23 - Matthias Green

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„Guten Vormittag, Babies", grüße ich huldvoll.
Ich steht auf dem Dozentenpult, stütze mich auf einen Gehstock mit silbernem Knauf und trage wieder einmal keine Uniform, sondern eine verwaschene Jeans und ein Band T-shirt, an dem sich die stilisierte Sonne mit dem Dreieck in der Mitte, gerade noch so festklammert.
„Siren, General Taylor, ist heute den ganzen Tag für die Föderation in geschlossenen Meetings. Deswegen machen wir Hübschen uns heute einen richtig schönen Tag. Gesichtsmasken, Fußmassagen, Saunabesuch und ein bisschen Todesangst. Das volle Programm."

Ich sehe, wie Clara den Mund verzieht. Sie wirft dem rothaarigen Hünen namens Crimson einen langen Blick zu. Die beiden waren die ersten, die bemerkt haben, dass heute etwas ganz und gar nicht stimmt. Zugegebenermaßen habe ich es dem Schneeflöckchen schon zuvor auf die Nase gebunden.
Der Kanadier mit ADHS scharrt unruhig mit den Füßen. Die Schwester des Kiffers starrt mich einfach nur in einer Mischung aus Angst und Bewunderung an. Der kleine Seltsame namens „Mouse" schwitzt so stark, dass es mich nicht wundern würde, wenn er mir in den nächsten zehn Minuten davonschwimmt.
Ich grinse ihn an. Zuerst wollte ich mir den kleinsten Rekruten schnappen, aber dann habe ich mich der Teamdynamik wegen umentschieden.

„Sir", meldet sich der Ire zu Wort, „wir sind noch nicht vollständig. Booth fehlt."

Der Rest des Teams sieht sich um, als wäre ihnen noch gar nicht aufgefallen, dass ihr zwei Meter großer Klassensprecher sich gar nicht im Raum befindet.

„Booth kommt nie zu spät", murmeln mehrere Stimmen gleichzeitig.
Die Unruhe meiner Rekruten steigt weiter an, was mich durchaus zufrieden macht. Sie werfen sich ängstliche Blicke zu und tuscheln leise miteinander. Nur Clara sieht mich direkt an. Sie hebt eine Augenbraue, als wolle sie stumm Ist das jetzt wirklich dein Ernst? fragen.

Ich nicke langsam und bedeutungsschwer, während ich die Arme ausbreite und eine dramatische Geste mit meinem Gehstock mache, die Mein voller Ernst, Baby schreien soll.

„Wir spielen heute ein Spiel", kündige ich in meiner besten Horrorstimme an.
Mouse sieht aus, als würde er gleich in Ohnmacht fallen. Selbst Crimson wird blass.

Ich lache diabolisch und lasse den Gehstock, den ich aus Major Caspar Jeffersons Büro geklaut habe, auf das Pult niedersausen.

„Heute Nacht ist jemand in euren Schlafsaal eingebrochen und hat den Herrn Klassensprecher entführt", intoniere ich, „er befindet sich nun irgendwo auf diesem Schiff, gefesselt, geknebelt und in einer durchaus unbequemen Position."

Ich ziehe einen digitalen Wecker aus der Tasche und stelle ihn neben meinen Stiefeln auf dem Pult ab. Die roten Ziffern erscheinen auch als digitaler Countdown in der Luft zwischen mir und den Puppies. Die DataWatches der Rekruten übernehmen diese automatisch, sodass der Countdown sie letztendlich fünfzehn Mal mahnend anblinkt.

„Ihr habt exakt vier Stunden, um Euren Freund zu finden", wieder klopfe ich mit dem Gehstock auf das Pult, „bevor Siren aus ihrem Meeting kommt und uns den Arsch versohlt."

Ich trete einen Schritt zur Seite, halte meine Data Watch an das Schloss des großen weißen Schranks, in dem die Kabel des Beamers und ein Sicherungskasten versteckt wurden. Das Schloss leuchtet grün auf, die Tür schnappt auf und ein gefesselter Rekrut mit wilden schwarzen Locken purzelt heraus.

Ich packe ihn an der Uniform und halte ihn aufrecht, während seine Augen panisch über das versammelte Jet Team huschen.
Den Puppies sind beim Anblick ihres Kommilitonen mit den hässlichen Socken die Kinnladen heruntergeklappt. Die Socken waren zugegebenermaßen der Hauptgrund, wieso ich mich für diesen Rekruten im Speziellen entschieden habe.
Er versucht, mir zu entwischen, indem er mir die Beine unter dem Körper wegzieht, doch ich weiche mühelos aus, packe ihn am Kragen und sichere die Geisel mit einem einfachen, aber effektiven Griff.

SunhuntersWhere stories live. Discover now