Kapitel 63

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Miguel

"Ich sag doch. Du denkst nur an Sex.", ärgere ich sie zwischen unseren Küssen.

"Halt die Klappe.", motzt sie und entlockt mir ein kehliges Lachen. Dann zieht sie mir das Shirt über den Kopf.
Mit dem Fuß schließe ich gekonnt die Tür und drücke sie aufs Bett. Ich mag es, wenn sie Initiative ergreift, aber langsam reicht es.
Sie hatte schon lange genug die Führung.

16:37 Uhr

"Siehst du? Das war viel besser als deine dämliche Idee schwimmen zu gehen.", stelle ich fest und ziehe sie an meine Brust.

"Nein, ich-"

"Nein?", frage ich überrascht.
Ich weiß, dass sie es nicht so meint, aber ich bin immer noch in der Stimmung sie ein wenig zu ärgern.
Vielleicht möchte ich auch nur ihre Aufmerksamkeit, wer weiß.

"Miguel, so habe ich das nicht gemeint.", versteht sie meinen Spaß anscheinend nicht.
Ich küsse ihr lachend den Kopf und fordere sie auf weiter zu reden.

"Ich möchte immer noch an den Strand.", spricht sie ihre Gedanken aus.

"Wir gehen gleich an den Strand, si?", gebe ich nach und streiche über ihren nackten Rücken. Die Sonne geht langsam unter, doch es hat sich dadurch nicht deutlich abgekühlt.

Sie brummt etwas Unverständliches, dann zieht sie die Decke über ihren Körper.

"Champagner?", frage ich sie, weil sie bestimmt Durst haben muss.

"Was feiern wir?", erwidert sie leicht irritiert.
Ich muss schmunzeln.
Den Ring habe ich dabei, aber den Antrag kann ich ihr jetzt sicherlich nicht machen.

Wir sind ja nicht mal mehr zusammen.

Sie muss nicht wissen, dass ich den Ring schon seit Wochen mit mir rumtrage.
Das muss keiner wissen.
Vielleicht sollte ich auch einfach nicht heiraten. Vielleicht ist es richtig so, dass sie Schluss gemacht hat.

"Woran denkst du?", fragt sie mich plötzlich.
Schnell winke ich ab.

"Nichts. Gehst du zuerst duschen? Danach gehen wir essen, ich kriege langsam Hunger.", lenke ich vom Thema ab und öffne währenddessen den Champagner.
Skeptisch schaut sie mich an, dann steigt sie aus dem Bett aus und geht ins Bad.
Ich schaue ihrem wunderbaren Körper hinterher, dann schließe ich die Augen und denke nach.

Sie muss unbedingt meine Frau werden.

Eine andere Frau käme nicht in Frage.

Amara oder keine.

18:58 Uhr

Wir sitzen in einem Restaurant am Strand von Venice Beach und wartet auf unser Essen. Die Sonne versinkt gerade im Meer und wirft einen warmen Filter auf die Umgebung.

"Eduardo wurde an der Grenze von Grenzpolizisten festgenommen.", beginne ich nach langer, ausführlicher Überlegung.

"Der Sohn von Carlos?", fragt Amara ungläubig und setzt sich gerade hin.

Ich nicke.

"Ich will meine Hand nicht dafür ins Feuer legen, aber Xavier und ich vermuten, dass du nicht mehr in Gefahr bist.", erkläre ich ihr.

"Das heißt?", fragt sie mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Wir warten noch eine Woche ab, dann ist alles beim alten.", fahre ich fort.

"Das heißt, dass ich frei bin.", grinst sie fröhlich und nimmt einen großen Schluck von ihrer kalten Cola.

In mir zieht sich etwas zusammen, doch ich kann nicht sagen warum.

"Das muss ich Jasper erzählen. Dann können wir endlich zu Papa nach Miami.", klatscht sie aufgeregt in die Hände.

Ich antworte nicht.

Will sie wirklich so schnell von mir weg?
Kann sie es wirklich kaum erwarten von mir weg zu kommen?

Zur Beruhigung zünde ich mir eine Zigarette an.
Sie will wirklich mit ihrem Bruder mit.

Mit dem Kerl, der sie erschießen sollte.

Amara erzählt mir irgendwas über Miami, ihre Zukunft, ihre Pläne und was nicht alles, doch ich höre nicht richtig zu.
Ich will das nicht hören.
Ich will nicht hören, dass sie eine Zukunft ohne mich plant.

Sie plant eine Zukunft ohne mich aber mit ihrem Bruder.

Ich würde ihr die Welt zu Füßen legen, ich würde auch mit ihr nach Miami fliegen.
Sie muss es mir nur sagen.

Stattdessen schwärmt sie mir ein Leben vor, in dem sie mich nicht haben will.

Ich drücke die Zigarette aus und zünde mir direkt die Nächste an, bevor ich mein Bier in einem Zug austrinke.

Im Augenwinkel sehe ich eine glückliche Amara, die aufs Meer hinaus schaut und vermutlich an ihre Zukunft denkt. Wie sie in einer renormierten Kanzlei in Miami oder New York sitzt und Straftäter verteidigt.

Oder wie sie auf Seiten des Staates Straftäter ins Gefängnis bringt.

Und alles mit ihrem Bruder zusammen.

Dann wird sie einen reichen Schnösel kennenlernen, ihn nach 2 Jahren heiraten und 3 Kinder mit ihm bekommen.

Ich kann ihn mir genau vorstellen.

Hellbraunes Haar, glattgekämmt.
Rasiertes Gesicht, keine Muskeln und hellbeige Chinohosen.
Hellblaues Polohemd.
Vermutlich trägt er auch noch einen Helm beim Fahrrad fahren.

"Mein Papa wird sich freuen, dich endlich wieder zu sehen.", beendet sie ihren Monolog.

"Was?", frage ich, da ich glaube mich verhört zu haben.

"Mein Papa wird sich-"

"Ich habe das schon verstanden.", unterbreche ich sie brummend.

"Ich komme mit?", hake ich skeptisch nach.
Sie dreht ihren Kopf leicht zu mir und schaut mich fragwürdig an.

"Möchtest du nicht?"
Ich kann die Enttäuschung sehen, die sich auf ihrem Gesicht ausbreitet, als sie die Frage stellt.

"Natürlich. Ich komme gerne mit.", räuspere ich mich und drücke die Zigarette aus.
Sie möchte also doch, dass ich mitkomme?
Oder hat sie mich beobachtet und sagt das jetzt nur aus Mitleid?
Seit wann bin ich überhaupt so unsicher?

"Ich rufe Papa nach meinem Examen gleich mal an.", beschließt sie und bedankt sich beim Kellner, der uns gerade das Essen auf den Tisch gestellt hat. Dann wünscht sie mir fröhlich einen guten Appetit und isst genussvoll von ihren Quesadillas.

Auch ich widme mich meinem Steak.

Mi amorWhere stories live. Discover now