5 - Clara de Flocon

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„Jenkins, fünf Creds, wenn du uns Pancakes machst", lockt Panic, der gleichzeitig Sit Ups macht und mit Mouse und Angel Karten spielt. Jenkins, der einsame Kanadier mit dem grünen Irokesenschnitt, liegt auf einem der Cafeteriatische und trommelt mit den Fäusten darauf herum. Man hat ihn aus dem Musikzimmer verbannt, nachdem er die einzige Basedrum an Bord kaputt gemacht hat.

„Nicht alle Kanadier mögen Pancakes, du Intelligenzbestie", gibt Jenkins zurück.

„Zehn Creds. Und ich lobe deinen Bizeps vor Linda", erhöht Panic seinen Einsatz und lässt eine Herzkönigin auf den Kartenstapel trudeln. Angel, neben mir die einzige weitere Frau im Jet Team, wirft ihm einen säuerlichen Blick zu. Es ist allgemein bekannt, dass Panic nicht nur sehr gut Karten spielt, sondern auch sehr gut schummelt. Man weiß nie genau, was davon er gerade tut.

„Geht klar", gähnt Jenkins, streckt sich und schlurft in Richtung Küche davon, um Pancakes zu machen.

„Wieso fragt mich eigentlich niemand, ob ich Crêpes mache? Ich bin 100 Prozent Französin und er ist nur Viertel-Kanadier", empöre ich mich von meinem Platz am Fenster der Kaffeteria aus. Ich habe Besteckkästen und Zuckerstreuer auf den Boden geräumt, um genug Platz zu haben, um mich dort auszubreiten.

„Dumme Frage", Panic zieht zwei Karten, „du bist nicht in Linda verschossen", er hält inne, „oder etwa doch?"

Das gesamte Jet Team hebt den Blick und beginnt wie eine Person mit den Augenbrauen zu wackeln.

„Ich habe einen Freund, Panic", bemerke ich und blättere eine Seite meines Comics um. Meine Teamkameraden haben eine seltsame Obsession mit meinem Liebesleben und wollen mich andauernd mit irgendjemandem verkuppeln. Ich weiß, ich sollte dankbar sein, dass wir als Teamkollegen so gut miteinander auskommen, aber manchmal nervt es wirklich, wenn man absolut keine Privatssphäre mehr hat.

„Ja, dein toller Freund, Paris. Sitzt irgendwo am Rand der Galaxie", ergänzt er geringschätzig, „das ist Lichtjahre entfernt. Eine Fernbeziehung. Das zählt nicht. Ihr werdet euch nicht mehr sehen, bevor ihr dreißig seid. So katholisch kannst nicht einmal du sein."

„Hör' einfach auf, mich verkuppeln zu wollen. Konzentrier dich besser darauf, dass dich Mouse nicht mit vier Assen platt macht."

Mouse knallt vier Asse auf den hässlichen Linoleumboden und macht „Ha!". Panic bleckt die Zähne.

„Hast du genau so unser Gemeinschaftsraumrecht verspielt, oder was?", kichert Louis, der inzwischen zu uns gestoßen ist und immer noch aussieht, als wäre er gerade gegen eine Mauer gerannt, „Peinlich, alter."

Auch Booth und Crimson kommen frisch geduscht, aber immer noch mit geröteten Gesichtern vom Trainieren. Mit jeweils einem Proteinshake in der Hand verhindern sie die drohende Schlägerei. Habe ich nicht gerade das gute Klima in unserem Team gelobt? Nun ja, keine Familie ist perfekt. 

„Also", Booth lehnt sich an mein Fensterbrett, hebt einen Zuckerstreuer vom Boden auf und zuckert seinen Shake, „nachdem wir dank Panic die nächste Woche unsere Pausen in der Cafeteria totschlagen müssen ...", Panic erntet erhobene Mittelfinger und laute „Buh!"-Rufe, die er mit Fassung trägt, „... sind wir in der Hackordnung an Bord noch weiter abgestiegen. Gratulation."

„Danke, Panic!", ätzt Louis, sodass Crimson sich dazu entscheidet, dem Giftzwerg den Mund zuzuhalten.

„Morgen beginnt das neue Semester, was heißt, dass wir noch exakt", Booth sieht auf seine altmodische Uhr mit Ziffernblatt, „zwanzig Stunden Zeit haben bis zur Eröffnung, in denen wir nichts zu tun haben. Richtig?"

„Richtig!"

„Falsch", entgegnet Booth und rührt seinen Shake mit dem Zeigefinger um, „Siren will, dass wir unsere Praktikumsberichte bis morgen abgeben. Punkt Sieben Uhr."

Allgemeines Stöhnen.

„Ich kann doch gar nicht schreiben", murrt Mouse. Mouse ist zwar in vielerlei Hinsicht seltsam, aber ich bin mir sicher, dass er schreiben kann. Booth nimmt ungerührt einen Schluck von seinem gezuckerten Shake, auch wenn er nun von allen Seiten angemotzt wird.

„Wie ich euch kenne, habt ihr das alles eh schon während eurer Freizeit abgehakt, damit ihr jetzt keinen Stress habt, nicht wahr?"

Angel flucht, Panic räuspert sich unangenehm berührt, Louis vermeidet Blickkontakt mit unserem Herrn Klassensprecher und auch Mouse findet seine Schuhe plötzlich sehr interessant. Booth seufzt.

„Wir bekommen einen neuen Dozenten für die Außeneinsatzpraxis, oder?", fragte Mouse dann hoffnungsvoll. Booth zuckt nur mit den Schultern: „Wer auch immer das ist, er oder sie wird höchstwahrscheinlich auch Berichte haben wollen, tut mir leid, dich zu enttäuschen."

Mouse boxt den Boden.

„Heißt das jetzt, dass wir heute nicht feiern gehen, oder was?", Panic hat sogar aufgehört Karten zu mischen, seit Booth seine Hiopsbotschaft verkündet hat.

„Das kommt ganz darauf an, wie schnell ihr eure Berichte zusammenfantasieren könnt."

Ich gebe auf, merke meine Stelle in dem ausgeblichenen Spiderman Comic ein, das ich mir von Mouse geliehen habe, und ziehe ein Knie an.

„Das Baguette ist garantiert schon fertig, nicht wahr?", fragt Booth just in diesem Moment in meine Richtung.

„Achtunzwanzig Seiten mit Anhang", grinse ich zurück.

„Streber!", antwortet mein Team.

„Letzter Tagesordnungspunkt: unsere besten Freunde aus dem gelben Jet Team haben endlich das Motto für die Initiationsparty in ein paar Wochen festgelegt. Einundzwanzigstes Jahrhundert. Juhu."

Undeutliche Beschwerden über das viel zu unkreative Motto.

„Und für dich", Booth stellt seine Flasche ab und sieht mich direkt an, „hat ein gewisser Edmund Delacy ein Memo geschickt."

Das Team ist so baff, dass es eine Weile dauert, bis jemand einen „Booty Call" Witz bringt. Niemand bekommt Memos. Diese kleinen Nachrichten kann man zwar auch als Zivilperson über Militärfunk quer durch die Galaxis schicken, aber das zu einem unglaublich hohen Preis. Dass Ed mir ein Memo schickt verrät zwei Dinge über ihn: a) mein Freund ist reich. b) aller Wahrscheinlichkeit nach hat er mich betrogen und will sein Gewissen bereinigen. Genau so tickt er manchmal.

Wüste Verwünschungen murmelnd stehe ich auf, werfe Mouse sein Comicheft zu und ziehe los, um das Memo anzuhören. Achtundzwanzig überarbeitete Seiten Praktikumsbericht, ein letzter freier Tag vor dem Beginn des neuen Semesters und ich steuere durch den Duft von Jenkins Pancakes direkt auf das Ende meiner Fernbeziehung zu. Ein Traum, dieser Tag.

~☀️~

SunhuntersWhere stories live. Discover now