68 - Clara de Flocon

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„Hola pendejos!"

Die Erlösung kommt nicht etwa mit einem göttlichen Blitzstrahl, oder einem reinigenden Gewitter, sondern mit einem spanischen Fluch. Wir fahren herum, aber natürlich wissen wir sofort, wer es ist. Die schiere Unmöglichkeit, die Dreistheit, einfach hereinzuplatzen, als wäre nicht eine ganze Bande skrupelloser Gesetzloser anwesend, hat nur ein Mensch an Bord. Matthias Green lehnt am Geländer, das auf Höhe des ersten Stocks einen schmalen Gang sichert. Nach seiner Körpersprache zu urteilen könnte er genauso gut irgendwo auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik stehen und vergoldete Windbeutel schlürfen.

„Cómo estás?"

Der Sunhunter ist scheinbar unbewaffnet, hat die Hände in den Hosentaschen vergraben und kaut Kaugummi.

„Dieser Bastard", knurrt Noyemi so leise, dass nur ich sie verstehen kann.

„Symphony!", ruft Miss Atilgan, „Verschwinden Sie!"

Der Pirat mit den Dreadlocks bringt sie zum Schweigen, während Matt auf die Versammlung hinuntersieht, als wäre er derjenige, der dieses ganze Schlamassel geplant hat.

„Das heißt 'Hallo, Arschlöcher. Wie geht's?' für alle, die kein Spanisch hatten", übersetzt er selbstgefällig, während sich sämtliche Waffen im Raum auf seine Brust richten. Seelenruhig spuckt Matthias Green seinen Kaugummi über die Reling. Einer der Piraten schreit auf, als ihn das Geschoss mit Himbeergeschmack trifft. Doch niemand eröffnet das Feuer, weil Garcia, den der Sunhunter nun direkt ansieht, keinen Finger rührt.

„Elías, amigo mío, ¿disfrutas matando cachorros indefensos? ¿Por qué no intentas con alguien más grande, cobarde?", fährt der Sunhunter fort, während unter ihm der Pirat versucht, sich den Kaugummi aus den Haaren zu basteln. Garcia neben mir hat in jeder Hand eine Waffe und beide auf Matthias gerichtet. Bis auf das ‚cachorros', das spanische Wort für Welpen, habe ich zwar nichts verstanden, aber in diesem Zusammenhang ist ziemlich offensichtlich, was der Suhunter tut. Er packt sein mit Abstand größtes Talent aus: Provokation.

„Sin movimientos espasmódicos, bastardo", gibt Garcia zurück. Keine plötzlichen Bewegungen. Ich hoffe sehr stark, dass Matt einen Plan hat, aber als er die Hände ganz langsam in die Luft hebt, geht mir auf, dass er sich wirklich festnehmen lassen will.

„Matt, bist du bescheuert?", brülle ich zu ihm hinauf, was mir eine schallende Ohrfeige von Ravenna einbringt. Dann geschehen mehrere Dinge gleichzeitig.

Der Sunhunter schwingt sich ohne Vorwarnung über die Reling. Nun sieht man, dass er nicht nur Jeans und T-shirt, sondern die schwarze Kampfuniform der Föderation, darunter trägt. Er springt mit unverschämter Leichtigkeit auf Ravennas Schiff hinunter, rennt darauf entlang, als würde nicht gerade eine gesamte Piratencrew versuchen, ihn zu erschießen. Kugeln zerfetzen die Luft um ihn herum, Garcia feuert, Noyemi zieht mich hinter den Uni Jet, fluchend, während sie nachlädt. Ihr Komplize brüllt Kommandos und ich sehe nichts von dem, was im Hangar geschieht, während Noyemi mich auf den Boden wirft, wie einen Mehlsack und mein linkes Bein mit einem vom Jet herabhängenden Sicherungsgurt festbindet. Und, was hast du gemacht, während des großen Showdowns?, denke ich, Ich bin an ein Raumschiff gebunden rumgelegen und habe Löcher in der Decke gezählt, wieso?

Während Ravenna von hinter dem Jet an der Schießerei teilnimmt, ziehe ich mit den Zähnen eines meiner Schuhbänder aus den Löchern. Ich habe nicht vor, nur nutzlos rumzuliegen, während der Sunhunter den Held spielt und dabei wahrscheinlich gleich draufgeht. Ich werfe immer wieder Blicke zu Noyemi hinüber, doch sie ist viel zu beschäftigt damit, Verwünschungen zu schreien, um sich um mich zu scheren. Wusstet ihr, dass ein Schuhband einen Kabelbinder aufbrechen kann? Ich auch nicht, bis ich Angel aus einem befreien musste. Fragt am besten gar nicht, wie es dazu kam, ich wünschte, ich könnte es auch vergessen.

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