45 - Clara de Flocon

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Es ist so gerammelt voll, dass ich andauernd in irgendwelche Leute hineinrenne, nicht zuletzt in den Sunhunter. Die Musik vibriert durch meine Knochen, die Menge reißt mich mit und ich bin plötzlich Teil eines größeren Ganzen, das für ein paar Stunden alle Sorgen vergisst, einfach nur wild auf und ab springt und die Texte uralter Lieder Richtung Decke schreit.
Alle Regeln, die unseren Alltag sonst bestimmen, scheinen weit weg. Keine Trillerpfeifen, keine gebrüllten Befehle, einfach nur Musik und so viel Gelächter, dass mir schwindelig wird.

Meine Beine brennen so sehr, dass ich kaum noch stehen kann, als sie irgendwann Angels von Robbie Williams als letztes Lied spielen. Wir grölen laut mit, der Sunhunter hat die Arme um Angel und mich geschlungen, wir taumeln durch die letzten Takte und fordern lautstark noch einen Song, als es vorbei ist.

Angel, die völlig neben sich steht und es augenscheinlich gar nicht fassen kann, dass sie tatsächlich gerade mit dem Sunhunter gefeiert hat, nimmt Booth sein Bier ab und prostet uns zu. Matt drückt meine Schulter und bugsiert uns einmal mehr auf die Bar zu, aber nicht für Alkohol, sondern Wasser. Der Barkeeper sieht uns kommen und sieht so selbstzufrieden aus, dass es verboten werden sollte.

„Du bist so dicht, du wirst es morgen bereuen", grinst der Sunhunter, „Und ich werde jeden Moment davon genießen."

„Das war cool", freue ich mich, während mir der ältere Rekrut aus Angels Organisationsteam ein großes Glas Wasser über den Tresen schiebt. Hinter uns buht die Menge den DJ aus, der entschieden die Anlage ausgemacht hat. Wahrscheinlich hat Siren ihm im Vorhinein gedroht. Schließlich befinden wir uns immer noch auf einem Militärschiff. Als ich aufsehe, sieht Matt mich an, was ich trotz eines Schwindelanfalls als seltsam intensiv registriere.

„Und?", fragt er, „Hast du dich entschieden?"

„Entschieden?"

Einen stummen Moment lang mustert er mich aus seinen ach so intelligenten Augen.

„Wo du heute Nacht schläfst."

Ich mache wohl ein ziemlich dummes Gesicht, denn er fühlt sich genötigt anzuhängen:

„Bei dem Typen, den wir heiß finden, oder in deinem Bett."

Was für eine komische Frage, denke ich irgendwo in meinem benebelten Kopf.

„Am besten gleich hier", ich lege den Kopf auf die Bar, „Und für eine Woche."

Er lacht und gibt dem Barkeeper sein Glas zurück, während der Rest der Gesellschaft langsam aus dem Raum sickert.

„Du hast gar nicht mit Jennifer getanzt", bemerke ich dann, immer noch mit dem Kopf auf der Bar, und nicke wage in Richtung des Ausgangs, wo gerade eine Gruppe Rekrutinnen auffallend unauffällig in unsere Richtung schauen.

„Hätte ich das tun sollen?", fragt der Sunhunter und sieht gleich danach aus, als würde er sich gerne selbst eine reinhauen. Verwirrt runzle ich die Stirn.

„Wir sollten langsam gehen", sagt er dann schnell, als Gibson in den Raum schlendert und die letzten Nachzügler auseinanderscheucht.

„Gehen? Wohin?"

Er verkneift sich irgendetwas, das sehe ich an der Art, wie sein Kiefer zuckt, aber letztendlich sagt er nur:
„Angel hat uns vorhin gebeten, ihr beim Aufräumen zu helfen. Schon vergessen?"

„Aufräumen? Jetzt?", frage ich und sehe in Richtung Küche, wo meine Teamkameradin, jetzt in normalen Kleidern, aber übersät von ‚Witzig'-Stempeln, gerade Kehrbesen an ein paar taumelnde Gestalten verteilt.

„Das war Sirens Bedingung. Keine Spur von der Party morgen früh", erinnert Matt mich und steht auf.

Trotz meines Protests wische ich letztendlich zusammen mit dem Sunhunter den Cafeteriaboden. Der Alkoholpegel und die Musik, die ich nach ein paar Handgriffen wieder zum Laufen bringe, machen die Aktion aber fast so witzig wie die eigentliche Party.

SunhuntersWhere stories live. Discover now