24 - Clara de Flocon

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„Glaubt ihr, er blufft?", fragt Jenkins unruhig. Seine nietenbesetzten Schuhe trommeln auf den Boden des Vorlesungssaals, während wir uns alle in die Schutzwesten werfen, die zwei leicht verstörte technische Mitarbeiter vor ein paar Momenten in den Raum gerollt haben. 

„Ich glaub' nicht, dass der je blufft", brummt Crimson und schließt seine Weste geräuschvoll, „Wenn er sagt, dass wir heute Baumstammweitwurf machen, dann bet your ass, machen wir heute Baumstammweitwurf."

„Wäre mir lieber", murre ich, was Crimson in schallendes Lachen ausbrechen lässt. Er klopft mir so fest auf den Rücken, dass ich einen Meter nach vorne taumle und dabei fast in Dragon hinein krache. Unsere Geisel hat sich in den letzten Minuten auffallend ruhig verhalten, vielleicht weil Crimson auch ohne seinen Waffenbruder und Gymkumpanen Booth aus der Nähe sehr viel größer und bedrohlicher wirkt, als so manch anderer.

„Scheiße, Paris", lacht Louis, „du siehst aus, wie ein Kerl in der Weste."

„Ich wünschte, ich könnte dasselbe über dich sagen", schießt Panic zurück. Er verstaut eine Packung Karten in seiner Weste und lädt mit einem Knallen eine der Paintballwaffen, die der Sunhunter dem Team dagelassen hat. Wo er sie her hat ist ein mittelgroßes Mysterium, schließlich fliegen wir mitten durch das All und können nicht schnell bei einem Onlineversand ein paar tausend Spielzeugwaffen bestellen.

„Wir müssen und wohl oder übel aufteilen", stelle ich fest und nehme ebenfalls eine der Fake Waffen zur Hand. Ich schieße nicht gerne, komme aber logischerweise nicht darum herum. Inzwischen bin ich sogar ziemlich zielsicher, auch wenn meine Präzisionsschüsse keinerlei Konkurrenz für die Kunst sind, die unsere Scharfschützenkönigin Angel fabriziert.

„Wir müssen unsere Geisel irgendwo verstecken, wo sie niemand vermutet, dann können wir etwas nachlässiger mit den Wachen sein", sagt diese, während sie sich eine Ladung Munition an den Gürtel schnallt, „Der Rest muss Booth suchen, sonst finden wir ihn nie."

„Falls wir ihn so überhaupt jemals zu Gesicht bekommen", unkt Mouse und erntet eine halbherzige Nackenschelle von Panic.

„Angel, Panic, Jenkins, Mouse und ich gehen in die Offensive", bestimmt Crimson in seinem tiefen Bass. Ich merke entsetzt auf und treffe Louis Blick über das Pult hinweg, während wir eins und eins zusammenzählen.

„Moment", schaltet sich dieser ein, „was ist mit mir?"

Crimson mustert seinen Teamkameraden nur kurz. Er kratzt sich am Bart und erklärt:
„Du bist laut wie ein Ochse, wenn du durch die Gegend rennst. Dich nehme ich nicht mit auf eine Schleichmission, lad. Paris kennt sich an Bord besser aus, als die Ingenieure, die das Schiff entworfen haben. Zusammen solltet ihr es hinbekommen, unsere Geisel unter Verschluss zu halten", sein Blick huscht zu mir, „Zumindest, wenn Paris ein wirklich gutes Versteck im Kopf hat."

Ich glaube Crimson kein Wort. Er hat mitbekommen, dass es zwischen Louis und mir kriselt und steckt uns deshalb in ein Team, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass wir uns in Anbetracht dieser wahnwitzigen Version von Capture the Flagg irgendwie wieder zusammenraufen. Was nicht passieren wird.

„Ich soll Wachdienst mit dem Croissant schieben?", beschwert sich Louis laut, „Was ist das für eine Scheiße?!"

„Wer ist dafür, dass wir uns so aufteilen?", fragt Crimson in die Runde und ignoriert dabei vollkommen meinen vorwurfsvollen Blick. Louis und ich werden bei Weitem überstimmt, was meinen neuen Wachkumpanen so in Rage bringt, dass er wirklich mit dem Fuß auf den Boden stampft, wie im Film.

Doch Angel, Panic, Jenkins und Crimson starren Louis nieder, bis seine „Nein! Vergesst es!" Bekundungen schließlich ersterben.

„Keine Widerrede", Crimson drückt auch ihm eine Paintballwaffe in die Hand, „Und wehe, ihr lasst euch die Geisel klauen."

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