73 - Matthias Green

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Sie sieht mich an, als hätte ich sie geschlagen. Trotz der Proteste des Arzts und der Tatsache, dass mein Kopf vor Schmerzmittel schwimmt, stolpere ich auf die Tür zu. Erst draußen holt mich Clara ein. Sie sieht ungefähr so erschlagen aus, wie ich mich fühle. Von Kopf bis Fuß in Ruß und Blut getaucht, mit strahlend weißen Bandagen an den Armen und Alienschleimspritzern auf den Schuhen hasten wir an der Schwesternstation vorbei.

„Du hast es nicht für nötig gehalten, mir zu sagen, dass heute noch eine verfickte Deepspace Schlacht ansteht?", fragt MacClara, verständlicherweise fuchsteufelswild. Zwei Pfleger drehen sich zu uns um.

„Pssst", mache ich, während einmal mehr schwarze Punkte durch mein Blickfeld tanzen, „Nicht so laut!"

Wieso hast du mir das nicht gesagt?", bellt sie, wenn überhaupt noch lauter.

„Ich war abgelenkt von den dreißig Piraten, die auf mich geschossen haben."

„Kommen Sie sofort wieder zurück!", ruft uns der Arzt hinterher. Wir ignorieren ihn geflissentlich.

„Und der Kreuzer?"

„Daran arbeite ich noch."

Just in diesem Moment biegt Booth um die Ecke. Wir kommen schlitternd vor ihm zum Stehen, so knapp, dass ich seine einzelnen Barthaare erkennen kann. Er wirft Clara und mir einen scharfen Blick zu.

„Haben wir nicht gerade Kopf und Kragen riskiert, um euch auf die Krankenstation zu bringen? Wo genau wollt ihr denn jetzt wieder hin?"

„Keine Zeit", knurre ich und will mich an ihm vorbeischieben. Als mich etwas am Hals berührt, denke ich einen verwirrten Moment lang, Booth will etwas von mir. Doch dann sehe ich auf.

„Grabsy!"

Mein Oktopus sitzt quickfidel auf der Schulter des Klassensprechers, leuchtet wie ein ganzer Christbaum und streckt die Tentakeln nach mir aus. Booth kann nicht einmal mehr blinzeln, bevor der Oktopus von seiner Schulter auf meine wandert. Ächzend nehme ich mein Babyalien in Empfang, das gleich mal zwei Tentakeln mitten in mein Gesicht klebt, um seine Zuneigung zu zeigen.

„Ich hab dich auch vermisst, bro!"

Neben mir räuspert sich Clara.

„Matt, wie war das mit Todesgefahr?"

„Richtig."

Ich bin gezwungen, mein Baby wieder MacClara zu überreichen, obwohl sie ja diejenige war, die Grabsy verloren hat. Doch bei meinen Verletzungen ist jede zusätzliche Anstrengung reine Folter. Booth akzeptiert augenscheinlich, dass wir wohl oder übel auf eigene Faust losziehen werden, seufzt und schließt sich uns an, um gegebenenfalls als Begleitschutz zu fungieren. Ich hämmere auf den Aufzugsknopf.

„Wir müssen Noyemis Signatur stehlen."

Mit quietschenden Sohlen drehe ich mich zu MacClara um.

„Was?"

Der Aufzug ist da, wir steigen ein. Es ist kalt hier draußen. Vielleicht hätte ich ein T-shirt anziehen sollen.

„Ihre DataWatch. Noyemi arbeitet für die VHN, hast du gesagt? Wir brauchen eine VHN Signatur für das ganze Schiff, wenn wir an dem Kreuzer vorbei wollen."

„Aber sie haben uns schon genauso lange auf dem Radar, wie umgekehrt. Das funktioniert niemals."

„Doch, wenn sie glauben, dass wir geentert wurden."

Die Türen öffnen sich, wir rennen einmal mehr einen Gang hinunter.

„Ein Kreuzer? Von zwei Personen geentert? Die VHN ist ja doof, aber so doof."

„Heißt das, du kannst dir nicht im Traum vorstellen, wie Noyemi und Garcia alleine einen Kreuzer entern?"

Ich halte inne. Das reicht ihr als Bestätigung.

„Du kennst sie persönlich und musst erst nachdenken, bevor du antwortest. Der Kapitän und die Offiziere auf diesem VHN Kreuzer kennen nur die Geschichten über Sugarcube und Babydoll, zwei Psychopathen, die jetzt zum Glück für ihre Seite arbeiten. Was glaubst du, wie dumm die schauen werden, wenn sich all das Geflüster bestätigt, weil Noyemi das Schiff übernimmt?"

„Das ist gewagt."

„Aber es könnte funktionieren. Wir müssen nur irgendetwas erfinden, mit dem sie uns erpressen kann."

„Das müssen wir nicht erfinden."

„Hm?"

„Jemand hat Z Sprengstoff gestohlen in Port Canad. Selbst Jitter dachte, dass es Noyemi ist, weil sie das Schiff ausbrennen lassen will, um mich maximal zu quälen."

„Ja?", fragt Clara. Sie hat die Zähne fest zusammengebissen, als würde ihr der Gedanke, dass mir jemand absichtlich Schmerzen zufügen würde, Übelkeit bereiten. Wenn ich irgendwie könnte, würde ich diese Frau behalten.

„Sie war es nicht. Oder zumindest hat Quispe keine Tonne Z Sprengstoff in den Schiffen gefunden. Das, womit sie die Jets in die Luft gejagt hat, war ganz gewöhnliches Zeug."

„Wir wissen jetzt, dass sie dich tot oder lebendig wollen", begreift Clara, „Das ändert alles."

„Solange Noyemi beweisen kann, dass ich auf diesem Schiff war, wenn es ausbrennt, ist alles perfekt. Solange sie noch keinen Distress Call abgesetzt hat, können wir uns also vielleicht einfach an der VHN vorbeischleichen und so tun, als wären wir sie."

Wir halten an einer Ecke an, weil wir beide erst wieder zu Atem kommen müssen. Clara klebt das Haar an der Stirn, als sie sich nach vorne beugt, um die Handflächen auf ihre Oberschenkel zu stützen.

„Schön", keucht sie, „Wir brauchen Ravennas Watch."

„Wann habt ihr zwei das besprochen?", fragt Booth, der als Einziger immer noch eine brauchbare Kondition hat und nicht unter Drogen steht.

Ich sehe auf, treffe MacClaras Blick und muss grinsen.

„Gar nicht."

~☀️~

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