Mi amor

Kapitel 64

Miguel
21:13 Uhr

Wir sitzen noch eine Weile am Strand bevor wir zurück ins Hotel gehen.

"Würdest du nach Amerika umziehen?", fragt mich das schöne Mädchen, als ich die Tür zu unserem Zimmer aufschließe.

Ich muss lachen.

"Nach Amerika? Nein. Was will ich denn hier. Mir gehört halb Mexiko, da sollte ich schon auch in meinem Land leben."

"Ich würde gerne zurück nach Amerika.", beginnt sie und zieht sich die Schuhe aus. Ich schließe die Tür und lehne mich gegen die Wand im Flur.

"Hier ist es doch viel sicherer. Die Wirtschaft ist gut, es gibt genug Jobs.", erklärt sie mir.

"Hier ist es sicherer?", hake ich nach und folge ihr auf den Balkon.
Die Sonne ist bereits untergegangen, doch die Lichter der Wolkenkratzer erhellen die Stadt.

"Jeder kann hier eine Waffe tragen. Das nennst du sicher? Du kannst von Glück sprechen, dass du während deiner Schulzeit nicht draufgegangen bist, so oft wie hier Amokläufe stattfinden.", verpasse ich ihrer heilen Welt einen Dämpfer.

"Und was ist mit den Jobs?"
Sie verschränkt die Arme vor ihrer Brust und guckt mich provokant an.

Ich zünde mir eine Zigarette an und setze mich neben sie auf die Sitzecke.

"Um einen Job brauchst du dir keine Sorgen zu machen. 1. müsstest du nicht arbeiten und 2. kann ich dir einen besorgen. Auch in Mexiko.", gebe ich ihr zu verstehen, dass sie sich an meiner Seite keine Sorgen um ihre Zukunft machen braucht.

"Wer sagt denn, dass ich bei dir bleiben will?", versucht sie mich zu ärgern, doch ich lasse mich diesmal nicht drauf ein.

"Du hast mich gerade gefragt, ob ich mir vorstellen kann in Amerika zu wohnen. Das hast du nicht einfach so gefragt, sondern mit dem Hintergedanken mit mir hier zu wohnen.", stelle ich fest.

"Das stimmt nicht.", leugnet sie.

"Du wolltest wissen, ob ich für dich nach Amerika ziehen würde.", wiederhole ich meine Vermutung.

"Das ist nicht wahr.", schüttelt sie den Kopf und schaut weg.

Ich muss leicht lachen.

"Doch, ist es. Mi amor.", beende ich die Diskussion und hauche ihr einen Kuss auf den Scheitel.

Das sie nicht einfach zugeben kann, dass ich ihr wichtig bin und sie bei mir bleiben will.
Stattdessen sträubt sie sich mit Händen und Füßen dagegen.
Sie will mir nicht sagen, dass sie mich noch immer liebt.
Sie ist zu stolz um mir zu sagen, dass sie mich an ihrer Seite will, weil zwischen uns Sachen vorgefallen sind, die ihr ganzes Leben verändert haben.

"Nenn mich nicht so.", schmollt sie und setzt sich gerade hin.

"Was sonst?", provoziere ich sie und befeuchte meine Unterlippe.

Sie schaut mich einen Moment an, dann steht sie schnell von dem bequemen Stuhl auf.

"Ich gehe schlafen.", verabschiedet sie sich und verschwindet im Zimmer.
Ich muss schmunzeln.
Es ist ihr unangenehm, wenn ich ihre Gefühle anspreche.
Sie kann es nicht haben, wenn ich sie durchschaue.

Als ich die Badezimmertür höre, wie sie ins Schloss fällt, stehe ich auf und hole meinen Laptop.
Dann setze ich mich wieder nach draußen und hole die Arbeit nach, die heute den Tag über liegen geblieben ist.

Ich muss noch einiges für die nächsten Lieferungen nach Kolumbien und Brasilien klären, dann muss Theo mir erzählen, wie es mit Jasper läuft.
Nicht, dass er wieder irgendeinen Plan schmiedet, von dem keiner was mitkriegt.

Xavier ist im Moment bei Sofia in Hermosillo, es hält also nur Theo die Stellung. Außerdem gefällt es mir so gar nicht, dass Jasper auch noch in meinem Haus rumrennt.

03:01 Uhr

Es ist spät in der Nacht, als ich mich zu Amara ins Bett lege. Ich ziehe sie in meine Arme, küsse ihre Stirn und schließe die Augen.

"Ich liebe dich.", flüstere ich in die Dunkelheit und drücke sie noch einmal näher zu mir heran. Wie von selbst legt sie ihre Hand auf meine Brust und vergräbt ihren Kopf in meiner Halsbeuge.

Unwillkürlich muss ich lächeln.

Ich weiß, dass du mich noch liebst, Amara.
Ich weiß es.

Sie legt schlingt ihr linkes Bein um meins und rutscht noch weiter zu mir heran. Ich beginne kleine Kreisen unter ihrem Shirt auf ihrem Rücken zu malen und denke noch eine Weile nach, bevor ich zufrieden einschlafe.