Sunhunters

14 - Clara de Flocon

Das ist totaler Wahnsinn, denke ich in Dauerschleife, als wäre in meinem Kopf eine Schallplatte hängen geblieben, während sich das Panzerglas des Cockpits über meinen Kopf senkt und zischend verschlossen wird.
Ich betätige zwei Knöpfe an meinem Helm, um mich mit meinem Schiff zu synchronisieren und die Kommunikationskanäle abrufen zu können.
Vor mir erstrecken sich die Controls eines Interstellaren Fighters, eines Weltraumjets, mit dem ich noch nie in meinem Leben geflogen bin. Mein Herz rast in meinen Ohren, aber leider nicht laut genug, um die Stimme des Sunhunters zu übertönen, der sich auf dem offenen Kanal des Jet Teams mit uns in Verbindung setzt, während die Triebwerke der Schiffe zünden.

„Meine Lieben, hier ein einminütiger Wiederholungs Crash Kurs in Sachen Fliegen. Die linke Hand bitte ganz zärtlich in den Kontrollhandschuh zu ihrer Linken gleiten lassen und die Fingerkuppen in die Sensoren legen, bevor sie auch nur daran denken, den Steuerungskolben anzufassen. Keine plötzlichen Handbewegungen, sobald sie synchronisiert sind, oder hier geht etwas in Flammen auf, noch bevor Sie überhaupt abgehoben haben."

Mit klopfendem Herzen lasse ich die Hand in den hauchdünnen Handschuh gleiten, den mir das Schiff anbietet. Fünf kleine klicks ertönen nacheinander, als sich die winzigen Bauteile des Handschuhs um meine Finger festziehen.
Ein Ruck läuft durch den UniJet.
Ich beiße die Zähne zusammen, während der Sunhunter unbekümmert weiterquatscht.

„Sie fliegen heute das Standartmodel eines Interstellaren Fighters, sozusagen das Dreirad der Kampfflieger. Zusätzlich habe ich netter Mensch Stützräder besorgt, weil Sie bis jetzt nur Romaglider – die Bobycars meiner schönen Allegorie - kennen. Miss Atilgan war so nett, Ihnen eine AI auf die Schiffe zu ziehen, die Sie bei diesem Flug unterstützt.
Sagt hallo zu Ojisan, Puppies."

Ich zucke zusammen, als die Controls einmal kurz aufleuchteten. Eine AI? Er hat eine AI auf die Schiffscomputer ziehen lassen, um uns davon abzuhalten, bei dieser wahnwitzigen Aktion draufzugehen?
Ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder erschüttert sein soll.
Immerhin muss ich nicht sofort solo fliegen, doch man zieht schlicht und einfach nicht irgendeine selbstgebastelte AI auf die Bordcomputer eines föderalen Kampfschiffs. Doch genauso wenig schickt man reguläre S3 Rekruten an ihrem ersten Tag des neuen Semesters in interstellaren Kampfschiffen in das gähnende Nichts des Weltalls hinaus. Eigentlich überlässt man auch keine Rekruten einem Sunhunter, dessen liebstes Hobby es allem Anschein nach ist, an der Türschwelle des Todes Klingelstreiche zu spielen.

Ojisan stellt sich mit der Stimme eines mittelalten Mannes auf meinem privaten Nachrichtenkanal vor.
Fasziniert sehe ich zu, wie der Computer nacheinander meine Konsole aufblinken lässt und in einer leicht näselnden, gelangweilt klingenden Stimme erklärt, was die Interstellaren Fighter von den Romaglidern unterscheidet.
Falls ich mich noch nicht genug als Nerd geoutet habe: ich mag Computer.
Ich habe schon in der Schule ein Händchen für das Programmieren entwickelt und bastle im Geheimen schon seit Jahren an meiner eigenen AI herum. Ihr Name ist Katara und auch wenn sie noch nicht annähernd bereit für irgendein komplexes System ist, liebe ich jede einzelne Zeile Code, die ich für sie geschrieben und auch tatsächlich zum Funktionieren bekommen habe. Vielleicht kann ich Ojisan hier nachher etwas genauer unter die Lupe nehmen, ohne dass der Sunhunter es bemerkt. Immer vorausgesetzt, ich überlebe diesen Flug.

„Autorisierungscode eingeben", ordnet der Sunhunter just in diesem Moment an und gibt einen Code an uns durch, den ich mit zitternden Fingern eintippe.

„Code gültig", bestätigt Ojisan, „Freigabe erteilt. Waffensysteme offline."

„Waffensysteme offline?", beschwert sich Mouse, der wohl aus Versehen auf dem offenen Kanal funkt.

„Ich mag zwar auf die Allgemeinheit ein wenig wahnsinnig wirken", antwortet der Sunhunter nonchalant, „aber bescheuert bin ich nicht. Wie bereits gesagt."