Kapitel 8 | Das Welpenformular II

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Seinen Ärger mühsam unterdrückend stapfte Miles abermals zurück in die angrenzende Empfangshalle, die inzwischen vor Wartenden nur so überquoll. Wären die Menschen in ihrem Aussehen nicht alle so unterschiedlich gewesen, er hätte glauben können, sich in einem ganz normalen Amt zu befinden – in einem sehr strukturierten und peniblen Amt, mit außerordentlich unfreundlichen und eingebildeten Angestellten, die nichts Besseres zu tun hatten, als ihn, Miles, immer wieder in die Warteschlange zu schicken. Ärgerlich drängte er sich weiter, weil er sich auch ja in die richtige Schlange einreihen wollte. Dabei stolperte er versehentlich über den Stock eines Medizinmannes, der dem nächsten Urwald entsprungen sein könnte, und prallte dadurch in seinen Nachbarn hinein.

„Verzeihung, äh, ich meine, sorry, my fault", entschuldigte er sich.

„Halb so wild, kann bei dem Andrang hier schon mal passieren."

Verwundert, in seiner Muttersprache angesprochen worden zu sein, sah er auf und blickte in die grünen Augen einer Teenagerin.

„Hey, du sprichst ja auch deutsch."

„Hm, wie hast du das rausgefunden, Sherlock?", fragte sie spitz.

„Es wundert mich nur", erwiderte Miles ein wenig aus der Spur geworfen. „Schließlich treffen sich hier ja Magier aus aller Welt."

Als ob ihr das nicht aufgefallen wäre, Sherlock, sagte der coole Teil von ihm.

„Bist du auch hier, um dich als Magier anzumelden?", fragte er, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken. Schließlich hatte er diesmal die Gelegenheit, mit jemanden zu reden und sich die Zeit in der Warteschlange zu verkürzen. Außerdem sah sie gar nicht so schlecht aus, mit ihrem dunkelblonden Haar, welches ihr lang über Schultern und Rücken fiel. Sie trug ein schlichtes eng anliegendes Top sowie Hotpants, was sie in Miles' Augen ziemlich sexy machte. Weniger sexy war ihre Reaktion.

„Als Magierin!", sagte sie. „Oder sehe ich wie ein Kerl für dich aus?"

Shit.

„Uh, du bist ja so spitzfindig, wie die hiesigen Beamten", sagte er und grinste breit, um die Stimmung ein wenig aufzulockern.

Das Mädchen ihm gegenüber verschränkte die Arme vor der Brust. „Spitzfindig? Ich wollte eigentlich nur eine chauvinistische Aussage richtig stellen."

„Hey, hey, kein Grund sauer zu werden", sagte er beschwichtigend. Er stockte. So richtig sauer klang sie gar nicht. Wollte sie ihn vielleicht nur necken? Verflucht, wie sollte er reagieren?

Sag irgendetwas Cooles, denk dir einfach, sie wäre dein Kumpel Däx.

„Sauer kannst du lieber auf die Angestellten hier sein", sagte er lässig und versuchte somit ihren Ärger auf den nächstbesten überzuleiten. „Dieses Amt ist echt das Letzte. Ich frage mich, ob die Beamten heute noch meinen Bogen annehmen, oder ob sie den direkt in den Arsch geschoben haben wollen. Aber dafür muss ich bestimmt erst eine Genehmigung beantragen." Er grinste breit.

„Was kann es denn da für Probleme geben?", fragte sie und hob ihre feinen Brauen. „Den füllst du aus und gibst ihn ab. Fertig."

„Schon klar, aber ..." Miles unterbrach sich. Aber ich musste mir einen neuen holen, weil ich ein wenig geschmiert habe? Wie klingt das denn? Sie hält dich dann bestimmt für einen Volltrottel, der zu dumm ist, ein paar Zeilen auszufüllen.

„Aber?", fragte sie nach.

Unsicherheit machte sich in Miles breit. „Na, musstest du dich nicht noch mal anstellen, nur weil die dir keinen Stift geben wollten?"

Das Erbe des LichtbringersWhere stories live. Discover now