48 - Clara de Flocon

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Siren und Jefferson tun alles, um den Sunhunter aus der Angelegenheit rauszuhalten, doch all ihre Bemühungen sind vergeblich. Matthias steht unbeweglich wie eine der Götterstatuen, mit denen er sich so gerne vergleicht, vor Roachs Zimmer und vertreibt die meisten als Security abgestellten Soldaten alleine durch sein absichtlich psychopathisches Grinsen.
Einen der Männer, die tatsächlich versuchen, ihn von seinem Posten wegzuziehen, nennt er aus irgendeinem Grund ‚Eure Majestät' und einen zweiten ‚Karotte', wenn mich mein Gehirn nach dieser in mehrerlei Hinsicht wilden Nacht nicht doch langsam verrät und vollkommen sinnbefreite Dinge ausspuckt.

Wir stehen also zu viert vor dem Zimmer und schreien uns so lange an, bis Stasya der Kragen platzt und uns die erstaunlich gewaltbereite Schwester hochkant hinauswirft. Vor der Tür der Krankenstation tauschen der Sunhunter und Siren unangenehm berührte Blicke. Für beide ist die Situation so peinlich, dass sie sich mit einem etwas gekünstelten Handschlag darauf einigen, die Angelegenheit zu vertagen und sich wie Erwachsene aufzuführen. Der Sunhunter bezieht daraufhin vor der Krankenstation Position, Jefferson tut es ihm nach und die Generalin stampft davon. Kopfschüttelnd und mit dem Oktopus auf der Schulter stehe ich neben dem Sunhunter, der irgendetwas auf seiner DataWatch herumtippt.

„Und jetzt?", frage ich, „Stehen wir hier bis wir im Core sind?"

„Nein, nur bis ich telefoniert habe."

Jefferson linst zu uns herüber, während Matt ein paar Knöpfe drückt und vor ihm in der Luft das Symbol einer um die eigene Achse routierenden Sonne auftaucht. Ich blinzele verwirrt, als ein paar Momente später das Hologramm einer Frau an einem Schreibtisch auftaucht - viel schneller, als es technisch möglich sein sollte.

Besagte Frau hat die in schwarzen High Heels steckenden Füße auf ihren Schreibtisch gelegt, einen riesigen Kaffeebecher in der linken Hand und in der anderen ein Tablet, das ebenfalls das Sunhunter Logo trägt. Ihr feiner schwarzer Anzug kostet höchstwahrscheinlich mehr, als meine gesamte Ausbildung. Auch die zivilen Mitarbeiter von van Havens Legion scheinen sich eine goldene Nase zu verdienen.

„Ava", der Sunhunter winkt, „Klopf klopf. Es gibt einen Notfall."

Die Dame am Schreibtisch macht eine wegwerfende Bewegung mit ihrem überdimensionalen Kaffeebecher.

„Bin beschäftigt", sagt sie ohne den Blick zu heben.

Matt ruckt unwillig mit dem Kopf und scheint sich erst sammeln zu müssen, bevor er erneut ansetzt:

„MacSage, das ist deine Notfallhotline. Ich erkläre dir kurz, was ein Notfall ist, weil du augenscheinlich den Bezug zur Realität vollkommen verloren hast, nachdem man dir heute die Raucherpause gestrichen hat. Die Welt ist so gemein."

„Ja, bla bla, Green, lass mich mein Sudoku fertig machen. Bis dahin wird die Welt schon nicht untergehen."

Van Havens Mitarbeiterin drückt auf einen Knopf und das Hologramm erlischt. Ich blinzle irritiert, der Sunhunter knurrt eine Verwünschung und Jefferson gluckst schadenfroh.

„Die IV. Legion war schon immer so", sagt er zu mir, während der Sunhunter zähneknirschend erneut eine Verbindung zu seinem Kontakt im Core aufbaut.

„Ein Notfall", intoniert Matthias, sobald die High Heels auf dem Schreibtisch wieder auftauchen, „Vielleicht gebe ich dir ein paar Beispiele, damit du dir eine ungefähre Vorstellung davon machen kannst, wie das Leben so ist, wenn man sich nicht gerade seinen dritten Iced Chocolate Mocha mit zwei Spritzern Vanille und Schokosprenkeln reinzieht und auf Staatskosten Briefbeschwerer in Sonnenform shoppt. Ein Notfall wäre zum Beispiel gegeben, wenn van Haven herausfände, dass du deine Nägel auf seine Rechnung machen lässt. Oder auch, dass du was mit dem Sachbearbeiter nebenan hast, obwohl das gegen alle Vorschriften geht. Muss ich weitermachen?"

SunhuntersWhere stories live. Discover now