Kapitel 7 | Morgenstund ist ungesund III

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„Das ist erniedrigend", knurrte der Husky nicht zum ersten Mal, als sie nur zehn Minuten später das Haus verließen, um den Weg in die Innenstadt anzutreten.

„Ich weiß gar nicht, was du hast", antwortete Miles ein Grinsen unterdrückend. „Du wolltest, dass alles rechtens ist."

„Höre ich da Schadenfreude in deiner Stimme?"

Miles hob die Augenbrauen und warf seinem Vertrauten einen unschuldigen Blick zu, während er auf seinem Skateboard weiter beschleunigte. „Ich und Schadenfreude? Was denkst du von mir?"

„Dir das zu sagen würde in Widerspruch mit meinem Auftrag stehen."

„Mir zu sagen, was du von mir denkst?", prustete Miles.

Der Fuchs antwortete nicht, sondern wich gerade noch einem Straßenpfeiler aus. „Du könntest ein wenig langsamer fahren", brummte er stattdessen.

„Du bist ein Fuchs, du solltest Schritt halten können."

„Kann ich auch, aber ich möchte durch dieses Halsband nicht erwürgt werden, wenn du die nächste Kurve noch stärker schneidest, als die Letzte."

„Hunde können das auch."

„Ich bin aber kein Hund!"

„Du siehst aber wie einer aus", bemerkte Miles das Offensichtliche.

Blacky knurrte, was in seiner momentanen Form ein bisschen beeindruckender klang. „Die Betonung liegt auf aussehen! Ich bin kein Hund!"

Miles tat überrascht. „Ach stimmt ja, eben hat dich ja auch nur dein Stolz, welcher mit deinem weiterentwickelten Intellekt entstanden ist, daran gehindert, dich auf das Niveau eines Hundes hinabzubegeben, als du dich in einen verwandelt hast. Oder willst du zugeben, dass du mit dem besten Freund des Menschen nicht mithalten kannst, Blacky?"

Der Fuchs brummelte nur unverständlich vor sich hin, aber Miles meinte Satzfragmente wie „Na warte" und „Köter", herauszuhören. Der Junge lächelte in sich hinein und genoss die Fahrt auf dem Skatebord. Sich eine Leine und ein Halsband bei seinem Nachbarn zu leihen und den Fuchs, den er inzwischen nur noch Blacky nannte, einfach Gassi zu führen, war eine gute Idee gewesen. Erstens, weil es dem Fuchs nicht gefiel, zweitens, weil in Deutschland Leinenpflicht herrschte und drittens, weil es dem Fuchs nicht gefiel. Miles konnte sehr nachtragend sein, wenn jemand drohte, in sein Bett zu pinkeln.

„Kleiner, da vorne!", riss ihn Blackys Stimme plötzlich aus seinen Gedanken zurück.

„Was?", fragte er verwirrt und brachte das Board zum Stehen.

„Da vorne. Wir sind da."

Miles hielt inne und blickte sich um. Erstmals fiel ihm auf, dass er keine Ahnung hatte, wonach er überhaupt Ausschau halten sollte. Sie befanden sich in der Innenstadt, nahe dem Bahnhof, nicht gerade das schönste Viertel der Stadt, aber Miles kannte sich ein wenig aus. Er hatte erwartet, eines dieser Bürogebäude aufzusuchen, musste sich aber jetzt in Erinnerung rufen, dass sie zu einem magischen Amt wollten. Er durfte wohl kaum ein Gebäude mit der Aufschrift ‚Zentrales Verwaltungsgebäude der magischen Gemeinschaft' erwarten. Vielleicht benutzten sie ja ein Akronym. Alles und jeder verwendet schließlich heutzutage Akronyme, bestimmt also auch ein magisches Amt. Nur wie könnte so eine Abkürzung aussehen? ZVmG?

„Es ist gut getarnt", sagte Miles, weil er nicht direkt zugeben wollte, dass er es nicht sehen konnte.

„Natürlich", erwiderte der Fuchs. „Wäre ja ziemlich dämlich, wenn jeder Welpe es finden würde."

Das Erbe des LichtbringersWhere stories live. Discover now