Kapitel 43

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Miguel
18:01 Uhr

"Schmeckt es dir?"
Ich beobachte sie, wie sie gegen das dampfende Essen auf ihrer Gabel pustet.

Sie nickt ohne mich anzuschauen.

Ich lehne mich im Stuhl zurück und achte genau darauf, dass sie auch alles aufisst. Sie muss wieder zu Kräften kommen.

"Wo ist dein Vater?", fragt mich Amara leise.

Ich zucke mit den Schultern.
"Entweder bei meinem Bruder zu Hause oder er sitzt hier irgendwo in einem Zimmer und arbeitet."

Ich weiß wirklich nicht, wo Pedro mit Vater hingefahren ist, aber es interessiert mich gerade auch herzlich wenig.
Wichtig ist, dass Amara hier mit mir ist und es ihr gut geht.

Das ist das Einzige was gerade zählt.

Das ist das Einzige was wirklich zählt.

"Es ist nett, dass er dir hilft.", beginnt sie und schiebt sich die volle Gabel in den Mund.

"Ja, vielleicht.", winke ich ab.
Mein Vater und ich sind im Streit auseinander gegangen, weil er meine Mutter alleine gelassen hat. Es fühlt sich falsch an jetzt in gewisser Weise auf ihn und seine Erfahrung angewiesen zu sein.

"Mögt ihr euch nicht?"
Amara hat die Stirn in Falten gelegt und schaut mich skeptisch an.
Was soll ich ihr jetzt sagen?

"Es geht. Erzähle ich dir wann anders. Bist du fertig?", lenke ich vom Thema und greife nach ihrem Teller. Schnell legt sie das Besteck drauf und schaut mir dann nach, wie ich den Teller in die Spülmaschine stelle.

"Komm, du musst duschen."
Ich ziehe ihren Stuhl zurück, sodass sie leichter aufstehen kann und schiebe sie am Rücken aus dem Esszimmer.
Ihr liegt etwas auf dem Herzen, das sie sich nicht traut anzusprechen, das spüre ich. Aber wenn ich ehrlich bin, ist es mir so lieber. Ich möchte jetzt nicht über meine Beziehung zu meinem Vater sprechen und erst recht nicht daran erinnert werden, dass ich auf ihn angewiesen bin.

"Setz dich hier hin. Ich hole dir Sachen."
Ich halte ihr die Tür auf und deute auf die kleine Bank, die neben der Dusche steht. Dann wende ich mich ab und gehe ins Schlafzimmer, um ihr frische Sachen zu holen.

Ich bleibe an ihrer Unterwäsche hängen und betrachte das blaue Stück Stoff genauer. Meine Gedanken schweifen ab zu ihrem wunderschönen Körper und dem blauen Stoff, der seidig ihre Hüften umspielt.

Schnell schüttle ich den Gedanken ab und greife nach einem Shirt und einer Jogginghose von mir, dann gehe ich zu Amara.

Sie sitzt seelenruhig auf der Holzbank und schaut auf ihre Hände. Als ich das Bad betrete, hebt sie ihren Kopf leicht an und lächelt mir entgegen.

"Du brauchst Hilfe oder?", frage ich zögernd und lege ihre Sachen neben sie.
Als sie nickt, wird mir ganz warm.

"Möchtest du noch ein Shirt haben? Zum Überziehen, meine ich?"
Ich kann mir vorstellen, dass sie sich nicht komplett nackt vor mir ausziehen möchte. Obwohl, ich nichts dagegen hätte.
Sie winkt ab, dann streift sie sich die Hose von den Beinen.

"Du hast doch schon alles gesehen.", flüstert sie heiser.
Ich fahre mir schnell durch den Nacken um meine Gedanke unter Kontrolle zu kriegen. Ihre nackten Beine helfen mir nicht gerade dabei, im Gegenteil.

"Das Shirt. Kannst du mir helfen?"
Sie zuppelt leicht am Saum und zeigt mir, dass sie es sich nicht über den Kopf ziehen kann.

"Klar."
Meine Stimme bricht ab und ich muss mich räuspern, ehe ich auf sie zu gehe und ihr das graue Shirt langsam über den Kopf ziehe.
Sie trägt keinen BH, weshalb ich mich zusammen reißen muss, nicht direkt wie ein Psychopath auf ihre Oberweite zu schauen. Schnell wende ich meinen Blick ab und lege den Stoff auf den Badewannenrand hinter mir.

Ich höre, wie Amara bereits langsam auf die Dusche zu geht und drehe mich wieder zu ihr. Dann streife ich mir die Lackschuhe von den Füßen und gehe ihr hinterher. Ich werde mich extra nicht ausziehen.
Ich bin nur hier um ihr zu helfen.

Nur um ihr zu helfen.

Lediglich die Ärmel meines weißen Hemdes schiebe ich bis zu meinen Ellenbogen.

Sie steht mit dem Rücken zu mir, als ich das Wasser aufdrehe und den Duschkopf in die Hand nehme um die Wassertemperatur zu überprüfen. Ich stehe außerhalb der Dusche und betrachte Amaras Rücken.
Dann nehme ich ihre Haarspitzen in die Hand und lasse das warme Wasser über die getrockneten Blutreste fließen. Ich merke an ihrer Körperhaltung, dass sie sich langsam entspannt.

"Warum bist du noch angezogen.", flüstert sie so leise, dass ich es fast überhört hätte.

"Ich muss ja nicht duschen, oder?", flüstere ich mindestens genauso leise zurück.
Wie kann sie sowas fragen?
Ist ihr nicht klar, wie sehr ich mich zusammen reißen muss? Ist ihr nicht klar, das ich ihre Lippen und ihre Haut auf meiner vermisse?

Dass ich mich danach sehne?

Dios.

"Aber deine Sachen werden doch nass."
Sie schaut mich zwar nicht an, aber ich kann mir denken, dass sie gerade ihre Augenbrauen zusammenzieht.

Guten Morgen, weiter geht's! 🥳

Mi amorOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz