Kapitel 1 - Muffin Dieb.

75.4K 2.3K 784
                                    

Die Zeitung war wie immer aufgeschlagen und in den Händen meines Vaters, als ich von meinem Zimmer nach unten kam in die Küche. Summend setzte ich mich auf den Sessel ihm gegenüber und hörte meine Mutter in der Küche mit meinem Bruder schimpfen, worauf ich ein schmunzelndes Grinsen aufhatte.“Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du nicht einfach über Nacht wegbleiben sollst ohne uns Bescheid zu sagen!?“ als mein Vater die Zeitung ein wenig nach unten drückte, damit ich seine warme, grüne Augen sehen kann die sich hinter seiner Brille versteckten, musste ich feststellen, dass er ebenso grinste wie ich. Dann legte er die Zeitung hin und ich nahm sie mir um alles durchzulesen was heute drinnen stand, während ich mit einem Ohr immer noch an Mom und Mike lauschte. Natürlich grinsend. 

Mike war mein älterer Bruder und da er in 2 Wochen 18 wird, bildet er sich ein, dass die Regeln die in diesem Haus gelten, jetzt irgendwie nicht mehr für ihn gelten. Es ist beinahe der dritte Morgen wo Mike total übergezogen Nachhause kommt in der Früh und Mom ihm deshalb einen Vortrag hält über die Regeln in diesem Haus und über die Dinge die ihm hätten passieren können, während er weg war. Die fehlende Schule mal ganz auf die Seite geschoben. Mike ähnelte meiner Mom sehr. Sie war spontan, wild und abenteuerlustig, sie genoss Freiheit und war manchmal auch ein wenig verrückt, genau wie Mike. Mein Dad dagegen war eher ruhig. Er betrachtete Dinge aus der Ferne und hatte seinen Spaß dabei, während er jedoch durch Sarkasmus und Worträtsel immer das aussprechen konnte was er wollte. Er war eher der Typ der viel und gerne arbeitete, seine Freizeit dabei meistens völlig vergessen, genau wie ich. Auch vom Aussehen her ähnelte ich mehr Dad, als Mom und Mike mehr Mom, als Dad. 

“Mom, könntest du jetzt aufhören zu schreien? Die Nachbarn haben bestimmt schon genug davon, dass du seit drei Tagen jeden Morgen eine Show ablieferst.“ kommentierte Mike augenrollend, während er zum Esstisch kam und sich hinsetzte, Mom ihm hinterher. Sie trug einen weißen Kochkittel mit verschieden farbige Blümchen drauf und eine Bandana um ihre Haare, damit sie nach hinten gedrückt sind und von dem Essen fernbleiben.“Ich schreie wann ich will und wie ich will, es ist mein Haus, ich bezahle es!“ 

“Genau genommen Ich mein Schatz, aber lass dich nicht aufhalten.“ kommentierte so nebenbei mein Vater und wurde jedoch von den beiden ignoriert, selbst wenn ich ihm unter dem Tisch ein Low-Five gegeben habe für diesen Kommentar.“Wenn ich will, schreie ich mir die Seele aus dem Leib während ich Whitney Houston’s ‚I will always love you‘ singe! Kann mir doch egal sein, was andere von uns denken!“ manchmal wünschte ich, ich könnte mehr wie meine Mutter sein. Sie kümmerte sich nicht viel darum was andere von sie oder von ihre Familie hielten, sie machte immer das was sie für’s Beste hielt, selbst wenn ihre Entscheidungen manchmal anders ausgegangen sind, als sie es erwartet hätte. Meine Augen flogen über die verschiedene Überschriften in der Zeitung und blieben bei einem Autounfall stehen der gestern Nacht passiert ist. Angeblich sind zwei Menschen mittleren Alters um’s Leben gekommen und hatten eine 7-jährige Tochter über die man noch nicht viel weiß. Da steht, dass sie höchstwahrscheinlich zu einem Verwandten kommt -falls sie gewollt wird- und wenn man niemanden findet, wird sie in eine Pflegefamilie untergebracht. Traurig. Das Mädchen muss ohne ihre Eltern aufwachsen. 

Etwas niedergeschlagen begann ich mein Frühstück zu essen und fühlte bereits nach dem ersten Biss, wie es mir gleich viel besser ging. Zuhause aß ich immer viel, so viel ich nur konnte, manchmal sogar mehrere Gerichte hintereinander. Jedoch in der Schule, konnte ich höchstens ein Salat essen. In der Schule war ich schüchtern, liebenswürdig, ruhig, nett. Zuhause war ich laut, nervig und einseitig. Am Anfang des Schuljahres hatte ich so Angst das mich keiner mögen wird, dass ich mich in diese komische Person verwandelt hatte und seitdem, dachte jeder ich war ein schüchternes, liebes Mädchen ohne einer großen Klappe. Selbst wenn ich nicht ich selber war, finde ich nicht, dass man mich falsch nennen könnte. Zwar bin ich bei meinen Freundinnen anders, als ich in Wirklichkeit bin, aber ich erzähle ihre Geheimnisse nicht weiter und ich bin auch immer da, wenn sie mich brauchen. Es ist nur so, dass ich schwer ich selber sein kann, wenn ich schon seit Jahren anders in der Schule bin. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie mich nicht akzeptieren würden, wenn ich ihnen mein wahres Ich präsentieren würde und die letzten zwei Jahre ohne Freunde zu verbringen, ständig neben der Mülltonne essen zu müssen und niemanden bei Gruppenarbeiten als Partner haben, möchte ich nur wirklich nicht.“Ich bin fertig, ich gehe jetzt los.“ ich nahm mein Mittagessen vom Tisch in der kleinen braunen Tüte und schieb mein Sessel nach hinten, während ich aufstand und löste damit ein lautes Krach aus.“Ist gut, hab einen schönen Tag.“ ich nickte meiner Mutter zu, küsste mein Dad auf die Wange und schlug Mike auf den Hinterkopf, bevor ich schon mit meiner Tasche in der Hand aus dem Haus rannte, damit es mir mein lieber Bruder nicht heimzahlen kann. 

Dear DiaryWhere stories live. Discover now