Kapitel 17

15.9K 467 39
                                    

Miguel

"Neben deinem Club in der Innenstadt. Da gibt es einen kleinen Stand. Sofia findet die Sträuße toll.", grinst er mich noch immer an. 

Ich winke ab.
"Ich will nichts Wildes. Eine Rose reicht.". 

Ich bin doch kein Weichei.

Er zieht die Augenbrauen hoch.
"Kauf ihr einen Strauß. Und keine roten Rosen. Das ist zu übertrieben.", berät er mich doch tatsächlich. 

Als ich nichts mehr sage, dreht er sich um und geht die Treppe hoch.

"Weiße Rosen?", frage ich zögerlich. 

Er blickt über mich hinweg durch einen kleinen Türspalt auf Amara.
"Ja. Weiße Rosen sind gut.", lächelt er mir ehrlich zu. 

"Schlaf gut.", verabschiedet er sich.

Ich gehe zurück in die Küche und hole Amara's Käsekuchen.
"Hier. Für dich.", stelle ich ihr den Teller auf den Tisch. 

Sie runzelt die Stirn.
"Für mich?", kann sie es nicht glauben und beäugt den Kuchen skeptisch.

Ich nicke.
"Ich möchte mich entschuldigen. Wirklich. Ich habe mich dir gegenüber nie korrekt verhalten" 

Ich sehe ihr Lächeln im Gesicht.
"Dein Käsekuchen macht es nicht rückgängig.", beginnt sie.
"Aber deine Entschuldigung nehme ich an.", beendet sie ihren Satz und schiebt sich ein Stück zwischen die Zähne.

"Willst du auch?", bietet sie mir ein Stück an. 

Ich verneine. 

"Du verpasst was.", stellt sie fest. 

Ich muss lachen.
"Ist das so?", frage ich sie nicht gerade überzeugt. 

Sie nickt grinsend.

"Übermorgen erkläre ich dir alles für deinen Job, si? Du arbeitest dann, wann du es möchtest. Zumindest bis du dein Staatsexamen geschrieben hast. Danach hast du natürlich feste Arbeitszeiten.", erkläre ich ihr schonmal einige Regeln.

Gespannt hört sie mir zu.
"Aber ich mache schon Dinge, die ich in meinem Studium gelernt habe?", fragt sie skeptisch. 

Ich nicke.
"Klar. Einige meiner Clubs sind nicht ganz legal. Im September sind Wahlen und nächstes Jahr im Januar gibt es vermutlich einen neuen Amtsinhaber. Ich will bis dahin meine Sachen in trockenen Tüchern haben, sodass mir keiner was auf dem Rechtsweg anhängen kann.", erzähle ich ihr den Hintergrund, warum ich eine Juristin brauche.

"Leuchtet ein.", nickt sie verstehend.
"Und da denkst du, dass ich die Richtige dafür bin?"

"Ganz sicher."

Sie grinst.
"Was ist eigentlich mit dem Kartell, das hinter mir her ist?", wechselt sie das Thema.

Ich beuge mich vor und stütze mich mit den Unterarmen auf dem Esstisch ab.

"Carlos' Sohn, Eduardo, interessiert erst einmal dafür, wer seinen Vater ermordet hat. Dann wird er sich um alles Weitere kümmern. Da du aber bei mir sicher bist, musst du dir keine Gedanken machen. Ich werde aufpassen.", beruhige ich sie.

Sie nimmt einen Schluck Cola aus ihrem Glas.
"Ich fahre in 3 Tagen nach Guadalajara und kläre das mit ihm. Er weiß nicht, dass ich seinen Vater erschossen habe und das kann von mir aus auch so bleiben. Ich schaffe die Sache mit dir aus der Welt und du brauchst keine Angst mehr haben.", fahre ich fort.

"Vertraust du mir?", will ich wissen.
Ich kann mir vorstellen, dass sie es ni-

"Oh. Wenn du dich noch ein bisschen mehr anstrengst, dann können wir irgendwann von Vertrauen sprechen.", ärgert sie mich frech.

Ich schnaufe belustigt.
"Wenn wir zusammen arbeiten, dann musst du mir vertrauen.", beuge ich mich leicht zu ihr.

"Solltest du dir nicht eher Gedanken darüber machen, ob du mir vertrauen kannst? Immerhin bin ich noch nichtmal im Geschäft und hatte einen Deal mit dem Jalisco-Kartell.", provoziert sie mich.

"So so?", steige ich in ihre Provokation mit ein.

Amara steht grinsend auf und bringt den Teller zurück in die Küche, so wie sie es immer tut.

"Willst du mit nach Guadalajara?", frage ich sie, als sie zurück kommt. 

"Ich dachte du willst das mit mir aus der Welt schaffen. Das wird nicht klappen, wenn sie sehen, dass ich lebe."
Sie stemmt die Hände in die Hüften und bleibt vor mir stehen.

"Die wissen doch gar nicht wie du aussiehst. Ich mache dir einen neuen Ausweis, neuer Name. Fertig.", erkläre ich ihr simpel.
Das ist nun wirklich kein großes Kunststück.

"Ich soll also bei einer Verhandlung mit dabei sein.", formuliert sie es anders. 

"Nenn es, wie du magst.", grinse ich.

"Aber nur, wenn du mir zu 100% sagst, dass mir nichts passiert.", wird sie ernst.
Ich sehe die Angst in ihrem klaren Blick, weshalb ich langsam aufstehe und auf sie zugehe.

"Amara. Ich würde dich nie mitnehmen, wenn ich wüsste, dass dir etwas passieren könnte oder du etwas sehen könntest, was nicht für deine Augen bestimmt ist.", versichere ich ihr und streiche ihr eine blonde Strähne hinter ihr Ohr.

"Außerdem musst du dir keine Sorgen machen. Solange ich dabei bin, wird dir keiner etwas antun. Die müssen erst an mir vorbei, comprende?" 

Es klingt wie ein Versprechen, doch ich gebe es ihr gerne.
Außerdem ist es die Wahrheit. Wer zu ihr will, muss erst an mir vorbei. Ich beschütze sie mit meinem Leben.

"Seit wann bist du so freundlich.", spottet sie.

Ich lege meinen Kopf überrascht nach links.
 Mein Blick liegt auf ihrem zarten Gesicht.

"Eine Sache noch.", will ich ihr eine letzte Frage stellen.
"Weiß oder rot?", will ich wissen, welche Farbe die Blumen haben sollen.

Verwirrt schaut sie mich an.
"Weiß.", gibt sie mir die Antwort, die Xavier mir auch schon gegeben hatte. 

"Warum?", wirft sie hinterher.

Ich schiebe sie aus dem Esszimmer.
"Ach, nur so.", winke ich ab. 

"Miguel, warum fra-"

"Amara. Warte ab.", unterbreche ich sie und hauche ihr einen Kuss auf die Wange. 

"Du sollst mich nicht küssen.", schubst sie mich leicht weg.
Ich greife nach ihrem Handgelenk, während wir den Flur entlang laufen.

"Und schau mich nicht immer so an.", redet sie weiter. 

"Wie schaue ich dich an?"
Ich lehne mich leicht nach Hinten, sodass sie ihr Tempo verringern muss. 

"Keine Ahnung.", will sie es mir nicht sagen.
"Als hättest du ständig ein Kopfkino.", lacht sie verlegen.

"Oh, du bist so gut im Gedankenlesen.", bringe ich sie in Verlegenheit. 

"Dios, Miguel."
Ihre Stimme ist hoch und sie haut mir gegen die Brust. 

"Du bist ekelig!", ruft sie lachend.

"Nein. Ich bin ein Mann.", stelle ich klar und öffne die Tür zu meinem Schlafzimmer.

"Darf ich denn heute nacht hier schlafen?", frage ich sie und lehne mich gegen die Wand.
Schmunzelnd legt sie ihre Uhr auf dem Nachttisch ab.

"Ausnahmsweise.", verdreht sie spielerisch die Augen. 

Dann beginne ich mein Hemd aufzuknöpfen.
Schnell dreht sie sich um.

Ich muss Lachen.

Mi amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt