74 - Clara de Flocon

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Als wir in der Brig ankommen, ist die zentimeterdicke Metalltür geschmolzen und nach außen gebogen, als hätte sie jemand mit einem Hochleistungsflammenwerfer attackiert. Das Metall raucht noch. Matt, Booth und ich stehen vor den Überresten, sehen zu, wie Funken über das Panel daneben huschen. Gar kein guter Start. Wir tauschen bange Blicke.

„Ich hab' da ein ganz mieses Gefühl", zitiert der Sunhunter und kassiert dafür einen Rippenstoß von mir. Er kippt kichernd zur Seite. Booth muss ihn am Oberarm nehmen und aufrecht halten, während ich mit einer seiner Waffen im Anschlag vorsichtig über die Überreste einer Neonröhre steige, um in den dunklen Gang dahinter zu treten. Selbst die Notbeleuchtung ist hier ausgefallen.

„Hallo?", rufe ich in die Stille, „Paris hier, bitte kommen."

Weiter hinten im Gang regt sich etwas. Ich fahre zusammen, hebe die Waffe und fordere: „Keine Bewegung!"

Die Shilouette eines Mannes schält sich aus der Dunkelheit. In dem schlechten Licht kann ich nicht viel mehr erkennen als die Tatsache, dass er die Hände gehoben hat.

„Identifizieren Sie sich, oder ich drücke ab", brülle ich.

„Paris, Conrad hier", hustet der Soldat. Er redet sehr laut, wahrscheinlich, weil sein Trommelfell Schäden davongetragen hat.

„Verifikationsnummer?", frage ich, immer noch mit erhobener Waffe.

„CGN700F."

Neben mir tippt Booth Name und Nummer in die Datenbank seiner Watch ein, da Ravenna meine eigenr Watch kaputt gemacht hat. Er nickt. Ich senke langsam die Waffe.

„Was ist passiert?", frage ich den Mann in der verkohlten Föderationsuniform, der nun zu uns hinaus gehinkt kommt. Er sieht ungefähr so schlimm aus, wie der Sunhunter und ich, was heißt, dass er sich nur noch durch pure Willenskraft auf den Beinen hält.

„Ich habe nicht die leiseste Ahnung. Alles ist in die Luft geflogen."

Der Sunhunter geht in die Hocke, kratzt mit dem Nagel etwas Ruß vom Boden und berührt dann mit der Fingerspitze seine Zunge. Er spuckt es sofort wieder aus.

„Ravennas Notvorrat", meint er dann, „Irgendein Idiot muss sie zu schlecht untersucht haben."

„Fuck!", fluche ich, „Das war's mit unserem Plan!"

„Angel und Quispe haben Ravenna verhaftet, wenn mich nicht alles täuscht", wirft Booth ein, während wir auf dem Absatz umdrehen. Der Sunhunter ruft meine Teamkollegin an, die leider berichtet, dass die Söldnerin und der Pirat soeben das Schiff verlassen haben. Im Hintergrund hört man, wie Siren knappe Befehle verteilt.

„Was machen wir jetzt?"

„Keine Ahnung, aber wir machen es lieber schnell", Matt hebt seine Watch in die Höhe und ein Hologramm erscheint zwischen uns, „Wir sind noch etwa zehn Minuten davon entfernt, uns in die Reichweite des VHN Kreuzers zu begeben."

„Jedes Mal, wenn ich denke, schlimmer kann dieser Tag gar nicht mehr werden, kommst du mit sowas daher!"

„Hey, ich bin nicht zurechnungsfähig", lallt der Sunhunter, „Hast du selbst gesagt."

Ich zwinge mich, tief durchzuatmen. Liste der Dinge, die in eurem Lieblings Science Fiction Streifen nicht passieren: a) Die Bösen türmen, kaum werden ihnen Ketten angelegt, weil jemand zu unfähig ist, ihnen all ihre Waffen abzunehmen.
b) Der angekokelte Soldat aus der Brig packt seine Thermoskanne aus und fragt, ob noch irgendjemand Kamillentee will, bevor es weitergeht.
c) Der Held schwebt während des Showdowns ohne T-shirt auf einer gesunden Dosis nichtsteroidaler Analgetika durch die Gegend, anstatt das Problem zu lösen.

SunhuntersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt