Kapitel 30

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Miguel
12:35 Uhr

Sofia und Amara sitzen draußen im Garten und spielen Karten, während Xavier und ich in meinem Büro hocken und über Carlos' Sohn grübeln.
Das Problem mit Garcia werde ich heute Abend lösen noch, aber Carlos's Sohn lässt einfach nicht locker.

Wenn er wirklich herkommt, was ich bezweifle, dann wird ihm das selbe passieren wie seinem elendigen Vater.

Das er Amara ekelig behandelt hat und wohlmöglich noch angefasst hat, habe ich ihm trotz seines Todes noch immer nicht verziehen.
Ich habe nie mit ihr darüber gesprochen, auch wenn ich oft darüber nachgedacht habe. Frauen wollen doch immer über alles reden, oder?
Vielleicht spreche ich es heute Abend an, vielleicht auch nicht.
Sie hätte es mir doch sicher gesagt, wenn sie darüber reden möchte, nicht?

"Und was machst du heute Abend mit Garcia?", unterbricht Xavier meine Gedanken.
Ich stelle das Glas mit dem Whiskey auf den Schreibtisch und stelle mich ans Fenster. Die Sonne scheint auf den grünen Rasen und mir fällt auf, dass er anscheinend schon länger nicht mehr gewässert wurde.

Muss ich mich darum jetzt auch noch kümmern?

Ich stecke beide Hände in die Hosentasche meiner schwarzen Anzughose und lasse meinen Nacken knacken.

"Umbringen.", gebe ich stumpf von mir.

Xavier lacht.
"Das war mir klar. Aber so wie ich dich kenne, bringst du ihn nicht einfach nur um.", schmunzelt er und stellt sich neben mich.

"Erst seine Frau und sein Kind. Danach ihn. Er soll erst ein bisschen Leiden. Und dann jage ich ihm eine Kugel in den Schädel.", erkläre ich ihm halbwegs meine Strategie.
Mein Blick fällt auf Sofia's runden Bauch. Lange hat sie wohl nicht mehr.

"Sieh zu, dass sie rechtzeitig ins Krankenhaus kommt. Das Kind soll bloß nicht hier auf dem Fußboden zur Welt kommen.", brumme ich und lasse ihn ihm Büro stehen.
Das fehlt auch noch.
Eine Hausgeburt.
In meinem Haus.
Wenn das passiert, dann müssen sie mindestens eine Woche hier bleiben und das quengelnde Kind halte ich keine Stunde aus.
Ich nehme mir einen Apfel aus der Obstschale und gehe nach draußen.

"Hey.", lächelt mich Amara an.

"Wo ist der Gärtner?", frage ich sie, ohne sie zu begrüßen und beiße von meinem Apfel ab.
Sie legt den Kopf leicht schief und schaut mich verwundert an, ehe sie mit den Schultern zuckt.

"Wunderbar.", brumme ich und gehe über den Rasen, der eigentlich schon gar keiner mehr ist.

Nirgendwo kann ich ihn finden.
Was ist das denn für ein Gärtner?

Dann muss Amara das eben übernehmen, bis ich den Gärtner gefunden habe.
Oder auch nicht.

"Amara. Du hast doch gerade nichts zu tun.", rufe ich über den Garten hinweg.
Sie runzelt die Stirn und hält ihr Kartendeck hoch, als Antwort, dass sie sehr wohl etwas zu tun hat.

"Der Rasen ist trocken. Staubtrocken.", fahre ich fort und gehe auf die beiden zu. Sofia trinkt unbeirrt ein Schluck Wasser und sieht mich ebenso verwirrt an, wie meine Frau.

"Und was habe ich damit zu tun?", fragt sie leise und steht auf.
Das Kartendeck legt sie verdeckt auf den Tisch.

"Du kannst doch so gut Rasen mähen. Vielleicht kannst du dann auch den Rasen wässern?", spotte ich und spiele auf die Situation an, wo sie in Amerika auf dem Gras saß und die Halme herausgezupft hat.

Aus Langeweile.

"Nein.", lehnt sie ab und schaut sich den Rasen genauer an.

"Nein?", frage ich mich hochgezogenen Augenbrauen.
Sie schüttelt den Kopf und geht an mir vorbei.

"Aber komm mal mit.", winkt sie mich hinter sich her.
Was hat sie vor?

Mit dem Apfel in der Hand folge ich ihr in den hinteren Teil des Gartens und beobachte, wie sie den Gartenschlauch abrollt und das Wasser anstellt.

Ich schaue ihr zu.

Deshalb sollte ich jetzt mitkommen?

"Halt mal.", reicht sie mir den Schlauch und nimmt mir den Apfel aus der Hand. Sie beobachtet mich eine Weile, wie ich unbeholfen mit dem Schlauch in der Hand auf dem Rasen stehe.

"Jetzt musst du nur noch den Schlauch etwas hin und her bewegen, damit du nicht nur eine Stelle wässerst.", erklärt sie mir und klopft mir auf die Schulter.

"Du packst das schon.", will sie mir Mut machen und beißt dann genüsslich von dem Obst in ihrer Hand ab. Sie lächelt mir noch einmal aufmunternd zu, dann dreht sie sich um und lässt mich hinten im Garten stehen.

"Amara!", rufe ich wütend.

Dieses Biest.
Meine Schuhe sind nass und meine Hose auch.

Ich höre sie kichern.
Die kann was erleben.

"Was macht er da?", höre ich Xavier fragen.

Sofia verkneift sich lediglich ein Lachen, anstatt ihm zu antworten. Ich wische meine linke Hand an meiner Hose ab und stelle das Wasser ab.

"Amara hat ihm gezeigt, wie man den Rasen wässert.", erklärt Sofia grinsend.

Als könnte ich die drei nicht hören, wie sie sich über mich schlapp lachen.
Grimmig, mit nassen Sachen und nassen Händen, laufe ich auf die Terrasse zu.
Die 6 Augen liegen belustigt auf mir.

"Miguel, seit wann wässerst du denn den Rasen?" Xavier presst die Lippen aufeinander, um nicht laut los zu lachen.

"Klappe.", zische ich.
Ich ignoriere die belustigten Gesichter.

Sollen sie doch ruhig grinsen und sich lustig machen. Ich wische meine nassen Hände zum hundertsten Mal an der Anzughose ab, um erneut festzustellen, dass es nichts bringt.

"Ich ziehe mich um, dann fahren wir los, Xavier."

"Wohin?", höre ich Amara skeptisch fragen, als ich das Wohnzimmer betrete.
Ohne mich noch einmal umzudrehen, setze ich meinen Weg nach oben fort.
Die nassen Klamotten kleben ekelig an meiner Haut.

Auf dem Weg ins Schlafzimmer knöpfe ich mir das Hemd auf und öffne meinen Gürtel, dann trete ich ins Zimmer.

"Miguel, wo willst du hin?", ruft Amara laut über den Flur.
Ich schließe kurz die Augen um nachzudenken.

Soll ich ihr die Wahrheit sagen?

Mi amorWhere stories live. Discover now