Kapitel 44

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Miguel

"Halb so wild,", hauche ich ihr entgegen.
Dann drehe ich sie an der Schulter um und halte den Duschkopf über ihre Haare.

"Okay.", erwidert sie schulterzuckend und schließt die Augen, während ich ihr Haar einseife. Der weiße Schaum bedeckt ihre hellen Haare schnell.
Sie hebt ihre rechte Hand um sich den Schaum aus dem Gesicht zu streichen.

"Hast du schon deine Schmerzmittel genommen?", spreche ich mit fester Stimme, um mich von ihrem nackten Körper abzulenken.

"Seit dem Krankenhaus nicht mehr.", erklärt sie erschöpft.

Ich führe meinen Daumen an ihre Unterlippe, um etwas Schaum zu entfernen. Die hellrosane Farbe bringt mich auf falsche Gedanken und ich weiß, dass ich ihre hilflose Situation nicht ausnutzen sollte.

"Es tut mir Leid.", flüstere ich kurz bevor sich die Lücke zwischen uns schließt. Ihre heißen Lippen bringen mich um den Verstand, während ich den Geschmack von Shampoo vermischt mit ihrem Geschmack in meinem Mund wahrnehme.

Als sie mich entgegen meiner Erwartung nicht wegdrückt, ziehe ich sie an ihrer Taille dicht an meinen Körper und streiche über ihren Hintern. Mein Hemd wird komplett nass, aber das ist egal.

Sie ist und bleibt meine Frau.

Niemand kann ihr das Wasser reichen.

Vorsichtig löse ich meine Hände von ihrem Körper und stütze mich neben ihrem Kopf an der Wand ab.
Sie schaut mich schweratmend an.
Ihre Lippen sind geschwollen, ihr Gesicht gerötet.

"Wir sollten deine Haare weiter waschen."
Ich hauche ihr einen Kuss auf den Scheitel, dann spüle ich das Vanille-Shampoo aus ihren Haaren.
Ihr Gesicht spiegelt sich im Glas der Scheibe. Sie hat ihre blauen Augen geschlossen und genießt meine Fingerspitzen in ihrem weichen Haar.

"Ich werde deinem Vater niemals etwas antun. Ich verspreche es dir.", durchbreche ich die Stille.

"Du hast mir schon oft was versprochen.", zuckt sie unbekümmert mit den Schultern.
Ich nehme das schwarze Handtuch und wickle ihre Haare darin ein.

"Ich weiß. Aber ich meine es ernst.", spreche ich mit fester Stimme und nehme das zweite Handtuch, um ihren zarten Körper darin einzuwickeln.

"Wenn das so ist."
Erschöpft verlässt sie die warme Dusche.
Ich schaue ihr nach.

Sie glaubt mir nicht.

Sie glaubt mir nicht.

Wieso glaubt sie mir nicht?

Ich knöpfe mein nasses Hemd auf und wringe es schnell aus, bevor ich es ins Waschbecken schmeiße und mir mein Handtuch nehme. Amara sitz währenddessen auf dem Badewannenrand und schaut mir zu, wie ich den Gürtel meiner Hose öffne und sie mir anschließend von den Hüften streife.

"Hilfst du mir noch das Pflaster zu wechseln?", lenkt sie vom Thema ab und zieht sich zuerst den blauen Slip und dann meine Jogginghose an.

Ich nicke und binde das Handtuch um meine Hüften, bevor ich aus dem Wandschrank Desinfektionsmittel und ein großes Wundpflaster herauskrame. Ich spüre ihren Blick auf meinem breiten Rücken und obwohl ich ihr gerne einen Spruch deswegen drücken möchte, verzichte ich aufgrund der jetzigen Situation darauf.

Das weiße Handtuch um ihren verdeckt nur das Nötigste, als ich mich wieder umdrehe. Ich merke ihr an, dass es ihr in gewisserweise unangenehm ist, so vor mir zu sitzen.

"Möchtest du dir erst etwas anziehen?", frage ich mich hochgezogenen Augenbrauen, während ich nebenbei meine Hände desinfiziere.
Sie zögert kurz, winkt dann jedoch ab und legt ihren Kopf leicht schief, sodass ich besser an ihren Hals komme.

"Du hast abgenommen, aber damit ist jetzt Schluss. Du wirst ab sofort vernünftig essen und lässt keine Mahlzeit mehr aus.", informiere ich sie und ziehe das große Pflaster von ihrem Hals.

Die Wunde ist gut genäht worden, trotzdem ist der Streifschuss relativ lang und ich bin mir sicher, dass eine große Narbe zurückbleiben wird. Die Haut um die Wunde ist leicht gerötet, aber nicht so, dass es eine Entzündung zu sein scheint.

"Ich esse genug.", protestiert Amara tatsächlich und schließt seufzend die Augen.

"Ich denke nicht.", beende ich das Gespräch indem ich das neue Pflaster auf die alte Stelle drücke und mich dann von ihr entferne.
Ihre Augen folgen einem einsamen Tropfen der gerade über meinen Bauch läuft und unter dem Handtuch an meiner Hüfte verschwindet.

Ohne noch etwas zu sagen, drückt sie sich von der Badewanne ab und geht ins Schlafzimmer. Ich atme laut aus und werfe den Müll in den kleinen Mülleimer neben der Toilette, dann folge ich ihr und werfe ich das frische Shirt und die Jogginghose zu, die ich bereits vor dem Duschen rausgelegt hatte.

Während ich mir eine frische Boxershorts, eine Jogginghose und einen schwarzen Pullover überziehe, beobachte ich sie, wie sie Schwierigkeiten hat sich anzuziehen.

Da sie nichts sagt oder mich um Hilfe bittet, ziehe ich eine Zigarette aus der Verpackung und stelle mich an die Balkontür.
Wenn ich diesen Bastard nicht kriege, dann wird Amara nie wieder rausgehen können. Nicht, dass es ein Problem für mich darstellt, aber das werde ich ihr nicht klar machen können. Sollte ich sie wirklich hier einsperren müssen, wird sie mir den Kopf abreißen.

"Du bleibst die nächste Tage im Haus, zumindest solange, bis ich dieses Schwein gefunden habe, das dir das angetan hat.", brumme ich und puste den grauen Rauch aus.

"Und du?", stellt sie mir eine Frage, die ich nicht verstehe.
Mit der Zigarette zwischen den Lippen drehe ich mich um und schaue sie fragend an.

"Rennst du solange draußen rum, bist du das Schwein gefunden hast? Oder bekomme ich dich in den nächsten Tagen auch nochmal zu Gesicht?", zickt sie mich an.

Ich muss Grinsen.
"Amara sag doch einfach, dass du deinen Ex in deiner Nähe haben willst."

"Quatsch, aber wenn man mich hier auf dem Balkon fast erschießen kann, dann wird es auch kein Problem sein mich im Haus zu erschießen.", erklärt sie mir.

"Dann bleibst du eben von den Fenstern fern, ganz einfach.", spreche ich bestimmend und klopfe die Asche von der Zigarette.

"Dann kann ich mich hier ja gar nicht mehr bewegen.", stellt sie fassungslos fest und verschränkt die Arme vor der Brust.

Nickend stimme ich ihr zu und bin gleichzeitig überrascht, dass sie meinen Standpunkt wirklich so schnell verstanden und akzeptiert hat.

"Miguel, ich werde nicht den ganzen Tag aufpassen, wo ich mich in diesem Haus aufhalte!", zischt sie und fasst sich kurz an den Hals.

"Und ich werde nicht mit dir diskutieren.", gebe ich frech von mir und drücke die Zigarette auf dem Steinboden aus.
Ein letztes Mal lasse ich meinen Blick über das Meer schweifen, bevor ich wieder ins Zimmer gehe und die Tür hinter mir zuziehe.

"Arschloch.", faucht sie.

"Wie bitte?", ziehe ich auffordernd die Augenbrauen hoch, damit sie ihre frechen Worte zurücknehmen kann.

"Nichts.", knurrt sie und lässt sich dann genervt auf das Bett fallen.

"Hoffe ich.", schiebe ich warnend hinterher und greife nach meinem Handy.
Ich kümmere mich um ihre Sicherheit und sie nennt mich ein Arschloch.

Mi amorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt