Kapitel 71

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Miguel
02:07 Uhr

Es ist mitten in der Nacht, als ich die Suite betrete. 

Gänsehaut überkommt meinen Körper, als ich merke, dass Amaras Sachen verschwunden sind. Der Autoschlüssel liegt weder auf meinem Nachtschrank noch auf dem Sideboard. 

Ich wähle ihre Nummer und warte, dass sie abnimmt. Doch es tut sich nichts. Vermutlich sieht sie meinen Anruf aber lässt ihn einfach Klingeln, um nicht mit mir reden zu müssen. 

Wie in Trance laufe ich durch die Suite und fasse jeden Gegenstand an, den Amara auch berührt hat. 
Mit dem Daumen fahre ich über die weiße Decke in der ich gestern noch mit ihr geschlafen habe. 
Mein Blick fällt auf die silberne Kondomverpackung im Mülleimer.

Xavier hatte immer Recht. Sex ist so viel besser, wenn man die Person liebt, mit der man schläft. Bei Amara war es mir nie wichtig, ob ich auf meine Kosten komme. Das einzige was gezählt hat, war sie. 

Auch wenn es spät ist, rufe ich Xavier an. 

"Miguel, es ist mitten in der Nacht.", beschwert er sich mit rauer Stimme. 

"Du musst Amara und mein Auto finden.", überspringe ich die Begrüßung. 
Für Smalltalk habe ich wirklich keine Zeit. 

"Was hast du jetzt schon wieder gemacht?", erwidert er vorwurfsvoll. 

"Finde einfach Amara.", wiederhole ich meinen Auftrag und lege auf. 
Wieso sagt mir mein Gefühl, dass ich sie endgültig verloren habe? 
Warum denke ich, dass ich sie nie wieder in meine Arme schließen werde?

Vorsichtig knöpfe ich das Hemd auf und öffne den ersten Knopf meiner Anzughose, bevor ich mich auf den Balkon stelle und mir eine Zigarette anzünde. Es ist überraschend ruhig in der Nacht und es wundert mich, das selbst eine Großstadt wie Los Angeles irgendwann mal schläft. 

"Warum hast du das Treffen nicht einfach in eine andere Lokalität verschoben?", ärgere ich mich über mich selber. 

Hätte ich mich einfach in einem teuren Steak-Restaurant getroffen, dann hätte ich jetzt ein Problem weniger. 
Amara wird nicht verstehen, warum ich sie nicht mitgenommen haben und sie auch nicht dabei haben wollte. 

Niemand außer meiner Familie sollte von ihr und mir wissen, bis sie nicht meine Frau geworden ist. 
Eine Affäre oder eine Beziehung mit einer Frau, lässt mich zur Zielscheibe werden. Jeder wird sie anrühren und verletzen wollen, wenn sie nur eine Freundin ist, aber niemand wird sie anrühren oder verletzen wollen, wenn sie meine Frau ist und meinen Nachnamen trägt.

Aber das versteht sie nicht. 

Das hat sie noch nie verstanden. 

Ich bin so in Gedanken vertieft, dass ich fast nicht merke, dass meine Zigarette schon verglüht ist. 
Dann merke ich, dass ich völlig aufgeschmissen bin. 

Amara ist weg, ich habe kein Auto und selbst wenn, könnte ich sowieso nicht fahren, weil ich meine Ware schließlich kosten muss. 
Ich kann nicht irgendeinen Scheiß verkaufen, den ich vorher nicht selber probiert habe. Wie oft wollten mich Leute reinlegen und haben mir Mehl verkaufen wollen? 

Wenn sich rumspricht, dass ich meinen Stoff nicht probiere, dann habe ich bald nur noch Schwätzer an meinem Tisch sitzen.

Ich schaue rüber auf mein Handy, weil es zum hundertsten Mal vibriert. 

Was hast du wieder gemacht? 

Du Idiot.

Antworte!

Sofia lässt mich einfach nicht in Ruhe. 

Ich versuch es erneut bei Amara, doch diesmal klingelt es nicht mal mehr. Sie hat ihr Handy vermutlich ausgeschaltet oder ihr Akku ist leer, wobei ich eher auf ersteres tippe.

"Warum kannst du mir nicht ein einziges Mal zuhören, verdammt!", fluche ich vor mir hin, obwohl Amara mich nicht hören kann. 


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-ENDE-





Mi amorWhere stories live. Discover now