Kapitel 8

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Miguel

"Miguel, mein alter Freund.", ertönt Carlos raue Stimme, während er mit ausgebreiteten Armen in meinem Büro steht. Die grauen Haare trägt er etwas länger als sonst, dennoch hat sich nichts an ihm verändert.

"Ich hoffe, du bist nicht allzu überrascht von meinem Besuch.", spottet er, als ich nichts erwidere, und kommt mit langsamen Schritten auf mich zu. 

Ich drücke meine Zigarette aus.
"Man sagte mir, dass du kommst.", presse ich durch zusammengebissene Zähne hervor und versuche nicht all zu genervt zu klingen. 

Wir waren Geschäftspartner und haben uns eigentlich gut verstanden, bis vor ein paar Jahren. 

Als Carlos auflacht, fällt mir wieder ein, wie eklig sein Lachen klingt. 
"Ja dann ist ja alles perfekt.", klatscht er in die speckigen Hände und lässt sich wie ein nasser Sack in den teuren Ledersessel vor meinem Schreibtisch fallen.

Ich kotz gleich.

"Was willst du?", frage ich ihn wiederwillig. 

Sein Goldzahn blitzt auf, als er dreckig grinst.

Pass auf, dass ich dir deine Fresse nicht gleich poliere!

"Oh, das weißt du ganz genau, mein Guter."

Ich ziehe fragend die Augenbrauen hoch. 

"Du hast da was, was mir gehört. Dämmert da was?", provoziert er mich und lehnt sich vor.
Ich schaue auf den vierten Knopf an seinem Hemd, der fast droht zu platzen, weil sein Bauch so fett geworden ist.

"Bist' dick geworden.", reagiere ich nicht auf seine Provokation und versuche ihn zu ärgern.

"Callate!", zischt er frech, dass ich meinen Mund halten soll.

Ich muss grinsen und greife nach einem Kugelschreiber, den ich zwischen meinen Fingern spielerisch hin und her bewege.
"Ich weiß nicht, was du meinst, Dicker.", kann ich es mir nicht verkneifen noch eine Anspielung auf sein Gewicht zu machen. Damals war er schlank, ja sogar fast trainiert. Doch seit er geheiratet und mit seiner Frau ein Kind bekommen hat, ist er nicht mehr der Alte.

"Nicht? Dann werd' ich dir mal auf die Sprünge helfen.", übergeht er meine Anspielung geschickt und kommt direkt zum Punkt.

Tatsächlich bin ich überrascht, dass er sich so gut im Griff hat, aber vermutlich kommt das nur vom Koks, dass er sich vorher durch die Nase gezogen hat. Als wären mir die Rückstände des weißen Pulvers auf seinem schwarzen Jackett nicht aufgefallen.

"Circa 1,70m groß. Blond. Extrem hübsch. Süßer Hintern. Brille.", beschreibt er Amara perfekt.

Nur das mit dem Hintern hätte er sich sparen können. Anscheinend kennt er ihre innere Werte nicht.

"Kenne ich, aber das war vor 4 Jahren. Sie ist tot.", gebe ich teilnahmslos von mir. 

"Echt?", wird er langsam unruhiger. 

Ich nicke desinteressiert mit dem Kopf
"Ja, ich habe sie erschießen lassen.", wiederhole ich mich.

"Wo ist dein Handlanger? Wie heißt er noch gleich? Juan?", fahre ich stirnrunzelnd fort und schütte mir Whiskey in mein Glas.

Ich halte ihm die Flasche hin, als Angebot, doch er lehnt ab. 

"Was geht dich das an?", fragt er lediglich und schaut kurz auf sein Handy.

Ich zucke mit den Schultern.
Dann tue ich überrascht.
"Ach Gott, entschuldige. Wieso frage ich überhaupt? Hab ganz vergessen, dass er bei mir im Keller liegt.", lache ich jetzt schadenfroh.

Mi amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt