Kapitel 48 | Das Erbe des Lichtbringers I

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Eines der wohl düstersten Kapitel der magischen Gemeinschaft ist der sogenannte Aufstieg des Hexenmeisters. Ein Extraktor mit einem Händchen für Bannflüche, der einem Magier nach dem anderen seine Begabungen stahl und auf diese Weise nahezu unbegrenzte Macht erreichte. Laut den Aufzeichnungen ist er für das erstmalige Auftauchen der Schatten in unserer Welt verantwortlich, die er als „Spürhunde" zur Jagd von Magiern verwendete und die seinen Befehlen willenlosen Gehorsam entgegenbrachten.

Glücklicherweise gab es zu jener Zeit einen jungen Mann, in dem die einzigartige Begabung des Lichtbringers erwachte und der als einziger Magier die Schatten und ihren grausamen Meister mit seiner Begabung vertreiben konnte.

In den Legenden heißt es „Wann immer die Dunkelheit hereinbricht, wird auch irgendwo ein Licht erglühen. Verzweifelt nicht, denn wo Leid herrscht, wird Mitgefühl geboren – und ein Lichtbringer wird kommen."

- aus „Auf den Spuren großer Magier"


„Ich hab's geschafft", erkannte Flip als er den ersten Schock der magischen Druckwelle verarbeitet hatte. Die Kraft der freigesetzten Energie war so gewaltig, dass sich jedes mickrige Härchen an seinem Körper aufstellte. Immer weiter breitete sie sich in rasender Geschwindigkeit aus.

„Ich hab's geschaftt!", jubelte er erneut und sah zu dem erschöpften Däx rüber, der von alldem nichts mitzubekommen schien. „Die Magie ist wieder frei! Fühlst du, wie sie fließt?"

Däx brummte nur. „Ich fühle nur eins fließen, und das ist mein Blut. Mir ... mir wird langsam übelst schwindelig ..."

Flips Euphorie erlitt einen herben Dämpfer. Zudem spürte er ein leichtes Stechen in der Brust, welches verbissen um Aufmerksamkeit kämpfte. Sofort zwang er sich, keine Magie mehr zu verbrennen; er wollte Däx' Schmerzen nur ungerne mitfühlen.

„Wir müssen hier weg!", sagte er entschieden. „Miles hat zwar jetzt die Magie, um den Hexenmeister zu sprengen, aber für den Fall, dass sein Gegner den Kampf meidet und lieber nachschauen will, was wir mit seinem Bannfluch gemacht haben, sollten wir uns lieber in Sicherheit bringen."

„Guter Plan", stimmte Däx zu und erhob sich ächzend aus dem Sessel.

Flip musterte ihn besorgt. „Kannst du laufen?"

„Eben konnte ich's noch. Bessere Frage ist: kannst du mich stützen?"

Hastig eilte Flip herbei und mit seiner Hilfe, gelang es Däx, zügig die Wohnung durch den Vordereingang zu verlassen. Der Empath musste ihn für seine Konstitution bewundern. Hätte man ihn so niedergestochen, er wäre längst infolge des Blutverlustes bewusstlos zusammengesackt. Der Kubaner jedoch schien einen eigenen Notvorrat an Kraft für solche Fälle angestaut zu haben, aus dem er nun eine beachtliche Menge Energie schöpfte. Nur eine Minute später verließen sie das Haus – und fanden sich vor Publikum wieder. Neben Katy und Felix warteten noch eine alte Frau und zwei Männer, die sie überrascht musterten.

„Er ist verletzt!", sagte Flip, worauf ihn einer der Männer entgegeneilte und Däx stützend half.

„Was um alles in der Welt ist da drinnen passiert?", fragte er.

„Der Scheißkerl", Däx nickte in Richtung des reglosen Körpers, „wollte uns zwei umbringen! Wir haben uns verteidigt."

Flip nickte bejahend. Nichts davon war gelogen.

„Schnell, ruf einen Notarzt!"

Der zweite Mann nickte und holte ein Smartphone hervor, während der andere Däx' Wunden betrachtete. Währenddessen traten Katy und Felix an sie heran.

„Gute Arbeit", sagte sie lächelnd und zog Flip in eine kurze Umarmung, die den Empathen in Verlegenheit brachte. Er konnte es einfach nicht haben, wenn Mädchen das taten. Es fühlte sich so ... unsittlich an.

Das Erbe des LichtbringersWhere stories live. Discover now