34 - Clara de Flocon

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Matt mustert mich im Spiegel. Sein Blick bleibt an meinen Lippen hängen.

„Du blutest", stellt er fest.

Ich wische mir mit den Fingerknöcheln über die Lippe. Tatsächlich.
Dabei hat er anders als Jennifer nicht einmal auf mein Gesicht gezielt. Bei meinem nervösen Herumzappeln nach dem Kampf muss ich mir so fest auf die Lippe gebissen haben, dass sie wieder aufgeplatzt ist.
Er wartet, während ich mein Handtuch nass mache und es gegen meinen Mund presse. Als ich den Wasserhahn aufdrehe, spritze ich mich an und fluche unterdrückt. Ich sehe den Sunhunter im Spiegel, wie er mit verschränkten Armen an der Tür lehnt. Sein nachdenklicher Blick macht mir wahnsinnig, weswegen ich irgendwann fordere:
„Was auch immer du sagen willst, spuck's aus."

Er verzieht die Lippen.
„Du wirst es aber nicht hören wollen."

Ich drehe mich zu ihm um, das Handtuch immer noch an der Lippe und bemühe mich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Dass mich bei seiner Präambel ein zutiefst ungutes Gefühl beschlichen hat, muss er ja nicht wissen.

„Du kämpfst nicht so schlecht, wie du denkst", er tritt neben mir an das lange Waschbecken, pumpt Seife in seine Hand und wäscht sich die Hände. Die menschliche Bisssspur um seinen Daumen zieht erneut meinen Blick auf sich. Woher er die wohl hat?

„Deine Technik ist ausbaufähig, keine Frage. Aber du baust auf Schnelligkeit, weil du meistens nicht so stark bist wie dein Gegenüber. Das ist ein guter Anfang. Was dir fehlt, ist Übung und jemand, der mit dir an deinen Schwächen arbeitet."

„Na danke für die Analyse. Nicht, dass ich darum gebeten hätte", ich werfe ihm im Spiegel einen Blick zu. Ich höre selbst, wie beleidigt ich mich anhöre. Der Sunhunter spritzt sich Wasser ins Gesicht, stützt die Arme auf den Waschbeckenrand und sieht mich tropfend an.

„Du solltest zusehen, dass du so schnell wie möglich aus diesem Programm rauskommst", sagt er dann ohne irgendeine Art von Vorwarnung und erzielt damit denselben Gesichtsausdruck, als hätte er mir eine Ohrfeige verpasst.

„Was?", fassungslos lasse ich das Handtuch sinken, bevor ich angriffslustig frage: „Bist du komplett bescheuert?"

Er ist so nah, dass ich den dunklen Ring außen an seiner Iris erkennen kann. Es ist ihm ernst. Er schlägt mir ohne zu zögern vor, alles wegzuwerfen, wofür ich die letzten Jahre gearbeitet habe. Die Empörung und der schiere Schock sind so groß, dass ich mich im ersten Moment gar nicht frage, wieso. Es gibt für uns Rekruten keinen Weg zurück. Dieses Gespräch ist plötzlich ungeahnt gefährlich geworden, falls ich ihn wirklich richtig verstanden habe.

„Du kämpfst einmal gegen mich und rätst mir dann, zu desertieren?", flüstere ich so wütend, dass es nicht unbedingt leiser ist, als zuvor.
Als ich meine Sachen zusammenraffe und in Richtung Tür steuere, hält er mich mit einer Hand am Oberarm zurück. Ich schüttle ihn ab. Diese Hände haben gerade erst meine Handgelenke auf die Matte gepresst.
Ich zwinge mich zur Konzentration. Genug Körperkontakt für heute.

„Das ist Hochverrat", zische ich, „Lass mich mit sowas in Ruhe, oder willst du mich doch noch umbringen?"

Matts Gesichtsausdruck ist zu ruhig für jemanden, der so ein Gespräch führt.

„Ich schlage dir nicht vor, zu desertieren", stellt er klar, „Das wäre ungefähr genauso gefährlich, wie zu dienen."

„Was willst du dann von mir? Und was gibt dir das Recht, so zu reden?"

Eine steile Falte ist zwischen seinen Augen aufgetaucht. Verwunderung darüber, dass ich so wütend bin, obwohl er das Duell so gut gehandhabt hat?

„Ich sage das nicht, um dich zu beleidigen. Du bist erstaunlich zäh, das hast du mir mehr als einmal bewiesen. Aber der Krieg, MacClara ... er ist schrecklicher, als alles, was du dir vorstellen kannst", er schüttelt abwesend den Kopf.

SunhuntersTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang