10 - Clara de Flocon

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Fakt ist, dass Universitäten allein schon deswegen wunderbar sind, weil es nicht mehr eine so ausgeprägte Hackordnung wie in der Schule gibt. Alle kommen irgendwie klar und wer nicht miteinander klarkommt, muss sich nicht ständig über den Weg laufen. Fakt ist auch, dass dieser Militärkreuzer definitiv keine Universität beherbergt.
Der eine Vorlesungssaal, ausgestattet mir weißem Licht und harten ausklappbaren Stühlen, ist nicht Gastgeber von Literaturwissenschaftsstudenten, die Tee trinken und sich leise über Franz Kafkas Werdegang unterhalten. Stattdessen findet sich hier momentan ein Haufen gewaltbereiter zukünftiger Elitesoldaten des Föderationsmilitärs zusammen, von dem gut die Hälfte verkatert ist.
Außerdem ist die Hackordnung nicht nur vorhanden, nein, sie ist schlimmer als in meiner Schulzeit.

Das blaue Jet Team ist im Moment mit Abstand am beliebtesten. Um sie herum sind sogar Sitze frei geblieben oder freigekämpft worden.
Die Blaublütigen mischen sich nicht gerne unter das Fußvolk.
„Dragon", der die Schuhe ausgezogen und die in bunten Socken steckenden Füße auf der Sitzlehne seines Vordermannes abgelegt hat, sowie seine Teamkollegen, halten in der Mitte des Auditoriums Hof. Wir wissen alle, dass er diese kleine Rebellion sofort beenden wird, wenn Siren den Raum betritt, aber momentan wird er deshalb als totaler Draufgänger gefeiert.

Ich suche mein eigenes Team, während ich noch in der Tür stehe, und entdecke sie so weit weg vom coolen Zentrum unseres Jahrgangs, wie nur möglich. Seufzend steige ich die flachen Stufen hinunter und schiebe mich durch die Menge, bis ich ganz links außen bei den absoluten Losern ankomme: meinem Team.

„Macht Platz für das Baguette!", fordert Crimson und schiebt Louis und mit ihm das gesamte Team mit einer einfachen Geste zwei Sitze zur Seite, damit ich mich neben ihn und Booth setzen kann. Angel fällt am anderen Ende der Sitzreihe von der Bank, knurrt Booth an und setzt sich dann auf den Schoß ihrer jüngsten Eroberung, die vom violetten Team herübergeschlichen ist, um mit Angels blonden Haaren zu spielen, bis die Generalin eintrifft. Die beiden Mädchen tuscheln ungeniert miteinander und kichern immer wieder zusammen, was die Durchschnittsstimmung des Teams gewaltig hebt.

„Danke, Crimson", ich lasse mich seufzend nieder, „Habt ihr Dragon gesehen?"

Booth schnaubt, wie vielleicht ein Bär schnauben würde: „Bitte. Nur weil er ein akzeptabler Pilot ist, heißt das noch lange nicht, dass er auf seine hässlichen Flugzeugsocken stolz sein kann."

„Deppen, alle zusammen", hängt Crimson an und hängt ein besorgtes, „Harte Nacht gehabt?" an. Booth wirft mir ebenfalls so einen seitlichen Blick zu, was mich ein gequältes Gesicht aufsetzen lässt.

„Sehe ich wirklich so schlimm aus?"

„Wie eine Kreuzung aus Vogelscheuche und Wasserleiche", flüstert Mouse, leise, aber nicht leise genug. Booth, Crimson und ich drehen uns zu dem Kleinen um, der ertappt in seinen Sitz zurücksinkt, als hätte ihn eine Gewehrkugel getroffen.

„Hey!", bellt Booth, „Nett sein!"

„Du hast die Hälfte von meinem Praktikumsbericht abgeschrieben und jetzt das?", frage ich gekränkt.

Mouse hebt eine Hand, als könnte er sich dahinter verstecken.
„Ist mir rausgerutscht", flüstert er.

Schnaubend verschränke ich die Arme vor der Brust und lasse mich in den knarrenden Klappsitz zurücksinken. Crimson bemerkt, dass irgendetwas anders ist als sonst. Dass mich das belanglose Gezanke des Teams tiefer trifft als gewöhnlich. Er ist der feinfühligste zwei Meter großen Berserker, den ich kenne. Eine der Qualitäten, die ich so sehr an ihm schätze.

„Baguette, nicht traurig sein", fordert der keltische Hüne mich auf, streckt eine riesige Hand aus und verwuschelt meine Haare noch mehr, „Der ist nur eifersüchtig, weil du noch duschen konntest und er verschlafen hat."

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