13 - Clara de Flocon

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„Noch irgendwer Lust auf Pokern?", fragt Panic und erntet nur vereinzelte Lacher und abwinkende Hände. Trotzdem mischt er die Karten. Wer in den Spelunken von New Mumbai Kartenspielen gelernt hat, den meidet man besser - zumindest, wenn man nicht das dringende Bedürfnis hat, sein Erspartes loszuwerden.

„Bruder, du hast wirklich ein Problem", meint Booth kopfschüttelnd, „Es gibt Hilfe für sowas, ist dir das klar?"

„Ja ja, aber hast du Lust zu pokern?", fragt Panic noch einmal enthusiastisch, legt die Karten zur Seite und lehrt sein Poker Notfallcase aus, woraufhin bunte Casino Chips und ungefähr drei Kartensets auf den Tisch des Seminarraums regnen.

„Hey!", beschwert sich Angel und schnippt einen Chip zurück über die abfallenden Sitzreihen, „Es gibt Leute, die hier schlafen wollen."

Schlafen oder pokern?
Keine Frage, von der ich gedacht habe, sie mir am ersten Tag des neuen Semesters stellen zu müssen.
Ich sehe wenig motiviert von meinem Comic auf und beobachte an meinen auf dem Tisch vor mir abgelegten Füßen vorbei, wie sich Angel und Panic zanken. Als die Auseinandersetzung droht, körperlich zu werden, treten Crimson und Booth in Aktion. Jeder von ihnen hebt umstandslos einen ihrer kleineren Teamkameraden in die Luft, bis sich diese wieder einigermaßen beruhigt haben. Angel hat es irgendwie geschafft, eine der Karten zu essen. Sie kommt aus New Zadar, der kroatischen Bubble des Cores, wo sie sich in ihrer Zeit vor dem Militär gerne mit Türstehern angelegt und ihren spielsüchtigen Vater von Pokertischen weggezerrt hat. Panic und sie verstehen sich sehr gut - außer es geht um Glücksspiel.

„Ich hab ja so das Gefühl, dass heute keiner mehr kommt, um uns einzuweisen", unkt Jenkins, der zwei Sitze links von mir seine nervöse Energie auslebt, indem er auf dem Tisch herumtrommelt und seinen grünen Afro im Takt mitschwingen lässt. Er wird immer besonders nervös, wenn er seine StarRekrut Uniform tragen muss und nur an den Schuhen Nieten zeigen darf. Außerdem vermisst er seine Basedrum. Ich lasse meinen Blick über den Rand des Comics und durch den Raum schweifen.

Wir warten jetzt seit geschlagenen zwei Stunden auf unseren Dozenten für die Außeneinsätze. Anfangs hat das Jet Team nur so vor Vorfreude und Spannung gesummt, aber inzwischen haben wir es alle aufgegeben stocksteif und vorbildlich auf unseren Plätzen zu sitzen. Wahrscheinlich hat es irgendein organisatorisches Problem gegeben.
Bei dem Ausbildermangel in letzter Zeit ist das wenig verwunderlich. Der Krieg braucht momentan mehr Kommandanten als Dozenten, ein weiteres Zeichen dafür, dass die politische Lage seit Wazekya ein neues Tief erreicht hat.

Trotz der intergalaktischen Krise bin ich in diesem Moment so entspannt, dass ich richtig zusammenzucke, als meine DataWatch vibriert.
Jenkins und ich tauschen einen Blick. Auch seine DataWatch hat aufgeblinkt.

„Ich brauche meinen Schönheitsschlaf, Panic!", fordert Angel laut in ihrer mit ihrem hart klingenden Akzent gefärbten Standardsprache, „Sonst sehe ich aus wie jetzt und dauerhaft kann das üble Nebenwirkungen auf dein Sehvermögen haben."

„Weil ich dann Augenkrebs bekomme?", macht Panic seiner Empörung Luft, wie ein Fünfjähriger.

„Nein, dann gibt's auf die Fresse!", brüllt sie.

„Du hast meine Herzkönigin aufgegessen, du Psychopathin! Jetzt brauche ich ein neues Set!", empört sich Panic weiter.

„Heul' leise", faucht Angel.

Booth schüttelt nur den Kopf über seinen persönlichen Kindergarten von zukünftigen StarSoldaten und hält Angels Fäuste mit einer Hand fest, während er sich mit der anderen einen Schluck Fitness Shake genehmigt.

„Leute", melde ich mich zu Wort, während ich die Nachricht auf meinem DataPad überfliege, „anscheinend sollen wir uns an den Docks melden. Unser Dozent wartet oben auf uns."

SunhuntersWhere stories live. Discover now