauf empört wissen und verschränkt seine Arme vor seiner Brust. Ziemlich kindisch, wenn ihr mich fragt. "Willst du damit sagen, dass ich wahnsinnig bin? Das bin ich nicht!" Wie anstrengend Betrunkene doch sein können.

Weil er von selbst wahrscheinlich nicht aufstehen wird, schüttele ich einmal meine Arme durch, um sie etwas zu lockern, und greife ihm unter seine Arme. "Was wird das bitteschön?", fragt Alex, doch ich ignoriere ihn gekonnt. Einfach machen.

Als ich den 1,89m-großen Basketballer irgendwann hochgehievt habe, scheint er sogar nachzugeben. Er stellt keine blöden Fragen mehr, sondern folgt mir tatsächlich ins Schlafzimmer.

Auch wenn er sich - anders wie ein Kind - ohne Beschwerden ins Bett gelegt hat, fühlt es sich für mich an, als ob ich meinen Sohn schlafen legen würde. Wenn er mir nichts vorspielt, ist er sogar schon weggedöst, bevor ich ihn überhaupt zugedeckt habe. Nur den Kuss auf die Stirn lasse ich heute aus.

Zurück im Wohnzimmer angekommen, setze ich mich erneut auf die Couch, schnappe mir zum letzten Mal mein Handy und schreibe Lori eine Nachricht. Sie soll nach ihrer letzten Nachricht nicht keine Antwort erhalten.

Ich schreib dir morgen wieder, da weiß ich dann vielleicht auch mehr. Ist leider was dazwischengekommen🙊

Dann trinke ich noch schnell etwas, benutze das Bad und versuche, mich auf der Couch hinzulegen. Selbst wenn es furchtbar ungemütlich werden wird, ist mir das lieber als zu Alex' Fahne einzuschlafen.

Bevor ich schließlich meine Augen schließe, denke ich über den Tag nach. Ich habe das Gefühl, er hat sowohl die Beziehung zwischen Alex und mir als auch die Beziehung zwischen Shawn und mir verändert. Das Erschreckende ist, dass ich es nicht einmal schrecklich finde.

***

Überraschenderweise habe ich die Nacht ohne Rückenschmerzen überstanden, was mir natürlich ganz recht ist. Alex wacht erst gegen Mittag auf. Obwohl ich es kaum erwarten konnte, mit ihm über Noah zu reden, habe ich ihn nicht geweckt.

Während ich mir gerade einen Zopf mache, weil es heute besonders heiß ist, macht er sich ein Butterbrot. Ich warte noch, bis er dieses gegessen hat, doch dann setze ich mich ebenfalls an den Tisch und schaue ihn eindringlich an.

"Was ist?", fragt Alex mit vollem Mund, weshalb er ein wenig schwer zu verstehen ist. "Hör zu, wegen gestern... Das tut mir echt leid. Ich weiß, es war dumm von mir, aber ich wusste keinen anderen-"

Weiter kommt er jedoch nicht, da ich ihn unterbreche. "Das lassen wir jetzt mal beiseite", fange ich an. "Im Moment interessiert mich, was in letzter Zeit zwischen dir und deinem Bruder vorgefallen ist. Ich hab gehört, er hat dir ein paar Nachrichten geschrieben?"

Er schaut mich zuerst erschrocken an, als müsste er überlegen, ob er mir nun die Wahrheit erzählt oder nicht. Glücklicherweise entscheidet er sich dafür und meint: "Woher weißt du das?"

"Lori hat es mir erzählt", antworte ich. "Du hättest es mir ruhig sagen können. Ich beiße doch nicht... Hol mal dein Handy raus und zeig mir den Chatverlauf."

Er tut wie ihm geheißen und wieder einmal denke ich, dass diese Fehde nicht weiter bestehen sollte. Dass jemand seinem eigenen Bruder solche Dinge schreibt, ist unglaublich.

Eigentlich wollte ich dir damals bei der Party einen Gefallen tun, indem ich sie nicht auf die Gästeliste gesetzt habe. Jetzt bist du trotzdem mit ihr zusammen. Deine Schuld, wenn du in ein tiefes Loch fällst, nachdem sie dich verlassen hat.

Und das wird sie auf jeden Fall. Ich meine, wer will mit dir schon zusammen sein?

Wahrscheinlich hat sie schon längst einen anderen, weil du ihr nicht mehr genug bist.

"Verstehst du jetzt, warum ich dich nicht mit Shawn alleine lassen wollte? Ich hatte Angst, dass Noah recht hat und mich nicht nur runtermachen wollte", gibt Alex zu. Auf einmal ergibt alles viel mehr Sinn.

"Inzwischen habe ich aber gemerkt, dass ich dir und Shawn nicht immer auf der Lauer sein kann. Nachher zeigt er mich noch wegen Stalkerei an." Fast sehe ich ein Grinsen in seinem Gesicht.

"Na ja, es hätte sowieso keinen Wert. Früher oder später wirst du ihm eh verfallen. Das kannst selbst du nicht leugnen, ich spüre es doch jetzt schon."

~~~~~

Endlich haben sie sich ausgesprochen🙈

So, das war's tatsächlich auch schon wieder für heute. Ich hoffe, euch hat die Lesenacht gefallen❤️

Auch wenn ich den ganzen Abend am Schreiben war - wirklich, das Kapitel habe ich vor fünf Minuten fertig gestellt -, hat es mir echt Spaß gemacht😊

Danke, dass ihr dabei wart und so fleißig kommentiert habt😘

Internet Love | s.m.Where stories live. Discover now