Kapitel 31 | Dicke Luft II

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„Er ist ein Sturmrufer!", warnte ihn der Knirps. „Aber den packst du mit links! Los, verkohl ihm seinen hässlichen Hintern!"

Sein Widersacher verschränkte nur die Arme und eine Böe fegte durch die Gasse, die seine Haare und den Ledermantel imposant wehen ließ.

„Dein Sinn für Dramatik ist geringer als der Nährwert eines Toastbrotes", fuhr Miles ihn an.

Der andere zuckte nur mit den Schultern. „Du hast damit angefangen", entgegnete er und deutete auf Miles' brennende Hände. „Ich ziehe nur nach."

„Verzieh dich einfach!"

„Fällt dir nichts Besseres ein?"

Abwartend standen sie auf der Mitte der Straße und belauerten sich. Miles etwas angespannt, die Knie leicht gebeugt, die Fäuste vor dem Körper in Schutzposition; der Sturmrufer vor ihm aufrecht und mit einem lässigen Grinsen im Gesicht.

Er kontrolliert bloß Wind, versuchte Miles, sich Mut zu machen. Was kann er schon tun, außer kleine Böen durch die Straße wehen zu lassen? Todfrieren werde ich nicht, ich habe schließlich auch Meister He überlebt.

„Na, hast du Schiss, dass der Wind dich von den Füßen bläst, Fünkchenwerfer?", spottete der Junge streitlustig.

„Kein Stück. Die einzigen, von denen ich mir einen blasen lasse, sind heiße Mädels, Windbeutel!"

„Dumm nur, dass deine Feuerresistenz dich nicht davor schützt, dich an solchen zu verbrennen. Sowieso wird dir kaum eine so nahe kommen wollen, wenn eine Berührung sie schon verbrüht."

„Naja, das nehmen die schon in Kauf, ich kann nämlich ein wenig mehr als heiße Luft bieten."

Mit Genugtuung bemerkte Miles, wie das Grinsen aus dem Gesicht seines Kontrahenten gewischt wurde wie Vogelkacke von der Windschutzscheibe eines Autos.

„Langsam wirst du persönlich, Wichser!", spie er und eine weitere Böe ließ die Flammen an Miles Fäusten ängstlich flackern.

„Du auch", sagte Miles, nicht mehr ganz so mutig, trotz seines verbalen Sieges. Er hatte seinen Gegner nur sauer gemacht. Aber das war sein Ziel gewesen; wütende Feinde machen immer irgendwelche überstürzten Handlungen und ...

„Dann schluck das!"

Ein Windstoß schlug ihm hart wie eine Faust gegen den Brustkorb und fegte ihn von den Beinen. Wie ein betrunkener Albatross segelte er durch die Luft und knallte schmerzhaft auf den Rücken. Nie hätte er gedacht, dass Wind so hart sein konnte. Stöhnend kam er auf die Beine und funkelte den schwarz gekleideten Typ zornig an.

Spielerisch ließ er einen Feuerball in seiner Hand auflodern. Verflucht, der Kerl ist stark! Wie soll ich mich gegen den zur Wehr setzen?

Ihm kamen Lo Hes Worte aus der letzten Unterrichtsstunde in den Sinn: „Dann findest du das am besten schnell heraus."

Miles verbrannte mehr Magie und ließ den Feuerball anschwellen. Denk an einen Flammenwerfer! Denk einfach daran, ihn diesen fiesen Stoß heimzuzahlen! Ich muss es lernen! Jetzt!

Und wie es ein ungeschriebenes Gesetz wollte, wuchs der Feuerball weiter und schoss einem Kometen gleich auf den Sturmrufer zu. Was er allerdings nicht beabsichtigt hatte, war, dass das Feuer kurz vor seinem Ziel zischend erlosch.

Der andere grinste nur, als er Miles verwunderten Gesichtsausdruck bemerkte.

„Oh, ist dein Feuer erstickt, weil der böse Sturmrufer ihm die Luft zum Atmen genommen hat?"

Das Erbe des LichtbringersTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon