8 - Clara de Flocon

3.1K 318 29
                                    

„Es ist ja nicht so als wäre er der perfekte Prinz vom Schloss nebenan gewesen, Clara, ist ja nicht so, als hättest du dich in den perfekten Kerl verliebt und dann alles ruiniert. Einfach nur bescheuert! Was kannst du eigentlich?", werfe ich mir selbst vor.

Es ist vielleicht etwas dramatisch, dass ich mir Jenkins Küchenschlüssel geklaut habe, um in einer großen Rührschüssel unter dem Rauchabzug die drei Bilder zu verbrennen, die ich von Ed und mir habe, aber irgendetwas muss ich tun. Ich versuche mich durch schnulzige, traurige Songs in die richtige Stimmung zu versetzen, was nur so halb funktioniert.
Ich weiß nicht, ob meine Augen von den seltsamen Dämpfen die das brennende Fotopapier absondert, oder von dem Hauch Traurigkeit tränen, den ich in mir hochgezogen habe. Hauptsächlich bin ich nämlich nicht am Boden zerstört, sondern stinkwütend darüber, dass er es wirklich gewagt hat, mich so sang- und klanglos abzuservieren.
Ich ertrage den Gedanken nicht, dass diese Beziehung schon länger vorbei ist, als ich wahrhaben will. Dann müsste ich mich nämlich mit der Frage beschäftigen, warum ich mich an Ed geklammert habe. Und dafür habe ich keine Nerven, vor allem nicht, wenn morgen um acht das neue Semester beginnt.

„Darf ich fragen, was Sie da machen?"

Ich fahre herum. Erwischt zu werden ist das letzte, was ich jetzt gebrauchen kann, aber es würde natürlich wunderbar in diesen Tag passen, wenn jetzt auch noch Siren selbst in der Tür steht und mir direkt eine Verwarnung für den unautorisierten Gebrauch von offenem Feuer verpasst.

Doch es ist nicht die Generalin, die wie die Ruhe selbst an der feuerfesten Tür zur Großküche steht, sondern ein mir vollkommen unbekannter Typ. Groß, in Hausmeisteruniform, mit fast weißen Haaren und fragend gehobenen Augenbrauen.

Ich wische mir halbherzig über die Wangen.
„Vielleicht verbrenne ich das Foto meines Ex Freunds, vielleicht habe ich mitten in der Nacht Lust auf Tortilla Chips bekommen und sie anbrennen lassen."
Einfach genial, wie mein Gehirn bei so etwas abschaltet. Am liebsten hätte ich mich mit einer der riesigen Suppenkellen k.o. geschlagen.

Der gutaussehende Hausmeister mit dem schrecklichen Timing legt den Kopf schief. Er hat die Ausstrahlung eines Mannes, der sich durchaus bewusst ist, dass er jede Frau in Sichtweite zum rot werden bringt, aber das immer wieder aufs Neue faszinierend findet. Wie ich diese Typen hasse.

„Den zweiten Teil des Plans hatte ich auch", er zieht eine Packung Tortilla Chips aus einer unauffälligen Tüte, „aber die Föderation kann wirklich nicht mehr das sein, was sie einmal war, wenn sich gleich zwei von uns dazu entschließen, Essen zu klauen und dafür eine Verwarnung zu riskieren. Also tippe ich darauf, dass du ein Foto deines Ex Freunds verbrennst. Mein Beileid", er schlendert durch die Küche.

Ich lösche innerlich halb durchdrehend die immer noch vor sich hin glühende Asche in der Spüle, während der Hausmeister sich auf den Tresen schwingt und die Chipstüte platzen lässt.

„Schmecken auch kalt", meint er und hält mir die Tüte hin. Als ich ihn ignoriere, schüttelt er selbige auffordernd. Ich hebe die Augenbrauen.

„Was soll das?"

„Iss mich", fordert der Fremde mit verstellter Stimme und unter weiterem Chipstütenschütteln,
„Iss mich. Tortilla Chips sind gebackene Dreiecke aus Sonnenlicht, die die Macht haben, deinen Tag zu erhellen. Vor allem wenn sie geklaut wurden."

Ich blinzele mehrmals irritiert.
Der Hausmeister senkt die Chipstüte.

„Spinnst du?", frage ich, zunehmend genervt.

Jetzt wirkt er beleidigt, schnaubt kurz und greift selbst in die Tüte.
„Ich verbrenne hier nicht mitten in der Nacht das Bild meines Ex Freunds in einer Teigschüssel und höre dabei alte Herzschmerzlieder, ohne zu weinen."

SunhuntersNơi câu chuyện tồn tại. Hãy khám phá bây giờ