Kapitel 30 | Magierversammlung

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Ich habe den Hexenmeister für die Hoffnung der Magier gehalten ... nicht für ihr Ende!

- Reinhardt Schafftlich




Es war ein Rumpeln in seiner Abstellkammer, welches Schafftlich aus den unruhigen Kreisen ausbrechen ließ, die er schon seit geraumer Zeit in seinen Wohnzimmerteppich lief. Inzwischen war bereits eine deutliche Spur der Abnutzung zu erkennen.

Hastig stürmte er in die Küche und öffnete die Tür zu besagter Kammer, gerade rechtzeitig, um seinen Meister zu erblicken, der sich fluchend vom Boden aufrappelte. Um ihn herum lag ein Ring aus herabgefallenen Konservendosen, die bei seiner Ankunft aus dem Regal gefallen sein mussten.

„H-Herr", stammelte Schafftlich entsetzt über das Missgeschickt des Schattenlords. „Da seid Ihr ja! Ich habe mir schon Sor..." Er brach mittem im Satz ab. Der Hexenmeister würde es sicher nicht gerne hören, wenn er sich wie eine Glucke um ihre Kinder sorgte.

„Gab es Komplikationen? Ihr wart eine ganze Woche weg", änderte er stattdessen lieber das Thema.

„Ein paar", erwiderte der Hexenmeister, während er vorbei an Schafftlich in die Küche rauschte. „Habt Ihr etwas von diesem Tee? Dieses grässliche Hexenwerk hat meine Magie in Aufruhr versetzt!"

„Sofort", entgegnete Schafftlich und vollführte einen wahren Hechtsprung in Richtung der Küchenzeile, um nach dem Wasserkocher zu greifen. „Darf ich fragen, welcher Art die Komplikationen waren? Vielleicht kann ich helfen", bot er an, während er Wasser in den Behälter füllte.

Der Hexenmeister gab ein Schnauben von sich. Zumindest vermutete Schafftlich, dass es eines war. Genausogut hätte das Geräusch von einer Bohrmaschine kommen können.

„Eure Hilfe ist nicht vonnöten. Der Mann ist nicht mehr. Die einzige Schwierigkeit war es, ihn zu finden. Seht, meine Magie liefert mir Informationen. Wenn sie an einer Person haftet, kann ich sie nach dem Wohnort befragen. Normalerweise liefert sie mir Bilder vom Haus und dem Weg dahin - diesmal bekam ich Worte. Es hat etwas gedauert, bis ich wusste, was es mit ‚Pilgerstraße 47' auf sich hatte."

„Eine Adresse", nickte Schafftlich, während er den Wasserkocher anstellte. „Das ist für Suchzauber heute nicht ungewöhnlich. Ich hätte Euch direkt dorthin führen können."

Die nachfolgende Stille wurde nur von dem Geräuschen des Wasserkochers gefüllt, der eifrig seiner Aufgabe nachkam.

„Wollt Ihr damit andeuten, dass Ihr etwa einen besseren Suchzauber als den meinen kennt, Schafftlich?"

Mit einem „Klack" sprang der Schalter des Kochers in die Ausgangsposition zurück und verkündete die Erledigung seiner Arbeit. Genausogut hätte es ein Schalter in Schafftlichs Kopf sein können, dem gerade auffiel, dass er den Schattenlord wie einen Anfänger aussehen ließ. Zwar stimmte es, dass er den Zeugen schnell hätte finden können, aber er sollte den mächtigsten Magier der Welt besser nicht alt aussehen lassen.

„A-aber nein", stammelte er, während er nach dem Kocher griff und das Wasser in eine Tasse zu schütten versuchte, wobei mindestens die Hälfte davon auf dem Fußboden landete. „Ich kenne nur die Adresse. Die hätte ich mit Magie nie heraufinden können. Das war wirklich sehr geschickt von Euch." Hastig stellte er die Tasse vor dem Hexenmeister auf den Tisch. „Hier ist der gewünschte Tee."

Sein Meister rührte das Gefäß nicht an.

„Das ist bloß heißes Wasser", stellte er fest.

Mehrere Pakete flogen aus dem Vorratsschrank, als Schafftlich mit einem hastigen Griff den Tee hervorholte und direkt zwei Beutel in die Tasse des Hexenmeisters stopfte.

Das Erbe des LichtbringersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt